Sitzung vom 4. Stadtv. Dr Stadthagen. Meine Herren! Herr Stadtſyndikus Maier hat, glaube ich, meinen Frak⸗ tionsfreund Panſchow in vielen Beziehungen miß⸗ verſtanden. Herr Kollege Panſchow hat nament⸗ lich darauf hinweiſen wollen, daß in den beteiligten Kreiſen der Einwohnerſchaft in dieſem Falle eine große Erregung zu Tage getreten iſt, und wir wiſſen ja alle, daß gerade bei der Frage der Verbreiterung der Bismarckſtraße und der Einziehung der An⸗ liegerbeiträge die beteiligten Intereſſenten ſich wirklich, mag es zu Recht oder zu Unrecht ſein, ſtark benachteiligt fühlen. 8 2 Wenn Herr Stadtſyndikus Maier meinte, der Hinweis des Herrn Kollegen Panſchow auf das Oberverwaltungsgericht wäre nicht zutreffend, ſo glaube ich, daß auch da Herr Kollege Panſchow miß⸗ verſtanden worden iſt. Herr Kollege Panſchow hat nur feſtſtellen wollen, daß aus dem Tenor der Ent⸗ ſcheidung des Oberverwaltungsgerichts leicht heraus⸗ geleſen werden kann und auch von manchen inter⸗ eſſierten Kreiſen herausgeleſen worden iſt, daß das Oberverwaltungsgericht, wenn es materiell hätte entſcheiden können, leicht anders entſchieden hätte. Das iſt, meine Herren, eine Tatſache, die Sie ohne weiteres aus den Petitionen, die auf dem Tiſch des Hauſes liegen, beſtätigt finden werden. In den Pe⸗ titionen iſt dieſer Gedanke beſonders zum Ausdruck gekommen. Ob das richtig iſt, ob das Oberver⸗ waltungsgericht tatſächlich anders entſchieden haben würde, kann ja das Oberverwaltungsgericht ſelber nicht wiſſen; aber es klingt doch ſo leiſe durch die Zeilen hindurch. Meine Freunde ſind aber voll⸗ kommen mit dem Gedanken dieſer Vorlage des Magiſtrats einverſtanden, in dieſem Falle weiter Milde walten zu laſſen und dem Magiſtrat eine Ermächtigung zu geben, über die frühere Vorlage hinaus, alſo über die zwei Jahre hinaus eine weitere Stundung in denjenigen Fällen zu gewähren, wo ſie angebracht iſt. Was nun den Abänderungsantrag des Herrn Kollegen Panſchow anbetrifft, ſo haben wir allerdings geglaubt, daß gerade die Grundeigentumsdeputation, die die Grundſtücksverhältniſſe ſo außerordentlich gut kennt, vielleicht beſſer kennt, als die Mitglieder der Tiefbaudeputation, hier recht wohl die geeignete Stelle wäre, um gehört zu werden. Meine Herren, wir haben in vielen Fällen Beſchlüſſe dahin gefaßt — und es ſind auch Magiſtratsvorſchläge nach dieſer Richtung hin gemacht worden —, außer der zu⸗ ſtändigen Deputation eine andere zu hören. Aber ich gebe zu, daß man darüber verſchiedener Anſicht ſein kann; meine Freunde haben zunächſt gedacht, eine beſondere Deputation vorſchlagen zu ſollen. Alle dieſe Fragen können aber in dem Ausſchuß erörtert werden, und wir ſind mit dem Antrage des Herrn Berichterſtatters, den wir ſonſt auch eingebracht hätten, durchaus einverſtanden, daß wir in einem Ausſchuß von 11 Mitgliedern dieſe Frage eingehend beſprechen. Stadtv. Bergmann: Meine Herren! Es iſt eine unbeſtrittene Tatſache, daß die Bismarckſtraße nicht die Entwicklung genommen hat, die man zu der Zeit, als die Straße verbreitert wurde, voraus⸗ geſetzt hat. Insbeſondere iſt das auf der Nordſeite der Fall, alſo auf der Seite, auf der das neue Deutſche Opernhaus gelegen iſt. Die meiſten An⸗ lieger befinden ſich dort in einer geradezu prekären Lage. Es iſt möglich, daß bei dem einen oder andern