Sitzung vom 30. Oktober 1912 Berichterſtatter Stadtv. Hirſch (Schlußwort): Herr Kollege Liepmann hat eigentlich gegen das ge⸗ ſprochen, was er bezwecken wollte; er hat mit Ueber⸗ treibungen gearbeitet und dadurch ſeine Sache ver⸗ ſchlechtert. Er ſagte, es ließe ſich beweiſen, daß zu der Zeit, wo der Wahlvorſtand richtig zuſammen⸗ geſetzt war, 100 Stimmen abgegeben worden ſind. In der ganzen Zeit, die die Wahlhandlung bean⸗ ſprucht hat, ſind aber überhaupt nur 124 Stimmen abgegeben worden. Wenn nun wirklich in den zwei Stunden, wo der Wahlvorſtand nach dem Geſetz ge⸗ bildet war, 100 Wähler erſchienen ſind, und in den übrigen ſieben Stunden nur 24 Wähler, ſo möchte ich den Schluß daraus ziehen, daß die übrigen Wähler fortgeblieben ſind, weil ſie wußten, daß ein Wahl⸗ vorſtand tätig war, der den geſetzlichen Anforderungen nicht entſprach. (Widerſpruch und Heiterkeit.) — Ja, meine Herren, wie ſoll es denn ſonſt kommen, daß ausgerechnet in dieſen zwei Stunden ſoviel Stim⸗ men abgegeben worden ſind? Man kann ſehr wohl ſo argumentieren, und zwar mit demſelben Recht, wie Herr Kollege Liepmann argumentiert. Herr Kollege Liepmann ſagt weiter, alle Stim⸗ men hätten ſich auf denſelben Kandidaten konzen⸗ triert. Darauf habe ich ja ſelbſt ſchon hingewieſen. Es liegt aber ein ſo ſchwerer Verſtoß gegen die geſetz⸗ lichen Beſtimmungen vor, daß die Wahl eo ipso un⸗ gültig ſein muß. Wenn Herr Kollege Liepmann her⸗ vorhebt, daß in den von mir angeführten Entſchei⸗ dungen des Oberverwaltungsgerichts die ungeſetzliche Bildung des Wahlvorſtandes immer durch die Ge⸗ meindebehörde herbeigeführt iſt, während hier die Gemeindebehörde den Wahlvorſtand richtig zu⸗ ſammengeſetzt habe, er jedoch nicht richtig gebildet werden konnte, weil die Herren nicht erſchienen, ſo kommt es nicht darauf an, wer die Schuld an dem ungeſetzlichen Zuſtande trägt. Daß der Wahlvorſtand während des größten Teiles des Tages ungeſetzlich gebildet war, wird aber auch von Herrn Kollegen Liepmann nicht beſtritten werden. (Die Verſammlung erklärt nach dem Antrage des Ausſchuſſes die am 15. Juni 1912 vollzogene Stadt⸗ verordneten⸗Erſatzwahl als ungültig.) Vorſteher⸗Stellv. Dr Hubatſch: Es iſt folgender Antrag eingegangen: Der Magiſtrat wird erſucht, mit der Polizei⸗ verwaltung in Verbindung zu treten, um für das Befahren des Spandauer Berges am Bahn⸗ hof Weſtend mit ſchweren Laſten in notwen⸗ digen Fällen Vorſpann vorzuſchreiben. Der Antrag iſt von Mitgliedern aller Fraktionen unterſchrieben; er wird auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung geſetzt werden. Punkt 18 der Tagesordnung: Vorlage betr. Weiterverpachtung des ſtädtiſchen Grundſtücks zwiſchen Reichsſtraße und Spandauer Chauſſee. — Druckſache 277. (Die Verſammlung beſchließt nach des Magiſtrats, wie folgt: Der Weiterverpachtung des zwiſchen der Reichsſtraße und der Spandauer Chauſſee ge⸗ legenen Teils des ſtädtiſchen Grundſtücks dem Antrage 393 Band 83 Blatt Nr. 3147 des Grundbuchs von der Stadt Charlottenburg an die Aktiengeſell⸗ ſchaft Spandauerberg⸗Brauerei vorm. C. Bech⸗ mann auf weitere 10 Jahre vom 1. Oktober 1913 ab wird zugeſtimmt. Der Magiſtrat wird ermächtigt, mit der genannten Aktiengeſellſchaft einen Pachtvertrag nach dem abgedruckten Ent⸗ wurf abzuſchließen.) Punkt 19 der Tagesordnung: Vorlage betr. Umlegung von Grunderwerbskoſten des Neuen Ufers. — Druckſache 278. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Koſten des Grunderwerbs des Neuen Ufers zwiſchen der Mittellinie der Sickingen⸗ ſtraße und dem Platz E (ausſchließlich) ſind gleichmäßig auf die Anlieger des Neuen Ufers zwiſchen Sickingenſtraße und Platz E nach Maßgabe der Straßenfrontlänge ihrer an das Neue Ufer angrenzenden Baugrundſtücke um⸗ zulegen.) Punkt 20 der Tagesordnung: Vorlage betr. Vertrag mit der „Normalzeit“ G. m. b. H. — Druckſache 279. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Es liegt hier ein Vertrag vor, der vielleicht manchem unter uns nicht gerade angenehm ſein wird. Wir ſchließen hier mit der Geſellſchaft „Normalzeit“ 0 Vertrag ab, der im weſentlichen folgendes be⸗ ſagt. Die „Normalzeit“ darf in Zukunft nicht mehr unter die Abonnementsbedingungen, die dem Ver⸗ trag beigeheftet ſind, heruntergehen. Es iſt aller⸗ dings dazu zu bemerken, daß die „Normalzeit“ augenblicklich den Tarif, der dem Vertrage beigeheftet iſt, hat, und daß es wohl nicht ſehr wahrſcheinlich iſt, daß derartige Tarife bei der Steigerung der Löhne und aus anderen Gründen im Laufe der Zeit weſent⸗ lich billiger werden. Ferner darf die „Normalzeit“ in Zukunft Haupt⸗ oder Nebenuhren nicht mehr an ihre Abnehmer verkaufen, was ſie bisher unter Um⸗ ſtänden getan hat. Es liegt alſo in dem ganzen Ver⸗ trag eine gewiſſe Bindung der „Normalzeit“, die für die Bürgerſchaft unter Umſtänden Nachteile gegen⸗ über dem bisherigen Status mit ſich bringt. Meine Herren, ich kann nur erklären, daß ich von vornherein gegen die Einrichtung des ſtädtiſchen Netzes in der Weiſe war, wie es nachher tatſächlich zur Ausführung gekommen iſt, und daß ich es auch noch heute bedaure, daß dadurch dieſe Schwierigkeiten für die Bürgerſchaft erwachſen. Aber ſchon bei der vorletzten Vorlage, die ſich damit beſchäftigte, auch den Anſchluß von Privatuhren an das ſtädtiſche Netz zu geſtatten, nachdem wir unſere ſtädtiſchen Gebäude an das Uhrennetz angeſchloſſen hatten, habe ich ja darauf hingewieſen, daß wir, wenn wir A geſagt haben, nunmehr auch B ſagen müſſen, und jetzt kommen wir zu dem C in dem Abe. 5 Wir müſſen auch, glaube ich, im Intereſſe des Weiterarbeitens der „Normalzeit“ ſelber dem Ver⸗ trag zuſtimmen. Die Geſellſchaft iſt nämlich in der letzten Zeit gar nicht in der Lage geweſen, ihren Be⸗ trieb ſo wie früher auszugeſtalten, da die. Stadt Ein⸗