Sitzung vom 19. Juni 1912 ſtimmungen zurückgegriffen, ſondern auf dieſe be⸗ ſondere Lage Rückſicht genommen hat; ich nehme an, daß in einzelnen Fälle ſo verfahren iſt. Unter dieſer Vorausſetzung kann ich mich durch die Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters befriedigt erklären. Bürgermeiſter Matting. Meine Herren! Der Fall, den Herr Stadtv. Stadthagen ſoeben erwähnt hat, ſcheint nur hypothetiſch zu ſein: es ſei möglich, daß ſolche unterhaltungsbedürftigen Kinder auch über 16 Jahre hinaus in Frage kommen. Auf Grund der Anfrage, die die Herren Ahrens und Genoſſen an den Magiſtrat gerichtet haben, iſt an ſämtliche Ver⸗ waltungsſtellen Auftrag gegeben worden, ſämtliche abgelehnten Anträge und die ſonſt von Arbeitern er⸗ hobenen Beſchwerden dem Magiſtrat mitzuteilen und auch die Gründe, aus denen dieſen Beſchwerden nicht nachgekommen iſt, zu erörtern. Ich muß feſt⸗ ſtellen, daß jedenfalls ein ſolcher Fall nicht zur Kenntnis des Magiſtrats gekommen iſt, und dar annehmen, daß ein ſolcher Fall nicht vorliegt. Im übrigen möchte ich nur mitteilen, daß in der liberalſten Weiſe in allen dieſen Fragen entſchieden worden iſt. Wir haben z. B., was den eigenen Haus⸗ halt betrifft, einem Manne die Teuerungszulage aus⸗ gezahlt, von dem die Frau weggegangen iſt, und der in Eheſcheidung mit der Frau liegt: er hat angegeben, er müſſe Alimente zahlen; ſchön — haben wir ge⸗ ſagt —, er hat einen eigenen Haushalt. Ein anderer hat keine eigene Frau, aber einen eigenen Haushalt und eine Wirtſchafterin, die er zu heiraten gedenkt; (Heiterkeit) 299 wir haben ihm aufgegeben, daß er bis zum 1. Juli den Nachweis zu führen hat, daß er ſie geheiratet hat, und er ſoll dann die Teuerungszulage bekommen. Alſo die Grenzfälle ſind immer im bejahenden Sinne ent⸗ ſchieden worden. Hier war der Fall einer Schreibmaſchinendame erwähnt worden — oder irgend einer Hilfsarbei⸗ terin —, die 5 Monate 11 Tage beſchäftigt geweſen iſt. Ob die Dame nun mit Rückſicht darauf, daß ſie einen eigenen Haushalt hat, ſonſt grundſätzlich be⸗ zugsberechtigt geweſen wäre, ſteht dahin; ich weiß es nicht, will es aber unterſtellen. Ja, meine Herren, wir können doch nicht die Unterbrechung vermeiden oder die Friſt für voll rechnen, bloß um den Ver⸗ dacht zu vermeiden, daß eine abſichtliche Maßregel der Verwaltung zum Zwecke einer Schädigung der betr. Arbeiterin vorliegt. Schließlich, wenn die Zeit von 6 Monaten feſtgelegt iſt, muß doch daran feſt⸗ gehalten werden; ſonſt kommen wir ins Uferloſe. Daß ein ſolcher Fall, wo nur wenige Wochen an der vor⸗ geſchriebenen Friſt fehlen, den Eindruck einer ge⸗ wiſſen Härte macht, iſt zu bedauern, aber unvermeid⸗ . wenn man überhaupt an Grundſätzen feſthalten will. Vertreter des Vorſtehers Stadtv. Otto: Damit iſt dieſer Punkt der Tagesordnung erledigt und die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung erſchöpft. Ich ſchließe die öffentliche Sitzung. (Schluß der Sitzung 10 Uhr 40 Minuten.)