Sitzung vom 2 — ich will ganz kurz ſein —, ſo will ich nur noch ſagen: Soweit meine Entſcheidung und Stellung⸗ nahme gegenüber Hentſchel in Betracht kommt, ſo habe ich nach wie vor die pflichtmäßige Ueberzeu⸗ gung, richtig und im Intereſſe des mir anvertrauten Dienſtes gehandelt zu haben. Vorſteher Kaufmann: Durch die Rede des Herrn Magiſtratsvertreters iſt die Debatte wieder eröffnet. Herr Kollege Meyer hat aber den Schluß wieder be⸗ untragt. 2 (Der Schlußantrag wird angenommen.) Wir kommen zur Abſtimmung. Der Petitions⸗ ausſchuß empfiehlt Ihnen, dieſe Petition dem Ma⸗ giſtrat als Material zu überweiſen. Herr Kollege Bollmann und andere Herren haben beantragt, ſie dem Magiſtrat zur Berückſichtigung zu überweiſen. Der letztere iſt der weitgehendere Antrag; ich werde über ihn daher zuerſt abſtimmen laſſen. — Die Herren Beiſitzer wünſchen, daß die Herren ihre Plätze ein⸗ nehmen. Diejenigen, die für Berückſichtigung ſtimmen wollen, bitte ich, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Das iſt die Majorität. (Zurufe: Die große Mehrheit!) VIII. Petition des Grundbeſitzer⸗ vereins Neu⸗Weſtend betr. Vor⸗ ſhhule an der Herderſchule. Berichterſtatter Stadtv. Stulz: Meine Herren! Die Petition erſucht um die Errichtung einer Vor⸗ ſchule an der Herderſchule. In der Begründung wiro ausgeführt, daß der Stadt keine weiteren Un⸗ zoſten durch die Errichtung dieſer Vorſchule entſtehen würden. Dieſe Petition hat zu einer längeren Diskuſſton Anlaß gegeben. Von ihren Gegnern wurde folgendes geltend gemacht. Es wurde geſagt: die Autoritäten auf pädagogiſchem Gebiete ſtimmen darüber überein, daß die Vorſchule aus erzieheriſchen und ſozialen Gründen zu verwerfen iſt. Die Stadtverwaltung hat fernerhin ſchon im Jahre 1906 einen prinzipiellen Beſchluß dahin gefaßt, in Zukunft keine Vorſchulen mehr in Charlottenburg zu errichten. Nun verlangen die Petenten, daß von dieſem prinzipiellen Stand⸗ punkt abgewichen werde; aber die Begründung, die ſie dafür angeben, iſt nicht zureichend. Sie ſagen, daß der Zuzug beſſer ſituierter Schichten der Be⸗ völkerung darunter leide, daß hier in Charlottenburg nicht genügend Vorſchulen vorhanden ſeien. Nun zeigt aber eine Betrachtung der Statiſtik, daß der Prozentſatz der höher beſteuerten Zenſiten nicht nur nicht abgenommen, ſondern zugenommen hat. Die Befürworter der Petition dagegen ſagten, ſie könnten ſich dieſe prinzipiellen Anſichten über die Vorſchule nicht zu eigen machen und aus dem Grunde träten ſie für die Petition ein. Ein anderer Teil der Befürworter meinte, ſie ſeien wohl grundſätzlich für die allgemeine Volksſchule, alſo gegen die Vorſchule, aber in dieſem 71 Falle müßten ſie die Gründe, die die Petenten angäben, als ſtichhaltig anſehen. 