Sitzung vom 30. Oktober 1912 Als der Scheck auf wiederholte Präſen⸗ tation von der Commerz⸗ und Disconto⸗Bank nicht eingelöſt wurde, erſchien der Vertreter des beurlaubten Rendanten beim Kämmerer und ſtellte durch Rückfrage beim Kämmerer feſt, daß dieſer über den Sachverhalt durch Bartels vollſtändig falſch orientiert war. — Ich möchte hier einſchalten, weil ich Gewicht darauf lege, daß die Herren dieſe etwas verzwickte Geſchichte richtig verſtehen: der Rendant hatte dem Kämmerer den Sachverhalt ſo dargeſtellt, als ob es ſich um einen Scheck zur Deckung eines anteiligen Kaufpreiſes handele; er hatte alſo gänzlich ver⸗ ſchwiegen, daß er die 37 000 ℳ bereits aus der Kaſſe bar entnommen und zur Erſtattung dieſer Summe den Scheck der Kaſſe übergeben hatte. — Ich fahre in der Mitteilung weiter fort: Eine ſofortige Reviſion der Kaſſe ergab, daß außer den 37 000 ℳ ein Fehlbetrag nicht vor⸗ handen war. Alle anderen Angaben in der Preſſe über Unregelmäßigkeiten insbeſondere in der Depoſitalverwaltung, die ſich über eine längere Zeit erſtrecken ſollen, ſind unrichtig. Die Depoſitalverwaltung wird von der Kaſſen⸗ verwaltung getrennt geführt. Der Stadt⸗ hauptkaſſenrendant hat mit der Depoſitalver⸗ waltung nur in Vertretung eines anderen Beamten zu tun. — Ich betone das ausdrücklich, um den Mann, deſſen Ehre erheblich angegriffen worden iſt, vor Ihnen und vor der ganzen Oeffentlichkeit frei zu ſtellen. (Bravo!) Ich habe nun meinerſeits noch hinzuzufügen, daß ich nach § 54 des Disziplinargeſetzes dem Haupt⸗ rendanten Bartels und dem Kaſſierer Sachtleben die Ausübung ihrer Amtsverrichtungen unterſagt habe, nachdem ich ſie bereits am Sonnabend, als ich von der fraglichen Sache zuerſt hörte, zunächſt beurlaubt hatte. Ich habe ferner an ihre Stelle be⸗ rufen: an Stelle des Stadthauptkaſſenrendanten Bartels den Sparkaſſenrendanten Müller, der nun alſo als Vertreter des Rendanten die Stadthaupt⸗ kaſſe führt, und als Kaſſierer an Stelle des Kaſſierers Sachtleben den Kaſſierer Huhn aus der Sparkaſſe, einen eingearbeiteten und zuverläſſigen Kaſſierer. Ueber die Einleitung des Disziplinarver⸗ fahrens hat nach den Vorſchriften des Geſetzes der Regierungspräſident zu entſcheiden. Dieſe Ent⸗ ſcheidung kann er erſt auf einen Bericht hin treffen, den wir an ihn über dieſe Angelegenheit erſtatten. Dieſer Bericht wird ohne Zögern an ihn abgehen, ſobald die Ermittelungen abgeſchloſſen ſind, was bis heute noch nicht der Fall iſt. Von der Entſcheidung des Regierungspräſidenten hängt es auch ab, ob die beiden Beamten Bartels und Sachtleben von ihrem Amte ſuspendiert werden oder nicht; mir ſteht die Entſcheidung darüber nicht zu. Ich habe nur das tun können, was mir der § 54 des Disziplinargeſetzes in die Hand gibt, nämlich ihnen die Ausübung der Amtsverrichtungen zu unterſagen. Ich möchte Ihnen ferner mitteilen, daß eine weitgehende Reviſion der übrigen Kaſſen der ſtädtiſchen Depoſitalverwaltung ſtattgefunden hat. Die Depofitalverwaltung iſt von heute früh an den ganzen Tag über unter Zuziehung