Sitzung vom 19. Juni 1912 die Aufnahme ohne weiteres erfolgen ſoll bei In⸗ fektionskranken, bei Schwerverletzten, bei Kranken, bei denen der Aufnahmearzt nach den vorange⸗ gangenen Daten, alſo nach der Anamneſe und nach dem gegenwärtigen Befund eine ſchwere Erkrankung erkennt, und dann ſoll auch ohne Weiteres die Auf⸗ nahme erfolgen bei einzelſtehenden Perſonen, die in Schlafſtellen, in Chambres garnies ſind, und in anderen näher feſtzuſetzenden Fällen. Dieſen Erwägungen lag ich ob, als ich zu meiner Freude in den Akten einen Vermerk gefunden habe, daß der Magiſtrat doch wohl zu ähnlichen Ent⸗ ſchlüſſen gekommen iſt. Denn er hat die Armen⸗ direttion beauftragt, das gegenwärtige Einziehungs⸗ verfahren bei den Kurkoſten zu prüfen und eventuell anderweite Vorſchläge zu machen und zweitens eine Zuſammenſtellung vorzulegen, welcher Prozentſatz der Kurkoſten vor dem Beſchluß, wonach kein Wahlrechts⸗ verluſt durch die Nichtbezahlung der Kurkoſten ein⸗ tritt, und nach demſelben eingezogen worden iſt. Ich möchte mir nun dieſe Beſchlüſſe des Ma⸗ giſtrats zu eigen machen und möchte weiter den Vor⸗ ſchlag machen, einen Ausſchuß von 11 Mitgliedern einzuſetzen, in dem dieſe Punkte, die der Magiſtrat angeregt hat, nun beraten werden, und ich möchte weiter bitten, daß in dieſem Ausſchuſſe auch noch ſtatiſtiſches Material unterbreitet wird, dus Aufſchluß darüber gibt, wie die einzelnen Poſitionen des Armen⸗ etats in den Kommunen Großberlins belaſtet ſind. Sie wiſſen ja wohl alle, daß hier in Charlottenburg bei den Bürgern eine gewiſſe Animoſität gegen die Armenverwaltung beſteht. Es wird der Armenver⸗ waltung vorgeworfen, daß in zu üppiger und generöſer Weiſe verfahren wird. Ich mache mir dieſe Vorwürfe nicht zu eigen; aber es iſt gut, wenn dies einmal vor⸗ gebracht wird, wenn dieſe Statiſtik dem Ausſchuß unterbreitet wird, ſo daß wir unſeren Mitbürgern dar⸗ über auch Aufſchluß geben können. Zum Schluß möchte ich nur noch darauf ein⸗ gehen, daß dem Mehrbedarf bei einzelnen Etats⸗ nummern ein Minderbedarf von rund 65 000 ℳ gegenüberſteht und bei anderen Etatsnummern eine Mehreinnahme von rund 31 000 ℳ. Das iſt ſo zu verſtehen, daß die Einnahme auf der einen Seite um 47 000 ℳ höher iſt, als ſie im Etat ausgeſetzt war, und dagegen um 16 000 ℳ auf der andern Seite niedriger; ſo kommen 31 000 ℳ zuſtande. Und die 65 000 ℳ Mehreinnahme ſetzt ſich aus verſchiedenen Punkten zuſammen. Ich will es mir auch verſagen, näher darauf einzugehen; es ſind zahlreiche kleinere Beträge. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, der Herr Referent hat aus ſeinem Privatberuf einige Bilder hier angewendet, die nach meiner Meinung nicht ver⸗ wendbar ſind, von denen man zum mindeſten ſagen muß: ſie treffen die Sache nicht. Er nennt die Vorlage eine Entfettungspille. Das iſt ein Irrtum. Wenigſtens — er darf mir das nicht übel nehmen wenn die Entfettungspillen, die er verſchreibt, ſo wenig wirkſam ſein ſollten, wie in dieſem Falle die Vorlage als Entfettung wirkt, ſo Jn das im Intereſſe ſeiner Patienten bedauerlich ein. (Heiterkeit.) Meine Herren, wir hätten keinesfalls, wenn dieſe Vorlage nicht gekommen wäre, einen um 150 000 ℳ 291 höheren Ueberſchuß. Denn die Vorlage führt das ja aus — die Ausgabe, die hier das