2 Oktober 1912 371 So wurde denn gegen den Antrag des Bericht⸗ erſtatters auf Uebergang zur Tagesordnung vom usſchuß beſchloſſen, Ihnen zu empfehlen, die Pe⸗ tition dem Magiſtrat zur Berückſichtigung zu über⸗ weiſen. Ich behalte mir vor, nachher in der Dis⸗ kuſſion meine perſönliche Anſicht darüber zu äußern. Sradtv. Mosgau: Meine Herren! Im Namen eincs großen Teiles meiner Freunde bitte ich Sie, dem Antrage des Petitionsausſchuſſes auf Ueber⸗ weiſung zur Berückſichtigung zuſtimmen zu wollen. Es kann nun leicht geſchehen, daß aus dieſer unſerer Haltung der Schluß gezogen wird, daß ſich die grund⸗ ſatzliche Stellung der liberalen Fraktion in der Vor⸗ ſchulfrage geändert hat. Am 26. März 1906 hat Herr Kollege Hirſch bei der Etatsberatung beantragt, den Magiſtrat zu er⸗ ſuchen, bei Gründung höherer Lehranſtalten Vor⸗ ſchulen nicht mehr einzurichten. Unter denjenigen, die dem Antrag zugeſtimmt haben, ſind zweifellos auch die Mitglieder der liberalen Fraktion ſtark ver⸗ treten geweſen. Im November 1907 hat der Re⸗ ferent für die Errichtung einer Oberrealſchule, unſer Kollege Profeſſor Schwarz, auf jenen Beſchluß Bezug genommen und ſeiner Genugtuung Ausdruck gegeben, daß j;ene Anregung vom Magiſtrat befolgt worden ſei. Im März 1910 iſt bei der Etatsberatung eben⸗ falls von dem Referenten für das höhere Schulweſen, unſerem Kollegen Schwarz, der Antrag eingebracht worden Magiſtrat wird erſucht, zu erwägen, ob und in⸗ wieweit die durchgeführten Maßnahmen betr. Hebung der Volksſchulen nunmehr die Auf⸗ hebung auch der zurzeit beſtehenden Vorſchulen an den höheren Lehranſtalten geſtatten. Meine Herren, auch dieſem Antrag haben meine Freunoc in ihrer großen Mehrheit zugeſtimmt. Wenn nun heute ein Teil meiner Freunde eine Anſicht hat, die praktiſch im Gegenſatz zu dieſem Grundſätzen zu ſtehen ſcheint, ſo liegt die Annahme nahe, daß ſich unſere grundſätzliche Anſicht in der Be⸗ wertung der Vorſchulen an den höheren Lehranſtalten geändert hat. Ich möchte gleich bei dieſer Gelegen⸗ heit erklären, da ß das nicht der Fall iſt. Nach wie vor hält die liberale Frak⸗ tion die Volksſchule, die ausgebaute, zur hüchſten Entwicklung gebrachte vVolksſchule für dasgeeignetſte Bildungsmittel aller Kinder desſelben Volkes. Aber, meine Herren, es hat bei dieſer Frage nicht allein der grundſätzliche politiſche Standpunkt mitzu⸗ ſprechen, ſondern es müſſen auch die Rückſichten ge⸗ nommen werden, die in bezug auf die Entwicklung der Stadt und hier für dieſen ſpeziellen Fall in Be⸗ tracht kommen. Bedenken Sie zunächſt eins. Alle jene Maßregeln, durch die man die Vorſchule ein⸗ ſchränken wollte, gingen doch von dem einen Haupt⸗ gedanken aus, daß man die höheren Schulen den be⸗ fähigten Gemeindeſchulkindern möglichſt leicht zu⸗ gänglich machen wollte. Es ſollte verhindert werden, daß gefüllte Vorſchulen die höheren Schulen für die aus den Volksſchulen kommenden befähigten Knaben ſchloſſen. Meine Herren, den Grundſatz, daß befähigte Ge⸗ meindeſchulkinder der höheren Bildung zugeführt werden können, halten meine Freunde nach wie vor für einen erſtrebenswerten, und ſie ſind der Anſicht, daß alles geſchehen muß, um das zu erreichen. Aber iſt es denn nötig, wenn man hier poſitiv für einige