402 Notwendigkeit vorliegt, einen Neubau für die ſtäd⸗ tiſche Pflichtfortbildungsſchule zu ſchaffen. Wir wiſſen, daß unſer Hochbaurat ſehr viel Geſchick in der ſchnellen Errichtung von Baulichkeiten beſitzt. Ich weiß auch aus meiner früheren Zugehörigkeit zur Fortbildungsſchuldeputation, daß dort vielfach ſchon die Frage erörtert worden iſt, ob nicht über kurz oder lang ein neues Gebäude für die Fortbildungsſchule errichtet werden ſoll. Es hieß aber da immer: die Pläne kommen aus dem Hochbauamt nicht heraus, es läge lediglich nur daran. Es wird alſo dringend notwendig ſein, daß der Magiſtrat mehr darauf dringt, daß hier endlich einmal Remedur geſchaffen wird. So können jedenfalls die Zuſtände nicht mehr weitergehen. Stadtv. Zander: Meine Herren! Ich denke, wir alle ſind davon überzeugt, daß die Räume der Fortbildungsſchule in der Bismarckſtraße im höchſten Grade ungenügend ſind. Die Hausflure, beſonders der untere Hausflur, werden als Verſammlungs⸗ raum benutzt; die jungen Mädchen, die darauf war⸗ ten, daß ſie in die Klaſſe hineinkommen, müſſen ſich dort verſammeln. So kommt es, daß der Hausflur ſaſt immer eng gedrängt vollſteht. Das führt be⸗ ſonders im Winter zu Erkältungen jeder Art. Auch ſind die Räume im höchſten Grade feuergefährlich und geſundheitsſchädlich. Bei einer Beſichtigung, die vor einiger Zeit ſtattgefunden hatte, wurde von dem Herrn Bürgerdeputierten Tuckermann ausgeführt, daß es nicht möglich wäre, daß in dieſen Räumen ohne genügende Sicherheitsvorrichtungen weiter unterrichtet werden könnte. In dieſem Hauſe be⸗ findet ſich nur eine einzige Treppe, (Hört! hört!) und dieſe Treppe iſt ganz eng. Dabei werden etwa 600 Schülerinnen dort unterrichtet. Merkwürdiger⸗ weiſe hat unſer Herr Branddirektor Bahrdt ſich dahin ausgeſprochen, daß eine Feuergefährlichkeit nicht vor⸗ liege. Schwer zu verſtehen iſt dies ja nach den An⸗ forderungen, die die Feuerwehr ſonſt in Privat⸗ häuſern, Fabriken uſw. ſtellt. Ich bin der Ueber⸗ zeugung, daß dieſe Schule bedeutend feuergefährlicher iſt, als eine Fabrik. Nicht einmal eine Steigleiter auf dem Hofe, die als Notbehelf dienen könnte, iſt von dem Herrn Branddirektor für notwendig er⸗ achtet worden. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wir bekommen heute, meine Herren, eine Vor⸗ lage, 3500 % zu bewilligen. Ich wundere mich über dieſe Vorlage, denn hinter den Kuliſſen ſpielt noch etwas anderes: Sie werden in ganz kurzer Zeit eine weitere Vorlage über die Bewilligung von 54 000 ℳ bekommen. Es hat ſich herausgeſtellt, daß dieſe Räume ganz unzulänglich ſind, daß das Nebenhaus vollkommen geräumt werden muß, um dort noch neun Klaſſen und drei Säle einzurichten. Deshalb wundert es mich, daß man heute mit einem Tropfen von 3500 %ℳ kommt, während man in ganz kurzer, ab⸗ ſehbarer Zeit mit der anderen, größeren Forderung an uns herantreten will. Ob es geſchehen iſt, um dieſe größere Forderung ſchmackhaft zu machen, oder deshalb, weil ein Teil der Summe ſchon ausgegeben iſt, das weiß ich nicht; ich kann es nicht verſtehen. Wenn überhaupt erſt die Möglichkeit vorliegt, mit dem Ausbau am 1. April zu beginnen — bis zu Sitzung vom 13. November 1912 dieſer Zeit können die Räume erſt freigemacht wer⸗ den —, ſo müſſen wir uns doch ſagen, daß zum 1. April gar keine Räume geſchaffen, ſondern