304 Es käme nun zweitens in Frage, ob der hiſtoriſche Moment maßgebend für die Uebernahme einer Garantie durch die Stadt ſein könnte. Da gehe ich nicht ſo weit und meine Freunde gehen auch nicht ſo weit wie Herr Kolege Meosgau, die Berechtigung von Geldausgaben für die Feier eines derartigen hiſtoriſchen Moments anzuerkennen. Wenn auch Herr Kollege Stadthagen in der Vorausſetzung, daß bei meinen Freunden, die er ja doch als die Gegner der Monarchie hat anſprechen wollen, Geſchichtstenntniſſe vorhanden ſind, gemeint hat, daß dieſe danach anerkennen müßten, daß die Hohenzollern die Entwicklung der Mark gefördert und das Volk dadurch weitergebracht hätten, ſo möchte ich demgegenüber doch bemerten, daß auch die Hohenzollern jahrzehntelang die Entwicklung der Mark Brandenburg, Preußens und Deutſchlands nicht nur nicht gefördert, ſondern ihr oft genug hemmend im Wege geſtanden haben. Für uns kommt aber vor allen Dingen in Frage, daß es nicht zu den Aufgaben der Stadt ge⸗ hören kann, für ſolche Veranſtaltungen Geld aus⸗ zugeben. Ich würde mich freuen, wenn Herr Kollege Mosgau, der hier erklärte, im Namen eines großen Teils ſeiner Freunde geſprochen zu haben, der Gefolgſchaft ſeiner Freunde etwas ſicherer ſein würde als einer ſeiner Kollegen, der in der vorigen Sitzung bei einer anderen Gelegenheit auch betont hat, die Mehrheit ſeiner Freunde ſtände hinter ihm, und der trotzdem nachher bei der Abſtimmung allein geſtanden hat. 2 (Heiterkeit.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren! Zir nehmen dieſe ganze Angelegenheit auch nicht tragiſch. Ich möchte aber doch auf die Fragen des Herrn Stadtv. Mosgau einige Worte zur Antwort agen. (68 Daß ſich Charlottenburg überhaupt an dieſer Sache beteiligen will, daß ſich der Magiſtrat dazu veranlaßt geſehen hat, beruht darauf, daß wir eine Stadt der Mark Brandenburg ſind. Daß es ſich hier um ein hochbedeutſames, von allen Menſchen auf der Welt als ſolches anerkanntes Ereignis handelt, den Einzug der Hohenzollern vor 500 Jahren in die Mark Brandenburg, das hat auch der Herr Stadtverordnete erwähnt. Daß man einen ſolchen Moment feiert, das wird allen, die am Vaterlande hängen, ſelbſtverſtändlich ſein. Nun hält der Ausſchuß, der die Feier vorbereitet, ein Heimatsfeſt, wie er es nennt, für die Mark Brandenburg für beſonders geeignet. Den Vorſitz im Ausſchuß hat der Oberbürgermeiſter Koeltze, ich nehme an, daß es nicht eine Spandauer Sache, ſondern eine Brandenburger Sache iſt. Wir gehören aber nicht nur zur Mark Brandenburg, ſondern wir ſind auch die größte Stadt der Mark. Wir haben nicht nur die Ehre, die größten Steuern an die Provinz Brandenburg zu entrichten, ſondern im Provinzial⸗ landtag kommt auch die Stellung von Charlottenburg inſofern zum Ausdruck, als der Oberbürgermeiſter von Charlottenburg ſeit Jahren zum zweiten Vor⸗ ſitzenden des Provinziallandtags gewählt worden iſt, ſolange ich hier bin, und in Zukunft, wie ich an⸗ nehme, auch gewählt werden wird. Solche Dinge legen gewiſſe Verpflichtungen auf. Man kann ſich dem Verbande, dem man zugehört, doch nicht ent⸗ Sitzung vom 26. Juni 1912 ziehen. Wenn die Vorausſetzung richtig iſt, daß es eine brandenburgiſche Feier iſt, ein Heimatfeſt, wie die Herren ſagen, dann ſind wir die gegebenen Leute, die