Sitzung vom 2. Oktober 1912 direktion ſo untolerant wäre, ſich dieſem berechtigten Wunſche zweier bedeutender Stadtteile ſowie auch anderer weiter Kreiſe des Publikums entgegenzu⸗ ſtellen. Stadtſyndikus Dr Maier: Meine Herren! Der Stadtv. Wilk hat zwei verſchiedene Fragen mitein⸗ ander verbunden, ohne ſie in ſachgemäßer Weiſe aus⸗ einander zu halten. Auf der einen Seite handelt es ſich um die Frage des Neubaues des Bahnhofs Char⸗ lottenburg, auf der andern Seite um die Frage der Durchlegung der Kaiſer⸗Friedrich⸗Straße. Was die letzte Frage betrifft, ſo möchte ich darauf hinweiſen, daß der Magiſtrat bei der letzten Anleihe den Antrag geſtellt hat, einen entſprechenden Betrag in die Anleihe aufzunehmen, um die Durch⸗ legung der Kaiſer⸗Friedrich⸗Straße ſicherzuſtellen. Die Stadtverordnetenverſammlung hat dieſen Antrag des Magiſtrats damals abgelehnt. Was den Umbau des Bahnhofs Charlottenburg betrifft, ſo haben wir unter eingehender Begründung dem Herrn Miniſter der öffentlichen Arbeiten mit⸗ geteilt, welche Veranlaſſung wir haben, den Umbau des Bahnhofs zu verlangen. Wir haben auf die koloſſale Verkehrsentwicklung am Bahnhof Char⸗ lottenburg hingewieſen, insbeſondere darauf, daß ge⸗ rade der Stadt⸗ und Vorortverkehr auf dem Bahnhof Charlottenburg gegenwärtig der ſtärkſte auf ſämt⸗ lichen Berliner Bahnhöfen iſt. Nach der Zahl der Fahrten auf der Stadt⸗ und Ringbahn, ſowie auf der Vorortbahn iſt zurzeit der Bahnhof Charlotten⸗ burg ſogar dem Bahnhof Friedrichſtraße überlegen. (Hört! hört!) Trotz alledem hat der Herr Miniſter erklärt, daß die vorhandenen Bahneinrichtungen, alſo die Gleisanlage und die Bahnſteige, dem beſtehenden Verkehrs⸗ bedürfnis in jeder Hinſicht genügten und daß es ſich lediglich darum handeln könnte, Anſtände gegen die äußere Beſchaffenheit des Bahnhofsgebäudes zu er⸗ heben, daß das aber keine Veranlaſſung geben könne, den Umbau des Bahnhofs im jetzigen Zeitpunkt in Erwägung zu ziehen. Er hat infolgedeſſen unſere Petition abgelehnt. Es wird Ihnen auch nicht un⸗ bekannt geblieben ſein, daß vorher bereits ein Immediatgeſuch der Anlieger an die allerhöchſte Stelle gerichtet worden war, das von dem Herrn Miniſter, an den es zur Entſcheidung abgegeben iſt, gleichfalls ablehnend beſchieden iſt. Das iſt der Stand der Dinge, meine Herren; etwas Weiteres habe ich im Moment nicht mitzu⸗ teilen. Stadtv. Bollmann: Meine Herren! Es iſt hier ſchon wiederholt feſtgeſtellt worden, daß die Schaffung einer neuen rai ne eine drin⸗ gende Notwendigkeit iſt, ſogar eine Lebensfrage für die Stadtteile dort. Nun hat in der Bürgerſchaft eine ewiſſe Beunruhigung Platz gegriffen, da man die ab⸗ lehnende Antwort des Miniſters der öffentlichen Arbeiten bezüglich des Bahnhofsumbaues auf die beiden Durchführungen bezieht. Ich möchte doch den Magiſtrat bitten, ſich eingehend heute darüber zu äußern, wann vorausſichtlich mit den Arbeiten der Durchführung der Windſcheidſtraße begonnen werden kann oder werden wird. Der Herr Ober⸗ hürgermeiſter hat heute ſchon auf die Schnelligkeit 361 hingewieſen, mit der das Opernhaus gebaut worden iſt. Ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß ebenſo ſchnell wie das Opernhaus auch die Durchführung gebaut wird. Denn es iſt dies eine Lebensfrage für die weitere Entwicklung der beiden dortigen Stadtteile. Stadtbaurat Bredtſchneider: Die Windſcheid⸗ ſtraße können wir unter dem Bahnkörper erſt durch⸗ führen, nachdem die Eiſenbahndirektion ihre Zu⸗ ſtimmung dazu gegeben hat. Wir haben für die Durchführung der Windſcheidſtraße Projekte aufge⸗ ſtellt und ſie bereits im Mai oder Juni vorigen Jahres der Eiſenbahndirektion zur Genehmigung vorgelegt. Dieſe hat ſich im Prinzip damit einver⸗ ſtanden erklärt, hat aber zur Ergänzung unſerer Vor⸗ ſchläge noch einige Details verlangt. Bei der Vor⸗ legung dieſer Details erklärte der hinzugezogene Be⸗ triebsinſpektor, die Gleiſe würden derartig häufig befahren, daß ſo, wie wir den Einbau des Bauwerks beabſichtigt hätten, die Bauarbeiten nicht durchzu⸗ führen ſeien; es müſſe daher ein anderer Entwurf aufgeſtellt werden. Dieſer andere Entwurf iſt, wie der Herr Berichterſtatter bereits geſagt hat, unter Hinzuziehung des zuſtändigen Lokalbaubeamten der Eiſenbahndirektion aufgeſtellt worden. Er berückſich⸗ tigt ganz genau die Zugfolge auf den einzelnen Gleiſen und ſieht die Möglichkeit vor, die Brücke unter den Gleiſen ſo auszuführen, daß der Betrieb auf den Gleiſen überhaupt nicht geſtört wird. Dieſer Entwurf iſt fertig geſtellt und vor einigen Wochen der Eiſenbahndirektion zur endgültigen Genehmigung vorgelegt worden. Sobald die Genehmigung der Eiſenbahndirektion — wie ich hoffe, anſtandslos — erfolgt ſein wird, wird mit der Bauausführung be⸗ gonnen, und ich hoffe, daß ſie dann in einem ſchnellen Tempo zu Ende geführt werden kann. Da wir aber bei der Ausführung wieder von der Eiſenbahndirek⸗ tion inſofern abhängig ſind, als ſie ja die Gleiſe ſelbſt während des Baues ſtützen muß, ſo können wir nicht eigenmächtig, ſondern nur Hand in Hand mit den Mitarbeitern der Eiſenbahndirektion vorgehen. Nach den Erfahrungen, die wir aber bisher in dem perſönlichen Zuſammenwirken mit den Organen der Eiſenbahndirektion gemacht haben, ſteht zu erwarten, daß die Organe der Eiſenbahndirektion uns bei der Ausführung dieſes Werkes gut zur Seite ſtehen wer⸗ den, ſo daß wir nach Möglichkeit den Bau werden beſchleunigen können. Immerhin mache ich darauf aufmerkſam, daß es ein ſehr ſchwieriger Bau ſein wird; ſo ſchnell, wie man ſich das vielleicht denken mag, wird er nicht zu Ende geführt werden können. Der techniſche Dezernent der Eiſenbahndirektion, der derartige Bauausführungen wiederholt durchgemacht hat, ſprach ſeine Anſicht dahin aus, daß ſehr wohl ein bis zwei Jahre über den Bau vergehen könnten. Stadtv. Wilk: Meine Herren! Ich habe in meinen Ausführungen angeregt, der Magiſtrat möchte bei der Königl. Eiſenbahndirektion auch deswegen vorſtellig werden, daß der jetzt beſtehende Durchgang freigegeben wird; der Herr Magiſtratsvertreter iſt aber auf meine Anregung gar nicht eingegangen. Es wäre aber vielleicht ganz gut, wenn hier heute ſchon mitgeteilt werden könnte, ob der Magiſtrat gewillt iſt, dieſer Anregung Folge zu geben, damit die Königl. Eiſenbahndirektion dieſen Durchgang jetzt frei giht und ihre Bahnſteigſperre verlegt. — Sie haben nicht zugehört, Herr Baurat, wie es ſcheint.