Kapitel der Armendirektion leiſtet, iſt im Kapitel VI bei der Krankenhausverwaltung ja wieder als Einnahme enthalten. Alſo, wenn wir dieſe Ausgabe nicht ge⸗ habt hätten, hätten wir auch die Einnahme nicht ge⸗ habt. Mit anderen Worten: man nennt das einen durchlaufenden Poſten. Der Ueberſchuß wird da⸗ durch in keiner Weiſe beeinflußt. Von einer Ent⸗ fettung kann alſo unter dieſen Umſtänden nicht die Rede ſein. Dann hat der Herr Referent ein zweites Bild gebraucht. Die ſtarke Zunahme der Belegung des Krankenhauſes ſei offenbar ein Fehler in der Orga⸗ niſation, und wenn die Organe krank ſeien, dann ſei der ganze Körper krank, und das ſei doch ſehr bedauerlich. Meine Herren, ich glaube nicht, daß man die Zunahme der Belegung des Krankenhauſes, das heißt den Andrang von Patienten, vor allen Dingen von armenkranken Patienten, als einen Fehler der Organiſation bezeichnen muß, und infolgedeſſen ſtimmt nach meiner Meinung auch das weitere Bild nicht. Wir können natürlich die Belegung des Kran⸗ kenhauſes nicht nach unſerer Bequemlichkeit einrich⸗ ten, und wir können ſie nicht hinanhalten — das haben wir ja wiederholt hier bei den Vorlagen über Erweiterung des Krankenhauſes erörtert —, um eine Ausdehnung und Neubauten im Krankenhauſe zu vermeiden. Alſo darüber, daß wir keinen Einfluß haben auf den Zuſtrom der Bevölkerung ins Kranken⸗ haus, ja, daß wir in gewiſſem Sinne uns ſogar dar⸗ über freuen ſollen, wenn eine möglichſt ſtarke Inan⸗ ſpruchnahme ſtattfindet, im Intereſſe der allgemeinen Volkshugiene, darüber ſind wir wohl alle einig. Wir haben Zeiten gehabt, wo wir haben mit Vorurteilen gegen die Krankenhausbehandlung kämpfen müſſen; dieſe Zeiten ſind durch die Güte der Einrichtungen unſeres Krankenhauſes glücklicherweiſe überwunden. Ich glaube, das iſt ein ſehr wünſchenswerter Zu⸗ ſtand. Ich glaube auch nicht, daß es im Sinne des Herrn Referenten liegt, daß durch rigoroſe Auf⸗ nahmebedingungen etwa die Patienten von der Auf⸗ nahme zurückgeſchreckt werden ſollten. Die Bedin⸗ gungen übrigens, die wir hier einhalten, ſtimmen im weſentlichen mit denen in den Vorortgemeinden überein. Auch unſere Patienten müſſen, ſoweit ſie nicht auf einen Armenſchein eingeliefert werden, einen Vorſchuß zahlen. Auf die Details kann ich mich nicht einlaſſen, da der Herr Dezernent nicht hier iſt; in welcher Höhe, weiß ich nicht. Alſo die Zunahme der Krankenhausbelegung iſt an ſich kein Fehler der Organiſation. Wenn irgend⸗ wo eine Lücke beſteht, ſo könnte ſie nur in dem Zweifel gefunden werden, ob mit entſprechendem Nachdruck auch die Einziehung der Verpflegungskoſten von der Armendirektion betrieben wird, und inſo⸗ fern könnte man ja ſagen: würde ſtrenger einge⸗ zogen, ſo würden die Einnahmen der Armendirektion bei Kapitel v größer ſein, und es würde infolge⸗ deſſen von den 150 000 ℳ eine entſprechende Summe eingehen, demgemäß würden die Nachbewilligungen ſich auf 100 000 ℳD oder eine entſprechende Summe beſchränken. Der Herr Referent hat bereits mitgeteilt, daß der Magiſtrat die Armendirektion beauftragt hat, und zwar nach einer ſehr eindringlichen Debatte, dieſe Frage noch einmal gründlich zu prüfen, obgleich der Dezernent uns mitgeteilt hatte, daß die Vorlage in der Armendirektion eingehend und mit ſcharfer