422 Stadtv. Dr Crüger: Meine Herren! Der An⸗ trag iſt von meinen Freunden unterſtützt worden; ich lege aber Wert darauf, hier feſtzuſtellen, daß die Anregung dazu von den Herren der ſozialdemokra⸗ tiſchen Fraktion ausgegangen iſt. Es wäre uns eine ganz beſondere Freude geweſen, auch noch einige Stunden für dieſe wichtige Sache zuſammenzubleiben. (Bravo!) Stadtv. Dr. Landsberger: Meine Herren! Ich verſtehe, daß man bei der vorgerückten Stunde einen ſolchen Antrag ſtellen kann, muß aber andererſeits zugunſten der Weiterführung der Verhandlungen ſagen, daß die Materie ſo genügend vorbereitet und jedem einzelnen von Ihnen ſo gut in der Erinnerung iſt, daß ich glaube, wir würden heute in nicht zu langer Zeit darüber ſchlüſſig werden können. Stadtv. Zietſch: Die Feſtſtellung des Herrn Kollegen Crüner, daß es gerade meine Freunde ge⸗ weſen ſeien, die dieſen Vertagungsantrag angeregt halen, kann doch wohl nur aus dem Gedanken ent⸗ ſprungen ſein, für die Zukunft feſtzuſtellen, daß die Herren Liberalen keine Verſchleppungspolitik mit der Arbeitsloſenfürſorge haben treiben wollen. In der Aeußerung dieſes Gedankens liegt ſo etwas wie der Verdacht, daß wir in illoyaler Weiſe die heutige Ver⸗ tagung gegen die Herren von der liberalen Fraktion einmal geltend machen würden. Ich glaube, es nicht nötig zu haben, mich hier gegen eine ſolche Illovalität zu verwahren. (Zurufe) — Ja, ſonſt hätte doch dieſe Erklärung des Herrn Kollegen Crüger gar keinen Zweck gehabt; denn es iſt ausdrücklich von mir bemerkt worden, daß unter dieſem Vertagungsantrag die Unterſchriften ſämt⸗ licher Fraktionsvertreter ſtehen, und wir, als die An⸗ reger dieſes Vertagungsantrages, haben ſeine Be⸗ gründung übernommen. Zum andern möchte ich Herrn Kollegen Lands⸗ berger gegenüber betonen, daß, wenn er glaubt, die Sache ſei genügend geklärt, uns das auf Grund dieſer Vorlage doch nicht der Fall zu ſein ſcheint; denn wenn eine allgemeine Klärung vorhanden wäre, würde eine ſolche Vorlage nicht zuſtande gekommen ſein. (Na, nal) Stadtv. Dr Crüger: Sollte Herr Kollege Zietſch wirklich erraten haben, was er uns einſtmals entgegenhalten könnte? Im übrigen aber ſind wir durch die Erfahrungen mit den Herren von der ſozialdemokratiſchen Fraktion gewitzigt genug, um allerdings die nötige Vorſicht bei jeder Gelegenheit walten zu laſſen. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Freunde haben ſich der Vertagung angeſchloſſen. Für uns war die Entſcheidung eine ſehr leichte, denn wenn zwei große Fraktionen des Hauſes eine Vertagung wünſchen, Sitzung vom 13. November 1912 brauchen wir nach den einzelnen Gründen überhaupt nicht zu fragen. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Stadtv. Zietſch: Ich will nur bemerken, daß mir der Standpunkt des Herrn Kollegen Dr Stadt⸗ hagen diesmal außerordentlich verſtändig zu ſein ſcheint. (Heiterkeit.) Zum andern möchte ich aber Herrn Kollegen Dr Crüger ſagen: man ſucht niemand hinter dem Buſch, wenn man nicht ſelbſt dahinter ſteckt. (Heiterkeit.) Stadtv. Dr Crüger: Ich habe niemand geſucht; es iſt ja Herr Kollege Zietſch geweſen, der geſucht hat. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Stadtv. Zietſch: Ich konſtatiere der letzten Be⸗ merkung des Kollegen Dr Crüger gegenüler nur, daß, wenn Herr Kollege Dr Crüger niemand geſuch: haben will, er dann ein außerordentliches Geſchick hat, jemand zu finden, wo er überhaupt niemand zu ſuchen hatte. (Heiterkeit.) (Die Verſammlung beſchließt, die Beratung der Vorlage betr. Maßregeln zur Bekämpfung der Folgen unfreiwilliger Arbeitsloſigkeit zu vertagen.) Vorſteher Kaufmann: Meine Herren! Es iſt von Herrn Kollegen Dr. Liepmann und einer Anzahl ſeiner Freunde folgende Anfrage eingegangen: 1. Wann iſt die ſo notwendige Anlage des Bahn⸗ hofs Witzleben zu erwarten? 2. Iſt die Zeitungsnachricht richtig, daß zur An⸗ legung des Bahnhofs Witzleben entgegen der Vorlage vom 14. Januar 1910 betr. Erwerb des Baublocks am Lietzenſee die Gemeinde noch zum Beitrag herangezogen werden ſoll? Wo⸗ rauf begründet ſich dieſe Verpflichtung ange⸗ ſichts des Umſtandes, daß die beiden Geſell⸗ ſchaften: Terrainaktiengeſellſchaft Park Witz⸗ lelen und die Neu⸗Weſtend⸗Aktiengeſellſchaft ſeinerzeit je die Hälfte der Koſten übernommen hatten? Ich werde die Anfrage dem Magiſtrat herüber⸗ geben. Sie wird auf die Tagesordnung kommen, ſo⸗ bald dortſeitig erklärt wird, wann ſie beantwortet werden ſoll. Meine Herren, der Einſpruch gegen Punkt 19 a der Tagesordnung iſt zurückgezogen worden. Es liegen alſo keinerlei Einwendungen gegen die Vor⸗ ſchläge des Wahlausſchuſſes mehr vor. Das Protokoll der heutigen Sitzung bitte ich die 2 2 Kollegen Ahrens, Becker und Braune zu voll⸗ ziehen. Damit ſchließe ich die öffentliche Sitzung. (Schluß 9 Uhr 37 Minuten.)