388 nicht noch andere Maßnahmen von den Kommunen in die Wege zu leiten ſind. Ich komme da auf einige Anregungen zurück, die in der Deputation gemacht worden ſind. Dort hat man ausgeführt, man möchte mit aller Macht darauf hinwirken, daß gefrorene Hammel eingeführt werden, ferner daß in der ſtädti⸗ ſchen Fiſchhalle auch Heringe an die minder bemitelte Bevölkerung abgegeben werden. Ich ſtelle keine An⸗ träge in dieſer Beziehung, bin aber der Meinung, daß wir in Anbetracht der Schwierigkeiten, die ſich vielleicht entwickeln könnten, ruhig dieſe Anregun⸗ gen im Auge behalten. Nun zu den Fragen, die ich zu ſtellen gedenke. Uns iſt nicht bekannt, welche Verträge die Schlächter mit dem Magiſtrat abgeſchloſſen haben. Meine Freunde ſind begierig zu erfahren, welchen Verdienſt die Schlächtermeiſter dafür haben, daß ſie das Fleiſch an das Publikum verkaufen. Weiter möchten wir wiſſen, in wieweit Garantien dafür gegeben ſind, daß die Schlächter nicht die Möglichkeit haben, minder⸗ wertiges hieſiges Fleiſch unterzuſchieben und als ruſſiſches für den vom Magiſtrat feſtgeſetzten Preis zu verkaufen. Ich will keinen Schlächtermeiſter be⸗ leidigen, aber was ſich in Berlin abgeſpielt hat, gibt uns gewiſſermaßen Anlaß, die Frage aufzurollen, ob auch alle möglichen Garantien geboten ſind, daß die Schlächter nicht, wie angedeutet, verfahren können. Meine Herren, das iſt das, was ich zu der An⸗ gelegenheit zu ſagen habe. Ich erkläre nochmals, daß meine Freunde für die Annahme der Vorlage ſtimmen. Stadtv. Neumann: Meine Herren! In Ueber⸗ einſtimmung mit meinen Freunden bin ich geneigt, die Vorlage zu bewilligen. Auch wir ſind dafür, daß dem Magiſtrat 100 000 ℳ zur Verfügung geſtellt werden. Ich habe mich bisher der Hoffnung hinge⸗ geben, daß es immerhin nur 100 000 ℳ ſein werden, die wir dem Magiſtrat effektiv zur Verfügung ſtellen und daß ſie uns vielleicht zur Verfügung wieder zu⸗ rückgeſtellt werden können. Nach den Ausführungen des Herrn Berichterſtatters bin ich aber zu der An⸗ ſicht gekommen, daß übermäßig viel von dieſer Summe nicht mehr zurückerſtattet werden dürfte. Wenigſtens machte es auf mich den Eindruck, als ob der Herr Berichterſtatter dieſer Anſicht Ausdruck ge⸗ geben hätte. Mit dem Herrn Vorredner aus der Verſamm⸗ lung ſtimme ich darin überein, daß es natürlich kein Nachteil wäre und für die Fleiſchverſorgung an ſich nicht fehlerhaft, ſondern günſtig für die ſtädtiſche Be⸗ völkerung, wenn Gefrierfleiſch gleichfalls eingeführt werden könnte. Aber es kann ſich doch bei dieſer Vor⸗ lage nicht darum handeln, darüber zu diskutieren, was geſchehen könnte, ſondern lediglich, über das zu dis⸗ kutieren, was geſchehen kann. Nachdem die Regie⸗ rung geſagt hat, daß nur die Kommunen die Ver⸗ günſtigung für die Einführung von Fleiſch im Sinne der Regierungsverfügung, die Ihnen allen bekannt iſt, bekommen können, blieb nur die Frage übrig: was ſollen die Kommunen tun? Da muß ich fur meine Perſon und namens meiner Freunde erklären: wir ſind der Anſicht, daß die Kommunen alles getan haben, was ſie tun konnten. Ja, wenn ich mir die Akten des Näheren durchleſe, muß ich ſogar ſagen: ſie haben mehr getan, als ſie tun konnten. (Stadtv. Hirſch: Na, nal) — Ia, es ſind mit der Einführung dieſes Fleiſches viele Riſiken verbunden. Wenn ſich Herr Kallge Sitzung vom 30. Oktober 1912 