Sitzung vom 30. Oktober 1912 außerdem noch einen Kellner aus dem Wahllokal und ernannte dieſe kraft eigener Machtvollkommenheit zu Beifitzern. (Heiterkeit.) Ferner hat er noch zwei weitere Herren, die zu⸗ fällig im Lokal anweſend waren, darunter einen unſerer Kollegen, ernannt. Ein Wahlvorſtand war da, ſogar ein ſehr würdiger Wahlvorſtand — auf der einen Seite der Kellner im Frack — jedenfalls ein Wohlvorſtand, wie er äußerlich würdiger kaum jemals vorhanden geweſen iſt. (Heiterkeit.) Nur ſchade, daß dieſer Wahlvorſtand nicht auf geſetz⸗ liche Weiſe zuſtande gekommen iſt. Vorübergehend erſchienen ſpäter die wirklich ge⸗ wählten Beiſitzer bzw. deren Stellvertreter. Fünf von den Herren hatten ſich überhaupt für die ganze Zeit entſchuldigt. Es blieben noch drei Herren übrig, die ſich vorübergehend im Wahllokal aufhielten und auch ihrer Pflicht genügten. Die anderen Herren waren teils aus geſchäftlichen Gründen ver⸗ hindert, teils weil ſie verreiſt waren, teils weil ſie krank waren. Der Herr Wahlvorſteher hat das Protokoll ſehr genau geführt; er hat auch genau vermerkt, wann die einzelnen Herren, und zwar ſowohl die geſetzlich ge⸗ wählten als auch die von ihm gegen das Geſetz er⸗ nannten Beiſitzer, ihr Amt im Wahlvorſtande aus⸗ geübt haben. Aus dem Protokoll ergibt ſich nun, daß, obwohl die Wahlhandlung 9 Stunden dauerte, von 9 bis 6 Uhr, im ganzen nur zwei Stunden lang der Wahlvorſtand geſetzlich ordnungmäßig zuſammen⸗ geſetzt war. Die ganzen übrigen 7 Stunden fanden die Wahlen vor einem Wahlvorſtand ſtatt, der nicht nach dem Geſetze gebildet war. Der Tatbeſtand iſt alſo zweifellos der, daß die Wahl zeitweiſe, und zwar den größten Teil der für die Wahl angeſetzten Zeit, vor einem Wahlvorſtande erfolgt iſt, der nicht ord⸗ nungsmäßig gebildet war. Das Oberverwaltungsgericht hat ſich wiederholt mit ähnlichen Fällen beſchäftigt, und wir müſſen die Entſcheidungen des Oberverwaltungsgerichts zur Grundlage unſerer Entſcheidungen nehmen. Da kommt für uns zunächſt eine Entſcheidung in Band 17 in Betracht. Es handelte ſich da um einen Fall, der ſich in Berlin zugetragen hatte, wo der Wahlvorſtand in der Zeit von 1½2 bis 4 Uhr nur aus zwei Perſonen beſtand. Die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung von Berlin hat die Wahl für ungültig er⸗ klärt, und das Oberverwaltungsgericht hat ſich in letzter Inſtanz der Ungültigkeitserklärung ange⸗ ſchloſſen. Das Oberverwaltungsgericht ſagt, „daß eine Wahlhandlung, welche unter Leitung eines in ungeſetzlicher Weiſe gebildeten Wahlvorſtandes voll⸗ zogen iſt, als eine ohne jeden Wahlvorſtand vorge⸗ nommene behandelt werden muß“. Andererſeits ſagt allerdings das Oberverwaltungsgericht in den Gründen über dieſe ſelbe Entſcheidung: Es kann einem 9 Stunden dauernden Wahlakte die Gültigkeit nicht ſchon um des⸗ willen allein abgeſprochen werden, weil etwa während einiger Minuten die geſetzlichen Förmlichkeiten nicht gewahrt ſind. Und weiter: Eine Ungültigkeit des geſamten Wahl⸗ geſchäfts läßt ſich deshalb nur dann annehmen, 391 wenn die unvollſtändige Beſetzung des Wahl⸗ vorſtandes ſo lange gedauert hat, daß