420 Sigung vom 13. angenommen, daß wir notgedrungen handeln müſſen, um dem, was wir nicht aufhalten können, wenigſtens Wege zu weiſen, die die Gefahren, die Unbequemlichkeiten und Beläſtigungen, unter denen wir in der Großſtadt zu leiden haben, ausſchließen. Nun, meine Herren, was ſoll denn die Auto⸗ mobilſtraße? Namentlich der letzte Redner ſcheint ſich über ihre Bedeutung nicht klar geworden zu ſein. Es iſt ein großer Uebelſtand, daß ſowohl die Uebungs⸗ fahrten für die Chauffeure wie auch die Probefahrten der neuerbauten Wagen bei uns in allen Straßen vorgenommen werden. Es bewegen ſich dort ungeübte Chauffeure mit ihren Wagen — ich habe ſie in den ſtillſten wie in den lebhafteſten Straßen beobachtet — und gefährden das Publikum. Der Fußgänger iſt immer in Gefahr, durch einen ungeübten Chauffeur überfahren zu werden. Und die Fabriken, die neue Wagen bauen, müſſen ſie natürlich ausprobieren, wo⸗ bei ſie große Schnelligkeiten einhalten müſſen. Für dieſe Probefahrten beſteht heute keine beſondere Straße, ſondern alle unſere Verkehrswege werden hierzu benutzt. Darin liegt eine große Gefahr für den übrigen Verkehr in den Straßen, die zweifellos beſeitigt werden muß, und je ſchneller wir das tun, je ſchneller wir dieſem Automohil⸗Uebungsverkehr eine Straße anweiſen, auf der er ſich austoben kann, deſto beſſer iſt es. Ich möchte noch eins hinzufügen. Die Chaſſis — ich glaube, ſo heißen ſie wohl — nutzen unſer Straßenpflaſter koloſſal ab. Das werden auch die⸗ jenigen von Ihnen, meine Herren, die nicht Auto⸗ mobiliſten ſind, bereits gehört haben. Die dadurch verurſachte Unterhaltung unſerer Straßen koſtet uns jährlich eine große Summe Geldes; ſie wird dadurch erheblich verteuert. Alle dieſe Probefahrten und das Einfahren der Chaſſis ſoll nun auf dieſe Straße ver⸗ wieſen werden. Meine Herren, ebenſo wie vor kurzem erſt der Gedanke aufgekommen iſt, daß wir in Groß⸗Berlin überhaupt Ausfallſtraßen einrichten müſſen, ſo werden wir auch dazu übergehen müſſen, Ausfall⸗ ſtraßen zu gründen, die ausſchließlich dem Automo⸗ bilverkehr überwieſen werden. Nach dem Weſten zu beſteht zur Zeit der größte Andrang aller Automo⸗ bile, die überhaupt in Groß⸗Berlin vorhanden ſind. Jeder, der ſpazieren fahren will, fährt nach Weſten zu, weil dort die größten Straßen und ſchöne Wälder bis nach Potsdam hin und darüber hinaus vorhanden ſind. Alles drängt ſchon heute nach dem Weſten hin; die Leute kommen dabei mit Freuden durch die Bismarckſtraße gefahren. Wir werden, wenn wir das ſo laſſen, wenn wir die Automobilſtraße nicht bauen, daran nichts ändern. Unſere Bismarckſtraße iſt ge⸗ baut, um einen großen Verkehr aufnehmen zu kön⸗ nen, und ſie wird von allen Automobilfahrern Groß⸗ Berlins gern aufgeſucht. Dasſelbe gilt von unſerem Kurfürſtendamm; auch dieſe Straße wird meines Erachtens ſchon derartig frequentiert, daß ſie bereits anfängt, keine Wohnſtraße mehr zu ſein; es iſt eine Tummelſtraße für den Schnellverkehr der Automo⸗ bile, und das iſt ein Uebel. Meine Herren, wenn wir nicht einſchreiten, wird auch Weſtend, wohin die Leute, die nicht nur gute Luft, ſondern auch Ruhe ſuchen, gern anziehen, in ſeinen Straßen eine ſolche Unruhe bekommen, daß wir dort ſchließlich die Be⸗ wohner nicht mehr halten können. Das ſind alles Bedenken, die wir hierbei erwägen müſſen, und wenn man das tut, wird man die