Sitzung vom 2. Oktober 1912 daß er weder früher ein Recht auf Anſtellung gehabt, noch jetzt ein ſolches auf Wiedereinſtellung hat; er hat ſich, wie das ſolche Leute tun, in ſeinen Ein⸗ gaben leviglich etwas unjuriſtiſch, verwaltungstech⸗ niſch nicht richtig ausgedrückt. Das kann man aber dem Mann nicht ülel nehmen, es kann vor allen Dingen kein Grund ſein, um über ſeine künftige Tätigteit zu entſcheiden. Vei dieſer Sachlage machen Ihnen meine Freunde den Vorſchlag, über den Antrag des Aus⸗ ſchuſſes hinauszugehen und die Uleberweiſung der Petition an den Magiſtrat zur Berückſichti⸗ gung zu empfehlen. Stadtv. Zander: Meine Herren! Ich kann mich dem Antrage meines Herrn Vorreoners nur voll und ganz anſchließen. In der Vorlage des Ma⸗ giſtrats heißt es zum Schluß, daß Hentſchel ſeine Mechtslage durchaus verkenne. Meiner Ueberzeugung nach hätte das in den Bericht des Magiſtrats nicht hineingehört. Wie kann man von einem Arbeiter — denn das iſt der Mann doch — verlangen, daß er eine Rechtslage richtig beurteilt; dazu muß man doch zum mindeſten Juriſt ſein. Man ſagt zwar, daß man Juriſt ſein müſſe, um mit Recht Unrecht zu tun. Da der Mann nicht Juriſt iſt, müßte er alſo Recht getan haben. In dieſem Falle aber mußte man es damit entſchuldigen, daß Hentſchel nicht zu den ſogenannten gebildeten und aufaeklärten Ständen, auch nicht zu dem Stande der Juriſten gehört und er deshalb wohl in ſeinem Antrage, den er an den Magiſtrat gerichtet hat, in Kleinigkeiten fehlen konnte. Meine Herren, auch mir hat ſich dieſer Herr Hentſchel vorgeſtellt. Er macht den allerbeſten Ein⸗ druck. Es iſt ein durchaus beſcheidener und höflicher Menſch, der alles das tun würde, was ſeine Vor⸗ geſetzten von ihm verlangen. Wenn dieſer Mann nun, als er einmal von einem Vorgeſetzten mit zu einer Horde Strolche gerechnet wurde, deswegen ſeinerzeit eine Petition an den Magiſtrat als ſeiner vorgeſetzten Behörde mit unterſchrieben hat, ſo iſt es ihm doch nicht zu verdenken, daß er auch als Menſch und nicht als Gegenſtand betrachtet werden möchte. Meiner Ueberzeugung nach hat der Magiſtrat, der ja einzig und allein über die Anſtellung zu ver⸗ fügen hat, die moraliſche Verpflichtung, einen Fehler, den er gemacht hat — und er hat einen Fehler ge⸗ macht —, wieder gut zu machen und für die An⸗ ſtellung des Hentſchel zu ſorgen. (Bravol) Stadtv. Wilk: Meine Herren! Es ſcheint ja in der Angelegenheit des Feuerwehrmanns Hentſchel eine allgemeine angenehme Uebereinſtimmung hier im Hauſe zu herrſchen. Auch meine Freunde ſind der Anſicht, daß dem Feuerwehrmann Hentſchel durchaus Unrecht geſchehen iſt. Der Hergang iſt folgender. 2 In irgend einer Inſtruktionsſtunde — ich habe das auch nur vom Hörenſagen — ſollen Worte ge⸗ fallen ſein, die ſehr ſcharfer Natur waren. Gegen dieſe Ausdrücke, wie ſie hier eben ſchon von meinem Herrn Vorredner angeführt worden ſind — ich werde auch gleich den Namen des betreffenden Vorgeſetzten nennen, der dieſe Worte gebraucht hat: es ſoll ſi um den Brandmeiſter Lebbe handeln —, haben ſich ch einmal den ganzen Sachverhalt klar gemacht. 