404 alſo keine Phantaſie —, dann iſt z. B. die eine Pleureuſenknüpferin in einem Federgeſchäft ge⸗ worden, übt alſo eine gering entlohnte Tätigkeit aus, die eine von der Straße kommende Arbeiterin in einem Vierteljahr erlernt. Das iſt alſo dann der Er⸗ folg ihres kunſtgewerblichen Studiums. Andere der⸗ artige Fälle zählt die betreffende Berichterſtatterin auf, in denen die Schülerinnen ebenſo lange gearbeitet haben, um dann mit Mühe und Not mal einen künſt⸗ leriſchen Entwurf für 5 %ℳ an eine Firma verkaufen zu können. K Da hat man ſich natürlich geſagt, daß es ſo nicht weiter gehen könne; man könne doch die Leute nicht in Berufe hineinjagen, die ihnen ſpäter keinerlei Gewinn bringen, in denen ſie verelenden, und man hat eingeſehen, daß vor allen Dingen hier in den Kunſt gewer be ſchulen nicht Kunſtjünger, ſondern wirkliche Kunſt han dwerker erzogen werden ſollen. Ich erinnere dabei an eine Mitteilung, die mir von berufener Stelle, und zwar von Herrn Ge⸗ heimrat Dönhoff gemacht wurde. Ich erzähle Ihnen ſetzt kein Märchen, ſondern es handelt ſich hier um eine Tatſache, die ich ſelbſt beſtätigt gefunden habe. Ein Handwerksmeiſter hatte nämlich in ſeiner Werk⸗ ſtatt angeſchlagen: Hier werden keine Lehrlinge an⸗ genommen, die von der Kunſtgewerbeſchule kommen. Die Handwerksmeiſter haben eben mit den Zöglingen der Kunſtgewerbeſchule üble Erfahrungen gemacht, es ſind verdorbene Handwerker, ſind Kunſtjünger, die ſie im Handwerk nicht gebrauchen können. Wir ſollten alſo die eben genannte Verfügung, nach der ſchärfere Vorbedingungen für die Aufnahme in die Kunſtgewerbeſchulen geſtellt werden, wohl dankbar ibegrüßen. Nun, meine Herren, iſt es ja natürlich, daß, wenn dieſe Bedingungen durchgeführt und die Dilet⸗ tantinnen durch freundlichen Rat und Belehrung, teilweiſe nach freundlicher Verſtändigung mit den Eltern, wie es der neue Direktor getan hat, beſeitigt werden, dann die Schülerzahl bedeutend zurückgeht. Deshalb wird man aber nicht, wie es Herr Stadtv. Zander tat, von der Schule ſagen dürfen, ſie gehe nicht vorwärts, ſondern ſie gehe zurück. Gegen einen ſolchen Vorwurf muß ich die Schule ſelbſtverſtändlich in Schutz nehmen. Wenn ſie in ihrer Beſucherzahl durch eine ſolche Maßnahme zurückgeht, ſo wird ſie doch in der Qualität bedeutend gehoben und die Schüler werden ihr Ziel beſſer erreichen. Das Haus iſt alſo für die Zwecke der Schule nicht zu gebrauchen. Die Schule an ſich, d. h. in ihren Leiſtungen, wird aber nicht etwa ruiniert und heruntergewirtſchaftet, ſondern wir ſind im Gegenteil beſtens bemüht, unſere Schule zu heben und vor⸗ wärts zu bringen. Nun iſt hier die Auffaſſung in die Diskuſſton hineingeworfen worden: man möge bedenken, daß kein junger Menſch, er ſei noch ſo talenwoll, auf⸗ genommen werden ſoll, der nicht zwei Jahre lang ein Handwerk erlernt hat! Das iſt ein Irrtum. Wenn Sie ſpäter die Beſtimmungen über die Auf⸗ nahme werden vorgelegt bekommen, ſo werden Sie ſehen, daß dieſe Annahme falſch iſt. Für ſolche hochbefähigten jungen Leute ſind Ausnahmen geſchaffen. Sie werden aufgenommen. Alſo auch dieſer Punkt kann zurückgewieſen werden. Woher ſchöpft nun aber der Herr Stadtverord⸗ nete die Kenntnis und die Anſicht, daß der Direktor ur Durchführung dieſes Reinigungsprozeſſes, der ich ja, wie ich wohl ſagen kann, auch auf das Lehrer⸗ kollegium mit wird erſtrecken