416 Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren! Der Vorredner hat mir Vieles, ja das Meiſte ſchon vor⸗ weg genommen, was ich ſagen wollte. Trotzdem ver⸗ zichte ich nicht aufs Wort, um auch im Namen eines Teiles meiner Fraktionsfreunde zu erklären, daß wir uns mit der Vorlage nicht befreunden können. Zunächſt ſind wir gegen dieſe Art der Sub⸗ vention in Form einer Bürgſchaftsübernahme. Wir haben das letztes Jahr in drei Fällen getan: wir haben die Bürgſchaft übernommen für das Kriegervereins⸗ haus, für das Stadion und für das Krüppelheim. Nun ſollen wir das vierte Mal noch eine Bürg⸗ ſchaft übernehmen. Ein guter Kaufmann ſcheut die Bürgſchaftsübernahme. Sie ſehen auch, der Kreis Teltow hat ſich entſchloſſen, lieber eine einmalige größere Summe zu opfern, als ein derartiges ſtän⸗ diges Riſiko einzugehen. Ich glaube, in dieſem Falle iſt das Riſiko ſo groß, daß die Bürgſchaft übernehmen heißt die Bezahlungspflicht. (Sehr richtig!) Die Rentabilitätsberechnung iſt ſchon verſchie⸗ dentlich kritiſtert worden. Ich will darauf nicht näher eingehen. Ich möchte alſo nur darauf hinweiſen, daß wir auf 30 Jahre die Subvention, wie geſagt worden iſt, zu zahlen haben, d. h. wir ſollen rund eine halbe Million den Autoroſſen an die Beine binden. Es iſt die Frage, ob wir uns dazu ent⸗ ſchließen wollen und ob die dafür angeführten Gründe durchſchlagend ſind. Meine Herren, welches ſind die Vorteile, die uns der Magiſtrat aufzählt? Einmal ſoll die Staub⸗ und Geruchsbeläſtigung im Grunewald vermindert werden. Meiner Anſicht nach wird ſie erhöht werden, denn die Geruchsbeläſtigung durch die Autos auf dieſer neuen Straße greift ja gerade in die Bezirke ein, die bisher davon verſchont waren und die von den Fußgängern bevorzugt wurden, wenn Sie weiter hinaus wollen an die Havelſeen und deshalb die große Reitallee benutzen. Zweitens ſoll nicht mehr als 25 km Fahrgeſchwindigkeit auf den anderen Chauſſeen, die jetzt ſchon den Grunewald zerteilen, entwickelt werden dürfen. Dieſe Geſchwindigkeit reicht aber aus, um genügend Geräuſch und Geruch zu machen. Im ganzen Grunewald werden wir dann nur eine größere Verbreitung dieſer Beläſtigungen haben. Der Wald wird auch noch ſtärker in zwei Teile geteilt werden, als das bisher durch den Schienenweg geſchehen iſt. Weiter ſoll der Kurfürſtendamm dadurch entlaſtet werden. Herr Kollege Frentzel hat ſchon geſagt, daß er das nicht glaube. Ich möchte nur als einen Gegengrund noch anführen: diejenigen, die mit ihren Autos jetzt den Kurfürſtendamm paſſieren, ſind nicht die Leute, die es auf ſchnelles Fahren angelegt haben, die weiter in die Provinz hinauswollen, ſondern es ſind Leute, die in den benachbarten Gegenden wohnen oder ſpazieren fahren wollen. Sie werden weiter den Kurfürſtendamm benutzen, der alſo auch ſpäter die Be⸗ läſtigung haben wird. Außerdem möchte ich darauf hinweiſen, daß ein großer Teil des Kurfürſtendamms einer andern Kommune gehört und wir nur zum kleineren Teile ein direktes Intereſſe an der Ent⸗ laſtung haben. Sicher iſt aber die ungeheure Ueber⸗ laſtung der Bismarckſtraße, die ſich durch den An⸗ ſchluß an die Autoſtraße ergibt. Da möchte ich die⸗ jenigen Herren, die jemals einer Veranſtaltung auf dem Flugplatz Johannisthal beigewohnt haben, als Sitzung vom 13. November 1912 Zeugen anrufen, wie furchtbar das Herausgefahre