Frage, ob wir etwas tun müſſen, um dieſen Unzuträglichkeiten vorzubeugen, unbedingt mit Ja beantworten müſſen. November 1912 Meine Herren, ich bin ſchon auf die Frage ein⸗ gegangen, wie es augenblicklich iſt. Den Wagen⸗ verkehr ändern wir, wie wir geſehen haben, nicht mehr; auch den Zuzug der Automobile werden wir nicht mehr hindern können. Wie iſt es nun mit dem Grunewald? Der Zweckverband iſt gegründet und ſoll, getragen von der Sympathie aller Groß⸗Ber⸗ liner, den Grunewald kaufen. Ja, meine Herren, nutzt uns denn der Grunewald etwas, wenn das Automobilunweſen im Grunewald ſo zunimmt, wie das in den letzten Jahren der Fall iſt! Ich kann Ihnen nur ſagen: meine Erfahrung geht dahin, daß man heute im Grunewald an einem ſchönen Sommertage nicht mehr ſpazieren gehen kann, um ſich an der Natur zu erfreuen. (Widerſpruch.) Man muß ſich überall über die koloſſalen Staub⸗ wolken ärgern, die ſchon e in Automobil allein auf⸗ wirft und die an einem ſchönen Sommertage auf der Chauſſee haften bleiben. Man bewegt ſich Minuten, ja Viertelſtunden hindurch in einer Staubwolke. Meines Erachtens wird der Naturgenuß im Grune⸗ wald durch den Automobilverkehr koloſſal beeinträch⸗ tigt und mit der Zeit immer mehr beeinträchtigt werden. Deshalb tut es not, daß wir den Auto⸗ mobil ſchnell verkehr irgendwie ausſchalten, da wir ſonſt an dieſem Waldgebiet nur wenig Freude erleben werden. Wir können alſo die Dinge unter keinen Umſtänden ſo laufen laſſen wie jetzt, wir müſſen ſie ändern. Nun, meine Herren, die Charlottenburger Vor⸗ reile! Die Vorteile können wir natürlich nur er⸗ reichen und haben wir auch im Vertragsentwurf nur deswegen erzielt, weil wir geſagt haben, daß wir uns an dieſer Anlage beteiligen wollen. Denn wenn wir uns von der Aufbringung der notwendigen Summe ernhalten, wird man über uns zur Tagesordnung übergehen, und wir haben doch gerade für die Be⸗ ruhigung von Straßenzügen einzelner Wohnquartiere hervorragende Vorteile erreicht. Wir haben es durch⸗ geſetzt, daß uns zugeſagt worden iſt, es würde für den Königsweg am Lietzenſee, alſo für den dort neu hinzugekommenen Stadtteil, eine Polizeiverordnung erlaſſen werden, die das Befahren dieſer Straßen mit Automobilen verbietet, wodurch die für das Be⸗ wohnen dieſes Stadtteils notwendige Ruhe dort ge⸗ ſichert iſt. Auf Weſtend habe ich ſchon hingewieſen. Die Ausgeſtaltung der ganzen Automobil⸗ ſtraßenanlage iſt ferner nur dadurch erreicht worden, daß wir unſere Beteiligung zugeſagt haben. Wir haben es durchgeſetzt, daß die Straße dort, wo es möglich iſt, bis auf 70 m verbreitert wird. Wir haben ferner verlangt, daß die Straße als Wal d⸗ ſt ra ße angelegt wird. Zunächſt war geplant, daß ſie mit kahlen Zäunen eingefriedigt werden ſollte. Das wäre natürlich eine wenig ſchöne Anlage ge⸗ weſen. Jetzt wird ſie als Waldſtraße mit gärtneriſchen Anlagen ausgeſtattet werden. Und, meine Herren, ſie wird eine öffentliche Straße auch für den Fall bleiben, daß die 30 Jahre ablaufen. Der Fiskus hat ſich bereits verpflichtet, dieſe Straße als öffentliche Straße beſtehen zu laſſen. Das iſt eben⸗ falls ein Vorteil. Weiter iſt darauf hinzuweiſen, daß wir für die Straße, an deren Verwaltung wir ja nicht beteiligt ſind, ſonſt weiter keinen Pfennig aus⸗ zugeben brauchen. Nun iſt unſer Vorſchlag bemängelt worden, die Unterſtützung in Form einer Garantie zu ge⸗