324 Sitzung vom 4. ſcheinen, wenn man ſich aus den Zirkularen des Ver⸗ bandes davon überzeugt, daß ſeinem Präſidium und Vorſtand Namen wie Henkel von Donnersmarck ange⸗ hören, außer verſchiedenen Prinzen und Königlichen Hoheiten weiter die reichſten Herzöge und Fürſten in Preußen ſowie eine ganze Anzahl von Perſönlich⸗ keiten aus dem Hochadel und dem Bürgerſtand, die allgemein als Millionäre und Multimillionäre be⸗ bekannt ſind. (Hört, hört!) Bei dieſer Sachlage erſcheint mir die Ausgabe auch von 500 %ℳ unangebracht und ungerechtfertigt. Ich bitte Sie deshalb, die Vorlage abzulehnen. (Bravo!) Stadtv. Dr Liepmann: Meine Herren! Auch meine Fraktion ſchließt ſich dem Ablehnungsantrage an. Im großen und ganzen ſind für uns die Spar⸗ ſamkeitsgründe maßgebend, die eben der Herr Redner der liberalen Fraktion angeführt hat. Jedoch glaube ich nicht, daß ſo geringe Chancen für eine vermehrte Aufzucht von Halbblutpferden in Deutſchland vor⸗ handen ſind, wie der Herr Vorredner meint, und daß ſeine geäußerten Bedenken über die Zweckmäßigkeit einer Steigerung der inländiſchen Produktion durch⸗ ſchlagend ſind. Auch hier ſollte der Schutz der nationalen Arbeit für uns mitſprechen. Ganz be⸗ ſonders aber möchte ich der Meinung entgegentreten, daß für unſer Votum die Gründe maßgebend ſind, die der Herr Redner der ſozialdemokratiſchen Fraktion ausgeführt hat. Meine Herren, die hart arbeitende ländliche Bevölkerung hat ebenſowohl das Recht auf Berückſichtigung ſeitens des Staates wie die ſtädtiſche und die großſtädtiſche, und wir können es nicht für richtig und zuläſſig halten, wenn in ſolchen Ausdrücken, wie es geſchehen iſt, von Leuten geredet iſt, die ſich der ſchwierigen Aufgabe widmen, uns mit den notwendigen Naturalien zu verſehen. Ich hielt es für meine Pflicht, dies zu erklären, damit man in der Oeffentlichkeit nicht glaubt, daß das faſt einſtimmig ablehnende Votum der Verſammlung irgendwie auf eine Beurteilung der ländlichen Be⸗ völkerung und ihrer Bedürfniſſe zurückzuführen iſt, wie ſie der Redner der ſozialdemokratiſchen Fraktion hier auszuſprechen beliebt hat. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren! Ich habe bei dem Beſchluß des Magiſtrats nicht mitge⸗ wirkt und kann infolgedeſſen nur diejenigen Geſichts⸗ punkte geltend machen, die mir für die Magiſtrats⸗ vorlage zu ſprechen ſcheinen. Auch der zuſtändige Dezernent des Magiſtrats iſt leider im Augenblick nicht anweſend. Meine Herren, ich will mich nicht auf eine Er⸗ örterung mit Herrn Stadtv. Dr Flatau darüber einlaſſen, ob die Aufzucht des Halbbluts für die deutſche Landwirtſchaft von beſonderem Vorteil iſt oder nicht. Ich glaube, diejenigen Herren, die an der Spitze der Bewegung ſtehen, werden das ent⸗ ſchieden beſſer beurteilen können als wir. Jedenfalls aber haben wir, ganz abgeſehen von dem ganz all⸗ gemeinen nationalen Standpunkt, den Herr Stadtv. Ur Liepmann eben betont hat, auch in der Großſtadt doch ſicherlich gemeinſam mit den ländlichen Be⸗ völkerungskreiſen das Intereſſe an der Aufzucht eines guten Pferdematerials. 