365 die geſamten Feuerwehrleute in einer Petition an den Magiſtrat gewandt, und zwar durchaus mit Recht. In den Akten — und das hat Herr Kollege Bollmann hier ſchon nachgewieſen — wird dem Feuerwehrmann Hentſchel ausdrücklich das denkbar beſte Leumundszeugnis ausgeſtellt. Ich bin auch in der Lage, über den Feuerwehrmann Hentſchel ein Zeugnis ſeines jetzigen Arbeitgebers, und zwar der Firma Siemens und Halske, Attiengeſellſchaft, hier vorzulegen. Die Leute beſcheinigen darin, daß ſie mit ſeiner Führung und ſeinen Leiſtungen bis heute ſtets zufrieden waren. Alſo der Mann gibt nicht den geringſten Anlaß zu irgend welchem Tadel, und ich glaube nicht, daß es gerechtfertigt iſt, ihn, wenn er der Meinung iſt, daß ihm Unrecht geſchehen ſei, vollſtändig auf den Index zu ſetzen. Wir erſuchen darum den Magiſtrat, daß er ſeinen Beſchluß umſtößt und den Mann, wenn es auch nicht möglich iſt, ihn bei der Feuerwehr zu be⸗ ſchäftigen, ooch mindeſtens wieder mit ſeinen alten Rechten bei einer anderen Verwaltung einſtellt. Stadtrat Meyer: Ich habe als Magiſtrats⸗ vertreter abſichtlich gewartet, bis alle dieſe Dinge hier vorgebracht wurden, um dann zu antworten. Als vor Jahresfriſt die Petition des Hentſchel kam, habe ich als Magiſtratsvertreter in ausführ⸗ lichſter Weiſe im Petitionsausſchuß wie auch hier in der geheimen Sitzung, und zwar ziemlich eine Stunde lang, den ganzen Sachverhalt richtiggeſtellt, weil auch damals ſchon von dem Stadtverordneten Bollmann die ganze Angelegenheit in eine andere Richtung ge⸗ führt wurde, wohin ſie nicht gehört. Meine Herren, ich habe Ihnen damals geſagt, daß dem Feuerwehr⸗ mann Hentſchel nicht wegen ſeines dienſtlichen, ſon⸗ dern wegen ſeines außerdienſtlichen Verhaltens vom Magiſtrat gekündigt worden iſt. Ich erwähne noch einmal kurz den Sachverhalt, da er Ihnen vielleicht nicht mehr ſo bekannt iſt. (Unruhe.) Die Frau des Hentſchel iſt zu uns gekommen und hat ſich u. a. beklagt, daß ihr Mann ſie roh behandelt habe, ihr nichts zum Leben gebe und ſich mit einer anderen herumtreibe. Auch hat die Frau einen Brief an uns geſchrieben und darin gebeten, wir ſollten ihren Mann anhalten, daß er nicht ſo gewöhnlich wäre; er habe ſie mit Füßen getreten, als ſie ihn gebeten habe, ihr Geld für ihre Kinder zu geben. Darauf hat Herr Branddirektor Bahrdt Hentſchels Entlaſſung beantragt, indem er erklärte, er habe die Erfahrung gemacht, daß Leute, die der⸗ artige Zerwürfniſſe in ihrer Familie hätten, bei der ganzen militäriſchen Diſziplin nicht gut in die Feuer⸗ wehr hineinpaßten. Dieſe Erfahrung habe ſich auch bei Hentſchel bereits inſofern beſtätigt, als er einen rechthaberiſchen und unzufriedenen Charakter gezeigt habe, der es ihm ſchwer mache, ſich in den Geiſt der Feuerwehr, der auf Diſziplin beruhe, einzuleben. Möglicherweiſe beeinfluſſe das eheliche erwürfnis ihn in ſeinem Weſen. Er bitte alſo, den Hentſchel zu entlaſſen, um aus dem Feuerwehrkorps Elemente fernzuhalten, die ihm infolge ihrer perſönlichen Ver⸗ hältniſſe nachteilig werden könnten. Ich habe da⸗ mals zwei Tage und zwei Nächte vorübergehen laſſen, mir die Sache überſchlafen und mir dann 20 ch überlegte mir, ob die allgemeinen Bedenken gegen die