Sitzung vom 13. Antragſteller Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Wie allgemein bekannt iſt, hat der Span⸗ dauer Berg eine ſo ſtarke Steigung, daß dort häufig Gefährte liegen bleiben, daß ſtarke Verkehrsſtörun⸗ gen infolgedeſſen eintreten und daß auch zuweilen Tierquälereien dort verübt werden. Das iſt vielfach, möchte ich ſagen, nicht die Schuld der Kutſcher; ſie können manchmal nicht anders, ſie glauben ſich am beſten ſo zu helfen, ſie ſind nicht beſſer informiert. Nach dieſer Richtung wirkt die Pferdeſchutzvereini⸗ gung von Deutſchland jetzt in der letzten Zeit ſehr ſegensreich; ſie hat auch vielfach dort einen Poſten ſtehen Ebenſo kann man der Polizei dafür danken, daß ſie am Spandauer Berg neuerdings ſehr darauf achtet, daß bei überladenen Wagen Vorſpann ge⸗ nommen reſp. abgeladen wird. Eine Polizeiverord⸗ nung, die die Grundlage dafür gibt, iſt bereits vor⸗ handen. Im § 12 der Straßenordnung für Char⸗ lottenburg vom 31. Oktober 1902 ſteht: „Die Ladung muß in richtigem Verhältnis zur Leiſtungsfähigkeit des Geſpanns ſtehen. Insbeſondere darf das Fuhr⸗ werk nicht derartig überladen werden, daß das Ge⸗ ſpann zur gehörigen Fortſchaffung desſelben unver⸗ mögend wird.“ Hier iſt ja eine gute Grundlage gegeben, und ich wäre der Letzte, der weiter nach der Polizei riefe. Das iſt auch meine Abſicht bei dem Antrage nicht geweſen, der vielleicht durch ſeine Faſſung bei man⸗ chem der Kollegen Mißverſtändniſſe ausgelöſt hat. Die Fuhrherren ſind auch nicht immer in der Lage, vorher das richtige Geſpann für die Wagen auszu⸗ wählen; ſie können manchmal gar nicht wiſſen, daß der betreffende Wagen den Spandauer Berg herauf⸗ geht. Die Wagen fahren nach verſchiedenen Bauten und bekommen vielleicht auf irgendeinem Bau die Anweiſung, ſich dorthin zu begeben. Sie können auch nicht vorher wiſſen, ob ein Schneefall eintritt. Ohne Schneefall hätte der Wagen eine ganz genü⸗ gende Beſpannung gehabt; tritt Schneefall ein, ſo genügt ſie nicht mehr. Ich glaube, man müßte noch einmal eingehend überlegen, welche Abhilfe man dieſen Schwierigkeiten und Mißſtänden bereiten kann. Mir iſt bekannt, daß vor ungefähr zehn Jahren — ich weiß nicht, ob hier in der Stadtverordnetenverſammlung oder nur im Magiſtrat — Verhandlungen in dieſer Beziehung ge⸗ ſchwebt haben. Mir iſt auch weiter bekannt, daß im letzten oder vorletzten Jahr in einer Deputation manches Wort darüber gefallen iſt. Zu einer Abhilfe hat das aber bisher nicht geführt. Eine Abhilfe wäre ja darin zu erblicken, daß ein geeigneter Vorſpann vorrätig ge⸗ halten wird; ferner in der Verringe⸗ rung der Steigung und endlich in mecha⸗ niſchen Einrichtungen. Es iſt mir geſagt worden, daß mechaniſche Einrichtungen deshalb in der Deputation abgelehnt worden ſind, weil die moto⸗ riſche Einrichtung den elektriſchen Bahnverkehr ſtören würde. Meines Erachtens wäre dieſer Gegengrund nicht durchſchlagend; denn man kann ja heutzutage gleisloſe Motoren gehen laſſen, die lediglich den Strom von Stromabnehmern erhalten, die alſo, ſo⸗ bald ein elektriſcher Wagen käme, vom Gleiſe auf die Straße hinübergingen. Soviel mir bekannt, iſt die Verminderung der Steigung am Spandauer Berg im weſentlichen wegen der Durchquerung der Stra⸗ ßenlinie durch die Sophie⸗Charlotte⸗Straße als unausführbar angeſehen. Ob