davon das Ergebnis der Wahl ſelbſt beeinflußt iſt. Nun könnte man ja, wenn man den hier ange⸗ führten Gründen folgen wollte, ſagen: in dem Falle, der uns beſchäftigt, war zwei Stunden hindurch der Wahlvorſtand richtig zuſammengeſetzt; während dieſer zwei Stunden iſt mindeſtens ein e Stimme abgegeben worden. Man kann alſo, ſelbſt wenn man alle übrigen Stimmen als ungültig anſieht, doch dieſe eine Stimme als gültig betrachten und, da kein Gegenkandidat aufgeſtellt war, den Kandidaten mit einer Stimme für gewählt erklären. Ich ſage, man könnte zu dieſem Schluſſe kommen. Ich möchte Sie aber warnen, etwa in ſo leichtfertiger Weiſe eine Wahl für gültig u erklären; denn die Folge davon wäre, daß dann bei unſeren Wahlhandlungen die ge⸗ ſetzlichen Beſtimmungen in Zukunft auch nicht immer ſtreng inne gehalten würden. Ich glaube aber, daß uns allen in erſter Linie daran gelegen ſein muß, daß die Wahlen ordnungsmäßig vor ſich gehen. Außer⸗ dem kommt hinzu, daß das Oberverwaltungsgericht in dieſer Entſcheidung immer nur von einem un, vollſtändig zuſammengeſetzten Wahl⸗ vorſtand ſpricht, während wir hier einen ganz un⸗ geſetzlich gebildeten Wahlvorſtand haben. Das iſt ein ganz gewaltiger Unterſchied. Ich habe dann weiter in den Entſcheidungen des Oberverwaltungsgerichts eine Entſcheidung über einen Fall gefunden, der in gewiſſem Sinne ſich mit unſerem Fall deckt. Es handelt ſich da um eine Land⸗ gemeinde, wo ein Ortsſtatut beſtand, wonach be⸗ ſtimmte Perſonen den Wahlvorſtand zu bilden haben. Entgegen den Vorſchriften dieſes Ortsſtatuts hatte nun der Gemeindevorſteher ſelbſt die Beiſitzer des Wahlvorſtandes ernannt — alſo genau ſo, wie es bei uns der Wahlvorſteher getan hat. Das Oberver⸗ waltungsgericht hat auch dieſe Wahl für ungültig er⸗ klärt. Dabei ging es von dem Standpunkt aus, daß die dem Statut nicht entſprechende Ernennung der Beiſitzer durch den Gemeindevorſteher unter allen Umſtänden die Ungültigkeit der ſtattaefundenen Wahlen zur Folge habe. Das Oberverwaltungs⸗ gericht bezieht ſich auf eine frühere Entſcheidung, worin es heißt: Das Geſetz habe der Wahlverſammlung die Wahl von zwei Vertrauensmännern zu dem Zwecke eingeräumt, damit dieſe die Legalität der Wahlhandlung überwachen. Dieſer Zweck des Geſetzes würde aber vereitelt, wenn die Bildung eines Wahlvorſtandes ohne Zuziehung ſolcher Vertrauensmänner erfolge. Sie werden mir zugeben, daß der Fall hier ganz ähnlich liegt wie bei uns. Ich weiſe ſchließlich noch auf eine Entſcheidung in Band 8 hin, worin es heißt: Ein lediglich durch Ernennung des Wahlvorſtehers gebildetes Kollegium iſt als ein Wahlvorſtand im Sinne des Geſetzes über⸗ haupt nicht zu betrachten. Der Fall iſt nicht anders zu beurteilen, als wenn eine Wahl ohne jeden Wahlvorſtand vollzogen iſt. Von demſelben Gedanken wie das Oberverwal⸗ tungsgericht hat ſich auch der zur Prüfung der Wahlen eingeſetzte Ausſchuß leiten laſſen, und ich habe des⸗ halb im Namen des Ausſchuſſes Ihnen den einſtim⸗ migen Antrag zu unterbreiten, die Wahl für ungültig zu . 9 eine Herren, man muß ſich nun fragen: was kann geſchehen, um ſolche Zuſtände zu .