400 wir die Angelegenheit nicht aus dem Auge verlieren, ſondern mit aller Energie fördern. Der Wunſch des Herrn Stadtv. Jolenberg iſt bereits erfüllt. Stadtv. Jolenberg: Iſt erfüllt?) — Iſt bereits erfüllt. — Wir hatten die erſte Bitte um Beſeitigung des Zaunes nicht gleich erfüllt, weil wir abwarten wollten, ob es ſich nicht als zweckmäßig herausſtellte, dieſen Zaun zunächſt beizubehalten und damir einen Sammelpunkt für diejenigen Arbeiter zu ſchaffen, die vor Eröffnung des Arbeitsnachweiſes ſchon da ſind und ſonſt regellos auf der Straße herum⸗ ſtehen. Da aber die umwohnenden Hausbeſitzer weiterhin mit ihren Bitten an den Magiſtrat heran⸗ traren und uns die beabſichtigte Verwendung doch nicht ſo überaus wichtig erſchien, ſo haben wir bereits zugeſtimmt, daß der Zaun beſeitigt wird. Stadtv. Dr Rothholz: Meine Herren! Ich bin dafür, daß die ausgeworfene Summe für den Ar⸗ beitsnachweis bewilligt wird; aber ich muß ſagen, daß ich mich nicht ganz mit der Begründung einverſtanden erklären kann. In ihr iſt davon die Rede, daß ſich unter den ungelernten Arbeitern Trinker und unlieb⸗ ſame Elemente befänden. Darauf wird der Wunſch der qualifizierten Arbeiter, von den unge⸗ lernten Arbeitern räumlich getrennt zu werden, zu⸗ rückgeführt. Dieſe Begründung ſcheint mir den Ar⸗ beitsnachweis doch etwas zu diskreditieren. Unter den ungelernten Arkeiterr — das nehme ich zu⸗ gunſten des Arbeitsnachweiſes an — wird doch die erhebliche Mehrheit zu den ordentlichen, ſoliden Ar⸗ beitern zählen, denn ſonſt würden ja die Arbeitgeber abgeſchreckt werden, Arbeitskräfte von uns zu be⸗ ziehen. Da glaube ich doch, daß auch die ungelernten Arbeiter davor bewahrt werden müſſen, mit Trinkern und unliebſamen Elementen zuſammen zu ſein, und ich denke, die Diſziplin im Arbeitsnachweis iſt der⸗ artig ausgebildet, daß die Möglichkeit vorhanden iſt, daß ſolche unliebſamen Elemente aus den Räumen des Arbeitsnachweiſes entfernt werden. Ich glaube auch nicht, daß das Standesbewußtſein der quali⸗ fizierten Arbeiter derartig ausgebildet iſt, daß die erwachſenen qualifizierten Arbeiter ſich etwa genieren, mit den ungelernten Arbeitern zu⸗ ſammen zu ſein. Solide, ordentliche ungelernte Arbeiter können meiner Meinung nach ganz gut in einem Raume mit den qualifizierten Arbeitern ſein und werden die qualifizierten Arbeiter nicht im geringſten ſchädigen. Der in Ausſicht genommene Sonderraum kann aber wohl zur Herbeiführung einer ſtrikten Trennung zwiſchen erwachſenen und jugendlichen Arbeitern dienen. Meine Herren, die jugendlichen Arbeiter — wie Sie alle wiſſen — Jungen von 14, 15 und 16 Jahren — ſind, wie junge Menſchen überhaupt, ein bißchen übermütig, und es kann ſehr leicht vor⸗ kommen, daß das Zuſammenſein zwiſchen erwachſenen und unerwachſenen Arbeitern zu gewiſſen Differenzen führt. Auch manche Unterhaltungen älterer Arbeiter anzuhören, dürfte für die Arbeitsburſchen gerade nicht ſehr erſprießlich ſein. Deshalb ſcheint es mir ſehr angebracht zu ſein, wie das auch bei anderen größeren Arbeitsnachweiſen der Fall iſt, eine Tren⸗ nung zwiſchen jugendlichen und älteren Arbeitern vorzunehmen. Sitzung vom 13. November 1912 Stadtv. Zietſch: Meine Freunde ſind ſelbſtver⸗ ſtändlich jederzeit gern bereit, nicht nur die hier ge⸗ forderten Mittel zu bewilligen, ſondern auch für jede Erweiterung