Sitzung vom 13. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren! Anſchließend an die Worte des verehrten Herrn Vor⸗ ſtehers, die ich mit großer Freude und mit großem Danke vernommen habe, möchte ich mir erlauben, Ihnen eine Mitteilung zu unterbreiten, die mir jetzt eben, in dieſem Augenblick, auf meinen Platz gelegt worden iſt. Es iſt ein Brief, der an mich gerichter und von etwa 200 Bürgern der Stadt Charlottenburg unterzeichnet worden iſt. Er lautet folgendermaßen: Wir beglückwünſchen die Stadt Charlotten⸗ burg zur Vollendung des Deutſchen Opern⸗ hauſes, deſſen Entſtehung der tatkräftigen Initiative der ſtädtiſchen Körperſchaften zu verdanken iſt. Wir können hierbei nicht unter⸗ laſſen, die Leiſtung des Herrn Stadtbaurat Seeling hervorzuheben, der durch ſein groß⸗ zügiges Schaffen und ſeine reiche Erfahrung in ſo kurzer Zeit ein Werk hat erſtehen laſſen, deſſen künſtleriſcher Wert durch eine unſachliche Kritik, wie ſie vereinzelt vorgekommen iſt, nicht beeinträchtigt werden kann. (Sehr richtig!) Unterzeichnet iſt dieſes Schreiben von etwa 200 Per⸗ ſonen, unter denen ich ſehr viele Architekten, Bau⸗ meiſter und Ingenieure ſehe; ſoweit ich überſchauen kann, gehört die Mehrzahl dieſem Stande an, einem Stande alſo, der ſachverſtändig iſt, um über die Kunſtrichtung dieſes Theaters ein endgültiges Urteil abgeben zu können. (Bravo!) Sadtbaurat Seeling: Meine Herren! Ich bin tief gerührt durch die lieben Worte, die der Herr ſtell⸗ vertretende Stadtverordnetenvorſteher an mich ge⸗ richtet hat, und durch die Worte, die der Herr Ober⸗ bürgermeiſter hier weiter verleſen hat. Sie wiſſen alle, es war ein Gewaltmarſch; als Gewaltmarſch iſt das Werk geleiſtet, es hat Nerven gekoſtet. Aber alles das — auch die Nebenſachen, die hier geſtreift wur⸗ den — wird anfgewogen durch die Liebe und Aner⸗ kennung, die Sie mir alle ſowohl am Abend der Vor⸗ ſtellung als jetzt in dieſer ganz außergewöhnlichen Weiſe haben zuteil werden laſſen. Ich danke Ihnen herzlich dafür. (Allſeitiges lebhaftes Bravo und Händeklatſchen.) Vorſteher⸗Stellv. Dr Hubatſch: Wir treten nun⸗ mehr in die Tagesordnung ein. Punkt 1: Vorlage betr. bauliche Veränderungen im Arbeits⸗ nachweis. Druckſache 292. Stadtv. Münch: Meine Herren! Für bauliche Veränderungen in dem Gebäude des Arbeitsnach⸗ weiſes ſind 2500 ℳ gefordert. Die kleine Summe ſind meine Freunde bereit zu bewilligen. Für die Folge allerdings — ſo wurden Stimmen laut — würde man für dieſes Gebäude, das man für unzu⸗ länglich hält, weitere Mittel nicht mehr bewilligen können. Man nimmt an, daß ein Gebäude, deſſen Räume künſtlich ventiliert werden müſſen, für der⸗ artige Zwecke nicht geeignet iſt. Die Fraktion hätte es ſehr gern geſehen, wenn eine Vorlage des Magiſtrats an ſie herangekommen wäre, die ein neues Gebäude vorſchlüge. Nun ſind in der Depu⸗ November 1912 399 tarion für den Arbeitsnachweis Erwägungen im Gange, die dahin zielen, daß ein großes Gebäude errichtet werden ſoll, welches ſämtliche Arbeitsnach⸗ weiſe, und nicht nur dieſe, ſondern auch möglichſt alle Fürſorgeſtellen aufnehmen