370 Dezernent und der obere Vorgeſetzte des Hentſchel hier eine ganz widerſpruchsvolle Stellung eingenom⸗ men haben. (Zuruf des Stadtrats Meyer.) — Herr Dezernent, ich wollte nicht aus den Akten reden, da aber ſchon ſo viel darüber geſprochen iſt, ſo will ich nur darauf hinweiſen, daß ſich aus den Akten auch ergibt, daß der Herr Dezernent nicht immer dieſe unabänderliche Stellung in bezug auf die Nichtwiedereinſtellung des Hentſchel eingenom⸗ men hat, wie er ſie heute vertrat. So ſagt der Herr Stadtrat Meyer, alſo Sie ſelbſt, in einem Schreiben, er habe die Sache der Entlaſſung reiflich geprüft und könne dieſelbe nicht zurücknehmen; wenn aber der Borgeſetzte des Hentſchel damit ein⸗ verſtanden ſei, daß Hentſchel wieder eingeſtellt wird, dann ſei er — der Herr Stadtrat Meyer — auch damit ein verſtanden! (Hört! hört! — Stadtrat Meyer: Das iſt doch ſehr richtig!) — Gewiß, das iſt ſehr richtig in Ihrem Verhalten gegen den Branddirektor! Es deckt ſich aber nicht mit dem, was Sie heute geſagt haben, daß Sie aus ſich heraus der Wiedereinſtellung Hentſchels ſich widerfetzt haben würden. Sie haben es von der Entſcheidung der Ihnen nachgeordneten Stellen ab⸗ hangig gemacht, ob Sie Hentſchel wieder einſtellen werden oder nicht. Und heute wird von Ihnen und von dem Herrn Oberbürgermeiſter erklärt: Hentſchel wird unter keinen Umſtänden eingeſtellt werden, die Autorität des Magiſtrats geſtatte es nicht, während die Wiedereinſtellung des Hentſchel und eine vermut⸗ liche Verletzung der Magiſtratsautorität doch von einer Subalternſtelle abgehangen hat. Das ſcheint mir zu beweiſen, daß die Autorität des Magiſtrats in dieſem Falle gar nicht ſo ſehr verletzt werden konnte. Es iſt dann auch bei der Begründung der Nicht⸗ wiedereinſtellung Hentſchels angeführt worden, Hentſchel habe wieder Arbeit gefunden. Das kann den Magiſtrat an ſich gar nicht kümmern. Hentſchel will ja ſeine beſſer bezahlte Stellung aufgeben und wieder in ſtädtiſche Dienſte treten. Da hat der Ma⸗ giſtrat nicht zu prüfen und ſich meiner Auffaſſung nach nicht darauf zu ſtützen, ob H. in ſeiner jetzigen Stellung beſſer bezahlt iſt, ſondern er hat nur die Rechts⸗ und Billigkeitsfrage zu beurteilen. Und beides — Recht und Billigkeit — ſprechen für Hentſchel. Wir können ja dem Magiſtrat keine bindenden Vorſchriften in dieſer Angelegenheit machen, wir können ihm aber wohl Vorhaltungen machen und ſein Vorgehen kritiſteren; dazu haben wir in der Stadt⸗ verordnetenverſammlung das Recht. Und zu dieſen Vorhaltungen gehört, daß es meiner Meinung nach eine vollkommen verkehrte Begründung iſt, wenn der Magiſtrat die Wiedereinſtellung des Hentſchel damit ablehnt, daß er ſagt: Hentſchel verkenne durchaus ſeine Riechtslage. Ich meine, dadurch, daß jemand ſeine Rechtsauffaſſung anders geſtaltet hat als der Magiſtrat die ſeine, iſt er noch nicht unqualifiziert, im Dienſte der Stadt tätig zu ſein. Das ſollte auch der Magiſtrat berückſichtigen. Sitzung vom 2. Oktober 1912 Wir können ſelbſtverſtändlich den Magiſtrat nicht zwingen, Hentſchel wieder einzuſtellen; denn uns binden die Beſtimmungen der Städteordnung. Aber der Magiſtrat ſollte ſich nicht hinter den Vor⸗ wand zurückziehen, daß ſeine Autorität darunter leiden könne, daß die Diſziplin des Feuerwehrkorps damit durchbrochen würde, wenn der Magiſtrat einen Irrtum eingeſteht. Meiner Auffaſſung nach hat der Magiſtrat in dieſer Sache einen Fehler gemacht, und er müßte eine ſehr ſchwache Autorität gegenüber den ihm Untergebenen haben, wenn er glaubt, die ganze Autorität gehe in die Brüche, wenn er den gemachten Fehler wieder gut macht. Solche Dinge paſſieren überall. Ich glaube im Gegenteil, daß die Auto⸗ rität und das Anſehen des Magiſtrats nur gewinnen können, wenn man überall — auch bei den unteren Dienſtverpflichteten der Stadt — ſieht, daß Gerech⸗ tigkeit und Rechtlichkeit im Magiſtrat vorherrſchen. Für Hentſchel handelt es ſich nicht allein um eine Exiſtenz, ſondern auch um eine Rechtsfrage; er will rchabilitiert ſein. Ich ſehe alles in allem keinen Grund, warum ſich der Magiſtrat auf ſeinen Fehler noch weiter verſteift, und bitte Sie, ihm die Petition zur Berückſichtigung zu überweiſen. (Bravo!) (Ein Antrag des Stadtv. Meyer auf Schluß der Beratung wird angenommen.) 4 Stadtv. D. Stadthagen (perſönliche Bemer⸗ kung): Meine Herren! Herr Stadtrat Meyer hat am Anfange ſeiner Ausführungen geſagt, er würde die Angelegenheit nur nach den Akten vortragen, wie er das auch früher getan hätte, während die Herren die Sache damals nach einer anderen Richtung hätten führen wollen. — Vorſteher Kaufmann: Das iſt nicht perſönlich! Stadtv. Dr Stadthagen: Ich muß annehmen, daß ich unter den anderen Herren, die nach der An⸗ ſicht des Herrn Stadtrats die Angelegenheit damals und auch heute nach einer anderen Richtung ſollten führen wollen, auch wohl mitgemeint war. — Ich muß es hier auf das entſchiedenſte ablehnen, daß mir Herr Stadtrat Meyer vorwirft, ich hätte die Ange⸗ legenheit nach einer anderen Richtung, als wie ſie aktenmäßig feſtſteht, führen wollen. Ich habe mich ebenſo wie er lediglich nach dem Aktenbefund ge⸗ richtet. Ich habe das ſogar heute ſoweit getan, daß ich mich, wie der Herr Stadtrat wohl gehört hat, allein auf den aktenmäßigen Entlaſſungsgrund be⸗ ſchränkt habe. In einer perſönlichen Bemerkung möchte ich weiter meinem Bedauern Ausdruck geben, daß ich durch den Schlüß der Debatte nicht dazu gekommen bin, hier nochmals die grundſätzliche Bedeu⸗ tung der Frage zu erörtern. Stadtrat Meyer: Es hat mir ſelbſtverſtändlich ganz fern gelegen, Herrn Stadtverordneten Dr Stadt⸗ hagen auch nur irgendwie zu verletzen; ich habe nur darauf hingewieſen, daß Herr Stadwerordneter Boll⸗ mann Vorgänge hier vorbringt, die mit der Kündi⸗ gung des Hentſchel nicht im Zuſammenhang ſtehen. Da ich nun einmal das Wort habe (große Unruhe)