294 tigen Baupläne erhalten und die Errichtung der Schule ſchleunigſt in die Wege geleitet wird. Stadtv. Rieſenberg: Meine Herren! Wenn es ſich nur um eine höhere Mädchenſchule handelte, dann würde ich die Bedenken, die ich gegen die Vorlage habe, zurückſtellen und würde ſagen: wir wollen ſie unbedingt annehmen und ein Millionenprojekt be⸗ willigen. Hier kommt aber nicht bloß ein Ein⸗ millionenprojekt, ſondern ein Zweimillionenprojekt in Frage, und hier handelt es ſich nicht allein um eine höhere Mädchenſchule — die würde ich überall be⸗ willigen, im Norden der Stadt, wo ſie notwendig iſt, auch am Kaiſerdamm, wo ſie uns fehlt, auch in der Sybelſtraße —, ſondern hier ſoll eine höhere Mädchen⸗ ſchule mit einer Studienanſtalt verbunden werden. Das iſt der Schwerpunkt der Vorlage, und meiner Ueverzeugung und der Ueberzeugung meiner Freunde nach iſt für das Bedürfnis nach einer Studienanſtalt für den Oſten Charlottenburgs bereits geſorgt. Wir brauchen im Oſten eine Studienanſtalt, wie ſie hier vvrichtet werden ſoll, nicht. In Altchurlottenburg, im Jentrum Charlottenburgs, fehlt uns eine derartige Jenſtalt. Ich muß hier leider in die Tonart ein⸗ ſtimmen, die in der letzten Sitzung meine Freunde Wanſchow und Zander anſchlugen, daß Altcharlotten⸗ öurg vernachläſſigt wird. Ich bin der Meinung, daß wir innerhalb 15 Jahren eine neue Studienanſtalt nicht mehr bekommen werden, undAltcharlottenburg iſt dann ſo lange ohne Studienanſtalt. Ich bin vielmehr der Meinung, daß im Ausſchuß die Frage geklärt wer⸗ den ſoll: ſoll dieſe höhere Mädchenſchule mit einer Studienanſtalt oder mit einer Frauenſchule verbunden werden? Dieſe Frage iſt bisher noch nicht endgültig entſchieden. Ich bin in dem Ausſchuß geweſen, der ſich mit der Sophie⸗Charlotte⸗Schule zu befaſſen hatte. Dieſe Vorlage hat der Magiſtrat zurückge⸗ zogen. Meine Herren, wenn Sie dieſe Vorlage und die Vorlage über die Sophie⸗Charlotte⸗Schule leſen, dann können Sie in die Verſuchung geraten, in die ich auch gekommen bin, zu glauben, Sie hätten die Druckſachen verwechſelt: die eine Vorlage ſieht der andern ſo ähnlich wie ein Ei dem andern, Satz um Satz, Abſchnitt um Abſchnitt, ſogar die Baukoſten ſind beinahe dieſelben. Weshalb hat ſie der Magiſtrat zurückgezogen? Nicht deshalb, weil er einſah, ſie habe bauliche Mängel — dieſe ſind ja von unſeren Freunden hervorgehoben worden —, ſondern er hat ſie zurückgezogen, weil er ſich ſagte: die Vorlage iſt zu koſtſpielig. So vermute ich; denn Gründe ſind uns dafür nicht angegeben worden. Dann komme ich auf den zweiten Punkt, wes⸗ wegen iſt Sie bitten möchte, die Vorlage an einem Ausſchuß zu verweiſen. Das iſt nämlich die Koſt⸗ ſpieligkeit und der Umfang der Vorlage. (Sehr richtig!) Die Vorlage, Mädchenſchule mit Studienanſtalt, iſt außerordentlich koſtſpielig; es ſollen beinahe 2 Millionen ausgegeben werden. Es ſoll ein Grund⸗ ſtück bebaut werden, das meines Erachtens noch Raum für andere ſtädtiſche Gebäude bietet. Ich kann mir z. B. ſehr gut denken, daß wir mit dieſer Anſtalt vielleicht eine ſtädtiſche