kann. Meine Fraktion würde es ſehr gern ſehen, wenn in aller⸗ nächſter Zeit eine derartige Vorlage an die Stadt⸗ verordnetenverſammlung käme; ſie würde das mit großer Freude begrüßen. Da ſolche Erwägungen ſtattfinden und der Magiſtrat bald eine ſolche Vorlage an uns gelangen laſſen wird, ſo ſind wir bereit, die 2500 ℳ zu bewilligen. Wir bitten die anderen Fraktionen, ſich uns anſchließen und ebenfalls die Summe bewilligen zu wollen. Stadtv. Gredy: Meine Herren! Meine Freunde haben mich beauftragt, zu erklären, daß wir die Summe bewilligen und daß wir vollkommen die An⸗ ſichten des geehrten Herrn Vorredners teilen. Seine Aeußerungen über die Erbauung eines beſonderen Gebäudes ſinden auch in unſerm Kreiſe vollſtändige Zuſtimmung. Ich möchte noch erwähnen, daß es meine Freunde gern ſähen, wenn als Ort des zukünf⸗ tigen Arbeitsnachweiſes nicht etwa wieder die Ber⸗ liner Straße gewählt würde. Stadtv. Jolenberg: Meine Herren! Vor dem Gebäude des Arbeitsnachweiſes befand ſich ehemals ein Vorgarten, und dieſer Vorgarten war durch einen Zaun begrenzt. Der Vorgarten iſt nicht mehr vor⸗ handen, er iſt gepflaſtert worden. Dagegen ſteht der Holzzaun noch, der ſich, wie ich höre, ſogar in etwas baufälligem Zuſtande befinden ſoll. Verſchiedene Mit⸗ bürger ſind an den Magiſtrat herangetreten und haben ihn gebeten, er möchte doch den Holzzaun, der wirklich gar keinen Zweck hat, der, wie die Tiefbau⸗ deputation erklärt hat, als Verkehrshindernis zu be⸗ trachten iſt, entfernen. Der Magiſtrat hat das abge⸗ lehnt ohne irgendwelche Begründung. Ich möchte an den Magiſtrat die Bitte richten, dieſem Wunſche der Bürgerſchaft doch recht ſchnell zu entſprechen. Es iſt wirklich keinerlei Grund für die Aufrechterhaltung dieſes Holzzaunes vorhanden. Wenn geſagt wird, daß die Arbeitſuchenden innerhalb dieſes Holzzauns ſich aufhalten ſollen, um den Verkehr in der Berliner Straße nicht zu erſchweren, ſo, meine ich, gibt es keine Möglichkeit, die Leute zu zwingen, innerhalb des Holzzauns Platz zu nehmen; es ſind nicht einmal Bänke da. Ich bitte alſo den Magiſtrat recht ſehr, dieſen Wunſch zu erfüllen. Stadtrat Dr. Spiegel: Meine Herren! Ich bin Ihnen ſehr dankbar, nicht nur dafür, daß Sie dem jetzigen Arbeitsnachweis die geforderten 2500 ℳ. be⸗ willigen wollen, ſondern auch dafür, daß Sie darauf hindrängen, daß dem Arbeitsnachweis möglichſt bald ein eigenes Heim gegeben werde. Das iſt zweifellos eine Notwendigkeit und als ſolche auch längſt aner⸗ kannt. Zweckmäßig erſchien es aber, die Entwicklung des Arbeitsnachweiſes ein wenig abzuwarten, damit man, wenn ein neues Gebäude für ihn geſchaffen wird, es gleich ſo baut, wie es vorausſichtlich gebraucht wird. Wie der Herr Referent ſchon anführte, ſchwe⸗ ben in der Deputation für den ſtädtiſchen Arbeits⸗ nachweis bereits Erwägungen, wie ein ſolches Heim der Zukunft zu geſtalten ſei. Naturgemäß wird das nicht eine Sache von ein bis zwei Jahren ſein. Zur⸗ zeit verfügen wir überhaupt nicht über Mittel für dieſen Zweck; ſie müſſen erſt in einer künftigen An⸗ leihe nachgeſucht werden. Jedenfalls aber werden