das das letzte Wort in dieſer Frage ſein wird, erſcheint mir auch nicht ganz ſicher; denn der Beweis dafür, daß man derartige November 1912 409 Schwierigkeiten überwinden kann, iſt in jüngſter Zeit von Berlin bei der Ueberquerung des Bahnhofs Put⸗ litzſtraße geliefert worden. Allerdings würde es ge⸗ wiſſe Schwierigkeiten auch finanzieller Natur mit ſich bringen. Vielleicht laſſen ſich aber dieſe auch be⸗ ſeitigen. Man muß anerkennen, daß es ſehr ſchwierige Fragen ſind, die hierbei auftreten. Das gibt, glaube ich, jeder zu, der häufiger in die Gegend kommt und ſieht, wie die Fuhrwerke dort liegen bleiben, was für Störungen entſtehen und was für Folgeerſcheinungen ſich daran knüpfen. Ich möchte Sie daher bitten, heute zu meinem Antrage nicht definitiv Stellung zu nehmen, weder ihn anzunehmen noch ihn abzu⸗ lehnen. Ich möchte Ihnen vielmehr empfehlen, den Antrag einem Ausſchuſſe zu überweiſen, in dem die ganze Frage geprüft wird. Ich hoffe, daß der Magiſtrat durch ſeine Vertreter mit uns im Aus⸗ ſchuſſe zuſammenarbeiten und die Angelegenheit zu einem glücklichen Ende führen wird. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren! Es iſt zu dieſem Antrage von Herrn Kollegen Ir. Crüger mit genügender Unterſtützung ein Abänderungs⸗ antrag eingegangen, der wie folgt lautet: Der Magiſtrat wird erſucht, mit der Polizei⸗ verwaltung in Verbindung zu treten, um Maß⸗ nahmen zu treffen, die geeignet ſind, Tier⸗ quälereien beim Befahren des Spandauer Berges mit ſchweren Laſten zu verhindern. Stadtbaurat Bredtſchneider: Der Herr Antrag⸗ ſteller hat ſeinen Antrag vollſtändig geändert. Sein Antrag lautete: Der Magiſtrat wird erſucht, mit der Polizeiverwaltung in Verbindung zu treten, um Vorſpann zu ermöglichen. Nunmehr ſtellt er einen ganz andern Antrag, nämlich die Angelegenheit betr. den Verkehr am Spandauer Berg aufwärts einem Ausſchuſſe zur Beratung zu überweiſen. Ich ſelbſt habe gegen die Ausſchußberatung nichts einzuwenden, und der Magiſtrat wird ſelbſtverſtändlich ſehr gern bereit ſein, durch ſeine Kommiſſare in dem Ausſchuß mitzuwirken. Ich weiß nun nicht, ob Herr Stadw. Dr. Crüger ſeinen Antrag aufrechterhält. (Stadtw. Dr Crüger: Jal) — Ich würde dann vorziehen, zu dieſem Antrag das Wort zu ergreifen, nachdem Herr Stadtv. Dr Crüger ſeinen Antrag begründet hat. Stadtv. Gebert: Meine Herren! Der hier ge⸗ ſtellte Antrag kann doch eigentlich nur bezwecken, daß der Magiſtrat erſucht werden ſoll, die Polizeibehörde zur Herausgabe von Beſtimmungen zu veranlaſſen, wonach die Fuhrhalter, die Fuhrunternehmer ge⸗ zwungen werden, beim Befahren des Spandauer Berges Vorſpann zu ſtellen. Der Spandauer Berg iſt in den Kreiſen der geſamten Intereſſenten einer der gefürchtetſten Berge, weil ſeine Steigung intenſiv und lang ausgedehnt iſt. Jedem Fuhrherrn in Groß⸗ Berlin kommt, wenn er den Auftrag erhält, den Spandauer Berg zu lefahren, ein gelindes Grauen an, weil er weiß, daß das Befahren dieſes ziemlich ausgedehnten Berges ungeheure Anforderungen an Fahrperſonal wie an das Geſpann ſtellt. Nun iſt die Frage die: wie kommen wir den Wünſchen der Intereſſenten entgegen? Herr Kollege Stadthagen meinte, daß es vielleicht nicht möglich ſei, durch me⸗ chaniſche Einrichtungen einen Vorſpann zu ſtellen. (Widerſpruch des Stadtv. Dr. Stadthagen.)