4 (Sehr richtig!) September 1912 Wenn auch in zunehmendem Maße das Auto den Pferdebeſtand der Großſtädte herabmindert, ſo bleibt doch immerhin ein ganz außerordentlich ſtarkes Intereſſe auch für die großſtädtiſche Bevölkerung an der Aufzucht eines geſunden kräftigen widerſtands⸗ und leiſtungsfähigen Pferdematerials beſtehen. Und wenn man annehmen darf — ich glaube, das ohne weiteres vertreten zu dürfen —, daß das Deutſche Halbblut und deſſen Aufzucht für die großſtädtiſche Bevölkerung ſowohl wie für die landwirtſchaftliche von Wert iſt, ſo liegt für uns ſchon darin eine Ver⸗ anlaſſung, dieſe Beſtrebungen zu unterſtützen. Es kommt aber noch ein näherliegender Grund hinzu: das iſt der einer gewiſſen Repräſentation, die der Herr Stadtv. Dr Flatau vermißt. Meine Herren, wenn dieſer allgemeine Grund nicht maßgebend und ausſchlaggebend iſt, ſo beſteht doch die Tatſache, daß dieſe Veranſtaltung auf der Grunewaldrennbahn, alſo in unſerer allernächſten Nähe und gewiſſermaßen auch unter unſeren Auſpizien ſtattfindet. Wir haben bei vielen anderen Gelegenheiten — denken Sie an Obſtausſtellungen, Federviehausſtellungen oder Ausſtellungen ähnlicher Art — abgeſehen von dem all⸗ gemeinen nationalen Intereſſe ein unmittelbares In⸗ tereſſe unſerer Stadt anerkannt, wenn eine ſolche Veranſtaltung in den Mauern unſerer Stadt ſtatt⸗ fand. Nun bietet unſere Stadt in ihren Mauern ja keine Gelegenheit zu einer derartig ſportlichen Veranſtaltung; aber die Grunewaldrennbahn iſt etwas, was wir nach den Ausführungen des Herrn Stadtv. Dr. Flatau immerhin, ſagen wir einmal, als mit unſerer Verwaltung verknüpft anſehen dürfen. Aus dieſen beiden Geſichtspunkten begründet ſich jedenfalls die Vorlage des Magiſtrats, und ich möchte ſie deshalb nicht unverteidigt in dieſem Saale laſſen. Daß ich den Ausführungen des Herrn Stadtv. Stulz nicht zuſtimmen kann, das möchte ich hier natürlich noch ganz beſonders betonen. (Die Verſammlung lehnt den Antrag des Ma⸗ giſtrats ab.) Vorſteher Kaufmann: Wir gehen dann zu Punkt 5 der Tagesordnung über: Vorlage betr. Beſtellung ſtändiger Stellvertreter des Vorſitzenden des Verſicherungsamtes. — Druck⸗ ſache 229. (Die Verſammlung erhebt gegen die Beſtellung 1. des Stadtrats Boll, 2. des Magiſtratsrats Dr Landsberger, 3. des Magiſtratsaſſeſſors Wimmel als ſtändige Stellvertreter des Vorſitzenden des Verſicherungsamtes keine Einwendung.) Punkt 6 der Tagesordnung: Vorlage betr. Feſtſetzung von Fluchtlinien der Jo⸗ achimsthaler Straße zwiſchen Hardenbergſtraße und Kurfürſtenallee, ſowie Umgemeindung einer Straßen⸗ landfläche. Druckſache 230. Berichterſtatter Stadtv. Harniſch: Herren! Sie wiſſen, daß die Joachimsthaler Straße nach der Seite des Zoologiſchen Gartens verbreitert worden iſt. Die Straße macht einen verhältnismäßig breiteren Eindruck, als ſie in Wirklichkeit iſt; das kommt daher, daß der am Bahnhof liegende Teil der Straße ſpäter nicht mehr Straße bleiben wird, Meine