erſt zu Oktober bezogen werden können. Wenn man be⸗ denkt, daß wir vor einiger Zeit auch die Zwangs⸗ mädchenfortbildungsſchule für Arbeiterinnen, wie es zuerſt hieß, beginnend ſchon zum 1. April — ich höre jetzt, daß ſie auf ein weiteres Jahr verſchoben werden ſoll —, bewilligt haben und dazu noch ein⸗ zelne Räume gehören, ſo begreife ich überhaupt nicht, warum wir dieſe Summe und eine noch bei weitem größere bewilligen ſollen und warum man jetzt nicht daran geht, eine Mädchenfortbildungsſchule zu bauen. Aber ich weiß, daß man vorhat, die Kunſtgewerbe⸗ und Handwerkerſchule neu zu errichten und in die alte die Mädchenfortbildungsſchule hineinzulegen, weil man behauptet, daß die Kunſtgewerbe⸗ und Hand⸗ werkerſchule ganz unzulänglich wäre und ihre Räume der Neuzeit und den heutigen Anforderngen des Kunſthandwerkes nicht mehr entſprechen. Ich kann mich mit dieſen Ausführungen nicht einverſtanden erklären. Ich behaupte, daß die Räume, die heute der ſtädtiſche Arbeitsnachweis hat und die für dieſen in höchſtem Grade unzureichend ſind, für eine Er⸗ weirerung der Kunſtgewerbe⸗ und Handwerkerſchule benutzt werden können; — ſelbſtverſtändlich meine ich die Bauſtelle. Aber, meine Herren, auch dieſe Erweiterung wird in den nächſten fünf Jahren kaum notwendig ſein. Der neugewählte Herr Direktor hat ja eine Re⸗ organiſation eingeführt, über deren Notwendigkeit man verſchiedener Meinung ſein kann, die ein Zu⸗ rückgehen der Schule in bezug auf die Zahl der Schüler und die Benutzung der Räume bereits her⸗ beigeführt hat und weiter herbeiführen wird. So iſt jetzt die Maßnahme getroffen worden, daß junge Leute, mögen ſie auch noch ſo talentvoll ſein, erſt dann aufgenommen werden, wenn ſie ihre Lehrzeit beendet haben und mindeſtens 17 Jahre alt ſind. Ob das richtig iſt, iſt ja an anderer Stelle zu entſcheiden. Jedenfalls wird der Herr Direktor mit der Reorga⸗ niſation, die er hier eingeführt hat, noch mindeſtens fünf Jahre zu tun haben, und für dieſen Zeitraum würde ein Neubau der Kunſtgewerbe⸗ und Hand⸗ werkerſchule unnötig ſein. Wenn wir nun den Bau der Mädchenfortbildungsſchule damit verquicken wollen, ſo wird es dahin kommen, daß wir auf die Fertigſtellung ſieben, acht, ja ſelbſt zehn Jahre warten können und wir weiter zuſehen müſſen, daß die jungen Mädchen in Räume geſchickt werden, die in höchſtem Grade geſundheits⸗ und feuergefährlich ſind. Die Rüge, die von der Kommiſſion, welche damals die Räume beſichtigt hatte, ausgeſprochen wurde, hat wenigſtens dahin geführt, daß man einige Räume für geſundheitsgefährlich erklärt hat. Es hat ſich heraus⸗ geſtellt, daß ſie niedriger ſind als ſonſt Räume, die zu menſchlichen Wohnungen dienen. Um wieviel be⸗ denklicher iſt das bei Schulräumen, die beleuchtet werden und in denen die Wärme durch die große Anzahl der darin befindlichen Perſonen bedeutend erhöht wird. Meine Herren, ich möchte Sie daher bitten, die heutige Vorlage zu vertagen. Denn was hat es für einen Zweck, heute 3500 %ℳ und vielleicht in der nächſten Stadtverordnetenverſammlung 54 000 ℳ zu bewilligen! Ich finde, wir müſſen die beiden Forde⸗ rungen miteinander verbinden und können uns dann darüber klar werden, ob es nicht richtig iſt, daß unſer Herr Stadtbaurat mit ſeiner gewohnten Schnelligkeit eine Mädchenfortbildungsſchule baut. Wenn er in