September 1912 329 der Wert des Grund und Bodens und des Grund⸗ ſtücks geſtiegen iſt; aber im großen und ganzen können die Beſitzer der Häuſer von dem ſogenannten imaginären Vorteil jetzt keinen Gebrauch machen. Bei der augenblicklichen Lage der Hausbeſitzer wird es den meiſten Herren nicht möglich ſein, die Grund⸗ ſtücke zu verkaufen oder ſelbſt zu bebauen, und nur dann, wenn das eintritt, kann von einem pekuniären Vorteil die Rede ſein. Dann iſt aler die Schwierigkeit bei den Grund⸗ beſitzern um deswillen ſo bedeutend, weil nur der eine oder andere einen Vorteil hat, ſie aber alle gleichmäßig von den Laſten, die ihnen jetzt auferlegt werden müſſen, betroffen werden. Deshalb iſt es um ſo dankbarer zu begrüßen, daß jetzt der Ma⸗ giſtrat dieſe Vorlage an uns hat gelangen laſſen. Ich hoffe, daß, unbeſchadet der Beſchlüſſe des Aus⸗ ſchuſſes, der vielleicht eingeſetzt wird, der Magiſtrat gegenüber den Anliegern von ſeinem Rechte nur den allergeringſten Gebrauch machen wird, d. h. nur ſoweit es unumgänglich nötig iſt, und im übrigen die größtmöglichſte Milde walten laſſen wird. (Bravo!) Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Es iſt außerordentlich ſchwer, gegen die Einſetzung eines Ausſchuſſes zu ſprechen, wenn er von einer Seite des Hauſes gewünſcht wird. Aber ich hätte doch zum mindeſten erwartet, daß uns die Herren noch ein kſein wenig darüber geſagt hätten, was denn eigentlich ver Ausſchuß beraten ſoll, und was ſie ſich von einer Ausſchußberatung verſprechen. Der Magiſtrat er⸗ kennt an, daß es einige der Anlieger nicht gerade leicht haben, die Anliegerbeiträge ſofort zu bezahlen, und daß ſelbſt die Stundung, die bis zu zwei Jahren gewährt werden kann, in manchen Fällen eine große Härte bedeutet. Deswegen bittet der Magiſtrat in ſeiner Vorlage darum, daß er die Ermächtigung er⸗ hält, dieſe Friſt noch weiter auszudehnen. Ja, meine Kerren, was ſoll einer ſolchen Sachlage, wenn Sie alſo entſchloſſen ſind, dem Magiſtrat eine ſolche Er⸗ mi. htigung zu erteilen, dann noch eigentlich der Aus⸗ ſchuß beraten und aus der Vorlage machen? Soll der Ausſchuß die Vorlage vielleicht in der Form um⸗ geſtalten, daß er ſagen ſoll: der Magiſtrat muß in jedem Falle, in dem ein Antrag vorliegt, die Stun⸗ dung über die zwei Jahre hinaus gewähren? Ich glaube, meine Herren, das wird keiner von Ihnen verlangen. Herr Kollege Panſchow will die Vorlage noch inſofern etwas abändern, als der Magiſtrat vor ſeiner Entſcheidung an die Anhörung einer Deputation ge⸗ bunden ſein ſoll. Nun, meine Herren, der Ver⸗ treter des Magiſtrats hat erklärt, daß er gegen die Anhörung einer Deputation nichts Beſonderes ein⸗ zuwenden baben würde. Der Magiſtrat iſt ja aber auch jederzeit in der Lage, vor ſeiner Beſchlußfaſſung eine ſachverſtändige Deputation über die Angelegen⸗ heit zu hören. Daß er in jedem einzelnen Falle eine Deputation hören muß das würde mir als eine un⸗ notige Erſchwerung des Geſchäftsganges, als eine un⸗ notige Verſchleppung der Entſcheidung in ſolchen Fällen erſcheinen, in denen der Magiſtrat eine ſolche Alnhörung nicht erſt für notwendig erachtet. Iſt er dann doch an die Anhörung gebunden, ſo ſinkt dieſe Anhörung zu einer bloßen Form herab, die die Ent⸗ ſcheidung hinauszögert, ohne etwas Materielles an der Entſcheidung ſelbſt zu ändern.