und Verbeſſerung des Arbeitsnachweiſes in ſeinen Lokalitäten wie in ſeinen organiſchen Ein⸗ richtungen einzutreten. Was in dieſer Beziehung von den Herren der anderen Fraktionen hier ge⸗ ſprochen worden iſt, werden wir jederzeit gern unter⸗ ſtützen. Auch daß eine räumliche Trennung zwiſchen den erwachſenen und nicht erwachſenen Arbeitern ſtattfindet, halte ich für meine Perſon aus verſchiede⸗ nen Gründen, die ſich vielleicht nicht ganz mit den Gründen decken, die der Herr Kollege Rothholz hier vorgebracht hat, für geboten. Es iſt aber ferner in der Vorlage ein Bedauern darüber ausgeſprochen worden, daß ſo wenig qualifizierte Arbeiter den A1⸗ beitsnachweis in Anſpruch nehmen. Es iſt ein Mangel des ganzen ſtädtiſchen Arbeitsnachweiſes, daß ein In⸗Verbindung⸗treten der einzelnen Arbeitsnachweiſe, nicht nur der behördlichen, ſondern auch der von privater und Organiſationsſeite errichteten bisher noch nicht in genügendem Maße ſtattgefunden hat. Zweifellos befinden wir uns auf dem Gebiete des Ar⸗ beitsnachweiſes erſt in den erſten Stadien der Ent⸗ wicklung; um den Arbeitsnachweis werden meines Erachtens in nicht mehr allzu ferner Zeit die ſchwerſten wirtſchaftlichen Kämpfe geführt werden, weil auf der einen Seite die Unternehmer das Be⸗ ſtreben haben, einen paritätiſch geleiteten Arbeits⸗ nachweis, wie es der ſtädtiſche Arbeitsnachweis ſein ſoll, nicht anzuerkennen, ſondern bemüht ſein werden, um ihre wirtſchaftliche Macht auszunutzen und zu verſtärken, den Arbeitsnachweis in ihre Hände zu be⸗ fommen, ebenſo wie auf ſeiten der Organiſationen teilweiſe das Beſtreben beſteht, um ihre wirtſchaftliche Poſition zu ſtärken, Einfluß auf den Arbeitsnachweis zu erlangen. Hieraus iſt auch zu erklären, daß gerade in Berlin die ſogenannten paritätiſchen, behördlichen Arkeitsnachweiſe ſo wenig in Anſpruch genommen werden. Das alles kann uns aber natürlich nicht ab⸗ halten, eine derartige Einrichtung auszubauen, und in dieſem Sinne begrüßen wir auch die darauf bezüg⸗ lichen Ausführungen der Herren von den anderen I raktionen. Stadtrat Dr Spiegel: Meine Herren! Nur noch einige Worte zu den Ausführungen des Herrn Dr Rothholz. Der neue Raum ſoll ja auch, wie in der Vorlage bereits geſagt iſt, dazu dienen, die jugend⸗ lichen Arbeitnehmer von den erwachſenen abzutren⸗ nen. Zu anderen Zeiten aber ſoll er dazu dienen, die beſſeren Elemente unter den ungelernten Arbeitern in einem beſonderen Warteraum unterzubringen. Unſer Arbeitsnachweis wird nicht in ungenügender Zahl, ſondern nicht in der richtigen Weiſe von dieſen Leuten in Anſpruch genommen. Es handelt ſich, wie ich nochmals erwähnen möchte, um ſolche Bewerber, die eine länger dauernde, ſogenannte „ſtändige“ Arbeit ſuchen, im Gegenſatz zu den Gelegenheits⸗ arbeitern, die immer nur für wenige Tage überhaupt Beſchäftigung haben wollen, um, wenn ſie ein paar Groſchen verdient haben, ſie erſt wieder einmal durch⸗ zubringen. Jene, die wir hier als beſſer qualifizierte Arbeiter bezeichnet haben, d. h. die ordentlich ar⸗ beiten wollen und die etwas auf ſich halten, lehnen es in vielen Fällen ab, in demſelben Raume mit den Gelegenheitsarbeitern zu warten, und wenn ein Ar⸗ beitſuchender nicht im Arbeitsnachweis wartet, dann iſt die Vermittlung außerordentlich ſchwer. Daraus hat ſich die Notwendigkeit ergeben, auch für dieſe