Volksbücherei oder ein Standesamt oder ein anderes ſtädtiſches Gebäude ver⸗ binden können, um das teure Terrain auszunutzen. Wir haben hier eine Bewegungsfreiheit für unſere Schüler vorgeſehen — ich bin ſelber Lehrer und Sitzung vom 19. Juni 1912 könnte das nur wünſchen; ich glaube aber, wir haben hier eine Bewegungsfreiheit für die Schüler ge⸗ ſchaffen, wie wir ſie an anderen höheren Lehranſtalten. nicht haben. (Unruhe.) Der Teil, der unbebaut bleibt, iſt ganz erheblich größer, als es ſonſt der Fall iſt. Man macht ſich über den Wert eines Schulhofs zu viel Illuſionen. Ueber⸗ legen Sie ſich doch einmal, welchen Wert ein großer Schulhof hat! Eine einzige Stunde während des ganzen Tages kommt vielleicht in Frage, eine Pauſe. von 5, von 10, von 15 und noch mal von 10 und, 5 Minuten! (Unruhe.) Alſo nur etwa eine Stunde lang wird der Schulhof an einem Tage benutzt. Aus dieſem Grunde und noch aus einem andern, den ich anzuführen vergeſſen habe, nämlich dem, daß ich der Anſicht bin, eine Frauenſchule würde in der Sybelſtraße beſſer angebracht ſein, möchte ich Sie bitten, dieſe Vorlage einem Ausſchuß von 15 Mit⸗ gliedern zu überweiſen. Die Sybelſtraße eignet ſich, eher für eine Frauenſchule; dort wohnt Publikum, das die Töchter in eine derartige Schule wirklich ſchicken würde. Hier im Zentrum von Charlotten⸗ burg und in Weſtend wohnt ein Publikum, das die zweite Studienanſtalt füllen könnte. Wenn in der Ausſchußſitzung für die Sophie⸗Charlotte⸗Schule geſagt wurde, dieſe Studienanſtalt würde Michaelis⸗ zöten haben und die Studienanſtalt in der Nürn⸗ berger Straße habe Oſterzöten, ſo dürfte dieſer Ein⸗ wand nicht ſtichhaltig ſein. Das kann gleichgültig ſein, ob eine Schule mit Oſter⸗ oder Michaeliszöten vorhanden iſt. Jedenfalls möchte ich im Intereſſe von Altcharlottenburg und im Intereſſe der ganzen Vor⸗ lage bitten, ſie nicht ſo kurzerhand anzunehmen. Wenn die Sache ſo lange gedauert hat, kann ſie auch noch acht Tage länger dauern. Meine Herren, in acht Tagen wird die Gegend mit ihrem Schulbedürf⸗ nis nicht zugrunde gehen. Bitte, überweiſen Sie dieſe Millionenvorlage einem Ausſchuß von 15 Mit⸗ gliedern, was ich hiermit beantragen möchte. Berichterſtatter Stadtv. Lehmann (Schlußwort): Ich möchte nur darauf hinweiſen, daß mir die Anſicht des Herrn Kollegen Rieſenberg etwas komiſch vor⸗ kommt, wenn er einen größeren Schulhof für über⸗ flüſſig hält. Gerade Herr Kollege Rieſenberg müßte doch als Lehrer vor allen Dingen darauf ſehen, daß eine Schule einen einigermaßen großen und an⸗ ſtändigen Hof hat. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Er hält das für vollſtändig überflüſſig, weil der Hof von den Schülern nur 5, 10 oder 15 Minuten lang beſucht wird. Herr Kollege Rieſenberg, beantragen Sie doch, daß für zukünftige Schulen überhaupt keine 1 angelegt werden, dann ſind Sie konſe⸗ quen 7 (Die Verſammlung lehnt die Einſetzung eines Ausſchuſſes ab und beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Dem Bau eines Schulgebäudes für die höhere Mädchenſchule IV mit Studienanſtalt 3