Hirſch, der eben den Zwiſchenruf gemacht hat, die Kontrakte des Näheren durchleſen wollte, die mit dem Kommiſſtonär, dem Einkäufer, der in Warſchau ſitzt, abgeſchloſſen ſind, ſo wird er finden, daß die Kom⸗ mune eine ganze Menge Riſiken eingeht, Riſiken, die deshalb beſonders ſchwierig ſind, weil ſie in Rußland liegen. Das Riſiko des Einkäufers beginnt erſt mit dem Moment, wo die Ware von Warſchau aus hier⸗ her geſandt wird. Wie weit alſo die Kommunen noch Verpflichtungen bekommen werden, bleibt abzu⸗ warten. Der Herr Referent hat geſagt, die Kinderkrank⸗ heit ſcheint überwunden zu ſein. Mir ſcheint, wir ſtecken noch ſtark in den Kinderkrankheiten bei dieſem ganzen Geſchäft drin. Es bleibt abzuwarten, wie die Sache an ſich wirken und werden wird. Mit dem Herrn ſozialdemokratiſchen Kollegen ſtimme ich darin überein, daß das ganze Geſchäft zwei Folgen gehabt hat: erſtens hat es preisregulierend für den Verkauf gewirkt — das iſt an ſich mit Freude zu begrüßen —; zweitens wird es auch außer Frage preisregulierend für den Einkauf bei den Händlern und Kaufleuten wirken, die uns die Ware hier ver⸗ kaufen. Das iſt ja ſelbſtverſtändlich: wenn pro Tag ſo und ſo viel 1000 Zentner Fleiſch vom Auslande nach Deutſchland hereinkommen, die bisher nicht her⸗ eingekommen ſind, ſo iſt die natürliche Folge davon, daß diejenigen, die die Ware hier zu verkaufen haben, auch in irgendeiner Weiſe im Preiſe nachgeben müſſen. Das iſt auch — ich bin an ſich ein warmer Befür⸗ worter landwirtſchaftlicher Intereſſen — (Aha! bei den Sozialdemokraten) für die Landwirtſchaft nicht bedauerlich; denn die landwirtſchaftlichen Preiſe, gerade die Preiſe für Fleiſch ſind mittlerweile ſo hohe geworden, daß die Landwirtſchaft ſehr gut eriſtieren kann, auch wenn die Preiſe et was herabgeſetzt werden. Wir haben ſeit dem vorigen Jahre für Fleiſch Aufſchläge, die zwiſchen 10 bis 25 % liegen. Wenn dieſer Prozentſatz wieder herabgeſetzt wird und die Fleiſchpreiſe angemeſſen werden, ſo wird das ſowohl für die Konſumenten wie auch für die Produzenten nicht von Nachteil ſein. Ich möchte bei dieſer Gelegenheit an den Ma⸗ giſtrat eine einzige Frage richten. Ich möchte den Magiſtrat fragen, ob mit den Einkäufern, die nach Rußland hingeſchickt ſind, Kontrakte auf längere Dauer gemacht worden ſind. Aus den Akten iſt dar⸗ über nichts zu erſehen, ſoweit ich mich orientiert habe. Ich möchte gern darüber unterrichtet ſein, ob man ſich vielleicht auf längere Zeit verpflichtet hat, zu be⸗ ſtimmten Preiſen Ware abzunehmen. Stadtrat Dr. Gottſtein: Meine Herren! Wenn ich mich zuerſt mit den Ausführungen des letzten Herrn Redners beſchäftige, ſo habe ich nicht die Ab⸗ ſicht, in großem Umfange auf volkswirtſchaftliche De⸗ duktionen über die Wirkung der Maßnahmen einzu⸗ gehen. Ich möchte nur betonen: ich bin ebenſo fern von Peſſimismus wie von Optimismus; denn es iſt doch der Zeitpunkt von neun Tagen, in denen wir überhaupt mit dem Fleiſchein⸗ und verkauf operieren, viel zu kurz, um aus dem Ergebnis irgendwelche Schlüſſe ziehen zu können, ſei es, als ob wir gegen⸗ wärtig die Kinderkrankheiten überwunden hätten, ſei es, daß die augenblickliche Maßregel ſchon preisregu⸗ lierend gewirkt hätte. Es iſt ein Rückgang der Preiſe eingetreten, wie er immer, wenn Eingriffe in das Verkaufsweſen ſtattfinden, eintreten muß. Ob er