gerade dann auf der Chauſſee nach Johannisthal iſt. Ferner wird angeführt, daß der Schnellverkehr, der eingerichtet werden ſoll reſp. den man mit ſeinem eigenen Wagen ermöglichen kann, ſo viel wert wäre. Für uns als Kommune kann er aber gefährlich wir⸗ ken, denn er erleichtert es unſeren reichen Bürgern, die gern in Villen wohnen und friſche Luft im Sommer haben wollen, ſich weit draußen an der Havel und am Wannſee anzukaufen und doch ihre Geſchäfte und ſonſtige Tätigkeit in der Stadt dadurch zu erledigen, daß ſie in ſo kurzer Zeit hierher fahren können. Die Zahl der Vororte, die Charlottenburg Konkurrenz machen, wird dadurch vermehrt. Im günſtigſten Falle werden ſolche Villenbewohner einen Doppelwohnſitz gründen, und ein Teil der Steuern wird uns damit entgehen. Daß wir durch die Nähe der Autoſtraße einen beſonderen Zuzug an Filialen und Fabriken für Autobedarf bekommen werden, erſcheint mir beſonders zweifelhaft. Jetzt ſieht man doch ſchon, daß viele der in dieſer Art benutzt geweſenen Läden leer ſtehen, obwohl doch die Döberitzer Heerſtraße auch ſchon als eine Art Autoverkehrsader gilt. Nichts deſto weniger haben manche von dieſen Autogründungen ſehr ſchlechte Geſchäfte gemacht und ſind wieder einge⸗ gangen. Warum alſo infolge der Neugründung eine Aenderung in ſolchem Maße kommen ſoll, ver⸗ mag ich nicht einzuſehen. Ebenſowenig glaube ich, daß die Eröffnung der Autoſtraße einen Strom von Fremden nach Char⸗ lottenburg ziehen wird. Wir haben ſchon früher da⸗ von geſprochen, daß der Zufluß von Fremden mehr nach der Mitte Berlins geht und die Linden, die Leipziger Straße, die Friedrichſtraße bevorzugt. Ich glaube daher nicht, daß die Autoſtraße ein ſo beſon⸗ derer Anziehungspunkt ſein wird, um gerade nach Charlottenburg den Fremdenſtrom zu lenken. Daß nun dieſe Straße, die geradlinig durch ziemlich dürf⸗ tige Kiefernbeſtände neben der Eſenbahn 9½ km hin und dann dicht dabei wieder 9½ Im zurück geht, einen derartigen Schmuck der Hauptſtadt und des Waldes bilden ſollte, wie die Vorlage ausmalt, will mir nicht einleuchten. Wenn geſagt wird, daß man durch gärtneriſchen Schmuck die Anlage ſchön machen will, ſo bin ich der Meinung, daß man für eine Auto⸗ ſtraße, für welche eine ſo ſchnelle Gangart vorgeſehen iſt, mehr an Raſen denken ſollte. Dann wird uns gewiſſermaßen gedroht: wenn wir uns nicht willig zeigen, dann würde die Polizei⸗ verordnung nicht erlaſſen werden, die den Königsweg vor dem Durchgangsverkehr ſchützen ſolle. Meine Herren, ich kann mir nicht denken, daß von unſeren Behörden, insbeſondere unſeren Staatsbehörden, der gute preußiſche Grundſatz, daß ohne Anſehen der Per⸗ ſon und des Geldſacks Verfügung darüber getroffen wird, was richtig und im allgemeinen Beſten gelegen iſt, verlaſſen werden ſollte. Das wäre jedenfalls kein Ruhmesblatt für unſere Gemeindeverwaltung, wenn wir darauf drücken wollten, uns durch eine Beteili⸗ gung an dem Aktienunternehmen die Gunſt der Be⸗ hörden zu verſchaffen, um eine Polizeiverordnung zu unſerm Vorteil herauszubringen. Iſt es nötig, den Königsweg zu entlaſten, iſt das im allgemeinen Wohl begründet, ſo muß die Polizei die Verfügung geben, einerlei, ob wir uns beteiligen oder nicht. Meine Herren, ich gebe zu, daß eine Autoſtraße für Schnellverkehr, für Probe⸗ und Wettfahrten im Intereſſe einer ſo großen Zentrale wie Groß⸗Berlin