ſich daber auch irgendwie beteiligen müſſen. Andere Stadte urteilen ebenſo, wie wir Ihnen ja mitgeteilt haben; auch ſie haben ſich aus denſelben Erwägungen dem Antrage nicht verſchloſſen. Daß ſich Berlin daran nicht beteiligt, liegt, glaube ich, daran, daß Berlin den Tag der 500 jahrigen Wieder⸗ kehr des Einzugs der Hohenzollern ſeinerſeits noch beſonders feiern wird, und es wird ſich aus dieſem Grunde bei dieſer kleinen Veranſtaltung der Provinz Brandenburg nicht beteiligen. Vielleicht werden auch die Brandenburger noch irgend etwas Größeres als dieſes Feſtſpiel für die Feier vorſchlagen. Das wird abzuwarten ſein. Wie das Feſtſpiel ausfällt, wie der Dichter zu bewerten iſt, das entzieht ſich meiner Kenntnis. Der Magiſtrat hat ſich wohl auch darauf verlaſſen, daß der Feſtausſchuß das genügend geprüft haben wird, und hat infolgedeſſen die 500 ℳ beantragt. Ich bitte Sie, die Sache nicht tragiſch zu behandeln. Nehmen Sie die Vorlage an! Wenn Sie es nicht tun, müſſen wir damit auch zufrieden ſein. Was die Beteiligung der Städte an Angelegen⸗ heiten betrifft, die nicht ganz direkt das kommunale Leben angehen, ſo iſt da eine Grenze ſehr ſchwer zu ziehen. Es iſt ganz klar, daß unſere Verhältniſſe ganz anders geworden ſind als damals, als die Städteordnung emaniert wurde. Wir ſtehen heute nicht nur mitten im Deutſchen Reich, wir ſtehen auch, möchte ich ſagen, mitten in der Welt. Die Be⸗ ziehungen der Städte ſind ungeheuer erweitert worden; denn die Städte ſind Organe des Staates, und woran der Staat und das Volk beteiligt ſind, das geht doch unmittelbar ſowohl die wirtſchaftlichen wie die ideellen Intereſſen der Städte an. Wenn wir z. B. die Roſeggerſtiftung unterſtützt haben, um das Deutſchtum in den öſterreichiſchen Landen zu heben, ſo iſt das zweifellos nicht eine Sache, die unmittelbar unſere Intereſſen berührt; aber es iſt ſehr wohl eine Sache, die alle denkenden Männer in der Stadt Charlortenburg ganz nahe angeht: die Hebung des Deutſchtums im Auslande. Je mehr der deutſche Name gehoben wird, deſto beſſer geht es unſerer Induſtrie, deſto beſſer geht es unſeren Arbeitern. Es ſind unmittelbare Beziehungen, die die große Welt zu unſerm Kreiſe hat, und es iſt gerechtfertigt, wenn wir dieſe Beziehungen betonen. Sehen Sie ſich die Liſte der Vereine an, die wir nach dem Etat unterſtützen: Sie werden eine große Anzahl ſolcher Vereine finden, die mit Ihrer Geneh⸗ migung von uns unterſtützt werden, obgleich ſie nicht Intereſſen vertreten, die uns unmittelbar zu⸗ gute kommen, ſondern die nur mittelbar uns zugute kommen. So iſt es auch hier. Wir ſind ein Glied der Provinz Brandenburg, wir hängen mit ihr zu⸗ ſammen; es ſind Imponderabilien, die ſich nicht direkt deutlich und klar ausſprechen laſſen, die aber doch vorhanden ſind, die uns als Organ dieſer großen Verwaltung intereſſieren. Gewiß kann es im ein⸗ zelnen Falle zweifelhaft ſein: iſt das noch eine Sache, zu der wir Geld aus ſtädtiſchen Mitteln zur Verfügung zu ſtellen berechtigt ſind, oder iſt das nicht der Fall? Das gebe ich ohne weiteres zu. Die Grenzen ſind nicht überall klar und ſichtbar zu er⸗ kennen. Es wird Sache des einzelnen ſein, ob er ſich im gegebenen Falle noch dafür erklären will oder nicht. Beſtimmte Grundſätze können wir nicht an⸗