der deſignierten Stadtverordneten von dem Kämmerer revidiert 381 worden. Die Reviſion iſt noch nicht abgeſchloſſen, weil ſie zu umfangreich iſt; ſie wird morgen fort⸗ geſetzt. Aber die Ergebniſſe der bisherigen Revi⸗ ſionen haben keinerlei Unſtimmigkeiten ergeben; was bisher revidiert iſt, iſt alles in Ordnung be⸗ funden worden. Es ſind ferner revidiert die Kaſſe der Werke, die Gaskaſſe, die Kaſſe der Elektrizitätswerke, es iſt das Einziehungsamt und weiter 8 Zahlſtellen revi⸗ diert worden. Nirgends ſind Anſtände gefunden worden, alle Kaſſen ſind in Ordnung. Ich möchte noch hinzufügen, daß der Rendant Bartels die 37 000 ℳ bisher nicht gedeckt hat, ob⸗ gleich er es verſprochen hat; aber er hat das einzige Vermögensobjekt, das er hatte, verpfändet, und zwar einen Hypothekenbrief über den Betrag von 40 000 ℳ, der für ihn als Gläubiger ausgeſtellt iſt. Ob dieſer Hypothekenbrief etwas wert iſt und wieviel er wert iſt, kann ich Ihnen heute noch nicht ſagen; das werden erſt die weiteren Ermittelungen ergeben. Das, meine Herren, iſt der Tatbeſtand, wie er uns nach den bisherigen Ermittelungen heute vor⸗ liegt. Weiteres vermag ich Ihnen über den Stand der Dinge vorläufig nicht zu ſagen. Stadtv. Otto (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren! Im Auftrage ſämtlicher Fraktionen habe ich folgende Erklärung abzugeben: Die Stadtverordnetenverſammlung hatte die Abſicht, wegen der Vorgänge in der Stadt⸗ hauptkaſſe eine Interpellation einzubringen; nach den Ausführungen des Herrn Oberbür⸗ germeiſters ſieht ſie davon ab. Sie erwartet aber, daß ihr über den Fall weitere ausführ⸗ liche Mitteilungen zugehen, und behält ſich vor, nach Eingang dieſer Mitteilungen einen Aus⸗ ſchuß einzuſetzen, der zu prüfen hat, welche Vor⸗ kehrungen für die Zukunft zur Vermeidung derartiger Vorkommniſſe zu treffen ſind. (Bewegung.) Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Ich möchte mir an den Herrn Oberbürgermeiſter noch eine Anfrage erlauben. Der Herr Oberbürgermeiſter hat die Angaben des Berliner Lokalanzeigers als un⸗ richtig hingeſtellt; er iſt aber nicht auf die Mitteilung verſchiedener anderer Tagesblätter eingegangen, daß die Stadt Charlottenburg den Kreiskriegerverein durch namhafte Geldbeiträge wiederholt unterſtützt habe und daß Beziehungen zwiſchen dem Kreiskrieger⸗ verein und der Stadt beſtanden haben ſollen. Mir iſt nichts davon bekannt; ich glaube aber, daß es im Intereſſe der Allgemeinheit liegt, wenn uns der Herr Oberbürgermeiſter auch über dieſe angebliche Tatſache näheren Aufſchluß erteilt. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Ich kann er⸗ klären, daß wir, wie Sie wiſſen, mit dem Kreis⸗ kriegerverband lediglich einmal einen Vertrag über den Verkauf eines Grundſtückes abgeſchloſſen haben, nichts anderes. Irgend welche Unterſtützungen ſind meines Wiſſens an den Kreiskriegerverband nicht ge⸗ zahlt worden. Vorſteher Kaufmann: Damit verlaſſen wir dieſen Gegenſtand. Der Herr Oberbürgermeiſter wird jetzt den Vorſitz übernehmen, um die gemeinſchaftliche