müſſen, denn es ſind Sitzung vom 13. November 1912 manche Herren dort, die den Anforderungen nicht entſprechen, 5 Jahre gebrauchen ſoll? Mir iſt davon nichts bekannt. Ich bin überzeugt, daß wir in viel kürzerer Zeit zum Ziele kommen werden. Er meinte, das Haus könne 5 Jahre für dieſe Zwecke benutzt werden, der Beſuch würde immer geringer werden, und dann ſei es vollkommen ausreichend. Die tech⸗ niſche Seite, die ich vorhin vorgeführt habe, hat aber der Herr Stadtverordnete übergangen. Der ſchlechte Zuſtand der Mädchenfortbildungs⸗ ſchule iſt von Herrn Stadtv. Zander tatſächlich richtig charakteriſiert worden; die räumlichen Ver⸗ hältniſſe dort ſind durchaus beklagenswert, unzu⸗ länglich und wirklich der Stadt Charlottenburg nicht würdig. (Hört! hört!) Wir ſuchen aus dieſen Verhältniſſen jetzt heraus⸗ zukommen. Jedoch ſcheint mir der Vorſchlag, nun plötzlich und ohne Verzug ein Gebäude für die Mädchenfortbildungsſchule zu errichten, nicht der richtige und gangbare Weg zu ſein. Das Gebäude der Kunſtgewerbeſchule wird frei werden. Es iſt ein ſchönes, ſtattliches Gebäude, das Sie ja alle kennen, und es würde ein wünſchenswertes und vollſtändig genügendes Heim für die Mädchenfortbildungsſchule werden können. Darüber wird aber wohl nicht ſoviel Zeit vergehen, wie gefürchtet wird, am allerwenigſten wird es fünf Jahre dauern, wie es uns hier an die Wand gemalt worden iſt. Ich glaube ſagen zu dürfen, ohne mich irgendwie feſtlegen zu wollen, daß es nicht lange dauern wird, bis der Stadtverordneten⸗ verſammlung ein Organiſationsprojekt unterbreitet werden kann, und es wird ſich ermöglichen laſſen, wenn dann der nötige Eifer an den Tag gelegt wird, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit ſowohl für die Knabenfortbildungsſchule als auch für die Mädchen⸗ fortbildungsſchule Ordnung geſchaffen wird. Dabei wird allerdings die Vorausſetzung ſein, daß die Kunſtgewerbeſchule geräumt wird. Dorthin würde dann die Mädchenfortbildungsſchule verlegt werden, wo ihr genügend Räume zur Verfügung ſtehen. Vor den 54 000 ℳ, von denen hier geſprochen wurde, die aber, ſoviel ich weiß, noch gar nicht bei Ihnen beantragt ſind, iſt ſchon ein wenig gruſelig gemacht worden, weil die Räume nicht einmal zum 1. April 1913 fertiggeſtellt werden könnten. Nun, meine Herren, ich habe heute mit dem Magi⸗ ſtratsbaurat Spickendorff und den ſonſtigen beteiligten Perſönlichkeiten von neuem darüber verhandelt. Ich glaube, es wird uns gelingen, wenn wir die Kontrakte gelöſt haben, die zum größten Teil, einige zum 1. Ja⸗ nuar, andere ſpäteſtens zum 1. März kündbar ſind, dann gleich energiſch von ſeiten des Hochbauamts mit den Arbeiten zu beginnen, ſo daß wir wohl die Räume in der Mehrzahl zur rechten Zeit werden zur Verfügung ſtellen können. Herr Baunat Spicken⸗ dorff ſtellte mir auch in Ausſicht, daß uns in dieſem Falle die lange Friſt für die Gebrauchsabnahme von ſeiten der Polizei, die ſonſt gewöhnlich erſt nach 5 Monaten erfolgt, erlaſſen werden würde, weil es ſich ja hier eigentlich nur um Umbauten innerhalb des Hauſes, um die Herausnahme von Wänden uſw. handelt; er hofft, daß die Polizei in dieſem Falle von der Einhaltung der Vorſchriften über die Dauer der Austrocknungsfriſt uſw. Abſtandnehmen wird. So liegen die Verhältniſſe. Wenn nun auch mit Recht darüber geklagt worden iſt, meine Herren, daß ein ſtetes Hinaus⸗