424 Sitzung vom 4. Als Beiſitzer walten die Stadtv. Herren Kollegen Dunck und Ruß. Herrn Kollegen Ruß bitte ich, die Rednerliſte zu führen. Entſchuldigt ſind die Stadtv. Herren Becker, Bergmann, Dr Flatau, Jachmann, Klau, Lehmann, Marzahn und Mosgau. Ausgelegt werden ein Einbürgerungsgeſuch, ſechs Ehrenkarten zum Stiftungsfeſte des Lehrlingsheims „Jugendklub“ am 7. d. M., dann der Jahresbericht des Ruderklubs Titania für 1911/12 und endlich ein Dankſchreiben des Herrn Oberbürgermeiſters Mat⸗ ting in Breslau aus Anlaß des Beſchluſſes der ſtädti⸗ ſchen Körperſchaften, ihn für das Rathaus malen und eine Kopie des Bildes ſeiner Familie überweiſen zu laſſen. Vor der Tagesordnung wünſcht Herr Stadtrat Caſſitrer das Wort zu einer Mitteilung. Stadtrat Caſſirer: Meine Herren! Namens des Magiſtrats muß ich Ihnen die Mitteilung machen, daß auf unſerer Gasanſtalt II in der Gaußſtraße ein Teil des Kohlenlagers durch Selbſtentzündung in Brand geraten iſt. Ich darf als bekannt vorausſetzen, daß Kohlen durch Lagerung erhitzen. Aber gerade in dieſem Jahre iſt es auffallend, daß dieſe Erhitzung eingetreten iſt, einmal weil wir ein ganz friſches Koh⸗ lenlager haben und dann weil wir zum allergrößten Teil engliſche Kohlen zu Lager gebracht haben — vier Fünftel des Quantums , Kohlen, die eigentlich nicht zur Selbſtentzündung neigen. Wir haben wegen der Gefahr der Selbſtentzündung weſtfäliſche Kohle, mit welchen wir ſchlechte Erfahrungen gemacht haben, von der Lagerung gänzlich ausgeſchloſſen. Ein Mittel, die Erwärmung der Kohle vollſtän⸗ dig zu vermeiden, gibt es nicht. Von dem früheren Verfahren, durch Holzſchächte eine Entlüftung, eine Zirkulation der Luft hervorzubringen, iſt man abge⸗ kommen, weil dieſes Verfahren eher eine Erhöhung der Gefahr, als eine Verminderung derſelben in ſich birgt. Das einzige Mittel, ſich vor Schaden zu ſchützen, beſteht darin, daß man eine ganz genaue Be⸗ obachtung der Temperatur der Kohlen vornimmt. Zu dieſem Zwecke haben wir in unſerm Kohlenlager eiſerne Röhren eingebaut, im Durchmeſſer von etwa 4 Zentimeter. In dieſen Röhren befinden ſich Ther⸗ mometer, die täglich zweimal abgeleſen werden. Wir haben die Beobachtung gemacht, daß die Kohlentem⸗ peraturen in dieſem Jahre höher als in anderen Jahren geweſen ſind. Wir führen das darauf zurück, daß die Kohlen während des Juli und Auguſt zur Anlieferung gelangt ſind, zu einer Zeit, wo wir faſt täglich große Regengüſſe gehabt haben; bei der ver⸗ hältnismäßig hohen Tagestemperatur haben ſich in den Kohlenteufen Gaſe entwickelt, welche ihre Wärme auf die Kohlen übertragen haben; dadurch iſt wahr⸗ ſcheinlich die Selbſtentzündung hervorgerufen worden. Das einzige Mittel, um dieſem Uebel zu begegnen, iſt das Auseinanderreißen der Kohlen. Dazu haben wir eine ſehr gute Vorrichtung in unſerm mechaniſchen Greiferſyſtem. An allen den Stellen, wo ſich eine Er⸗ wärmung zeigt, gehen wir mit dem Greifer hinein und verarbeiten ſofort die Kohlen. So ſind wir auch in den letzten Wochen vorgegangen. In den letzten Tagen hat ſich jedoch die Erwärmung geſteigert, es ſind an verſchiedenen Stellen Rauchwolken aufge⸗ treten, und an einzelnen iſt auch die helle Flamme zu ſehen. Dadurch tritt eine Entwertung der Kohle ein. Wir haben uns infolgedeſſen mit den Feuerverſiche⸗ rungsgeſellſchaften in Verbindung geſetzt, da wir gegen Dezember 1912 derartigen Schaden verſichert ſind. Unſere Kohlen ſind mit 1 400 000 M. ausreichend verſichert. Die Vertreter der Feuerverſicherungsgeſellſchaften ſind heute in der Gasanſtalt geweſen; ſie haben eine Be⸗ ſichtigung vorgenommen und haben ſich mit unſeren Maßnahmen vollſtändig einverſtanden erklärt Wie groß der Schaden ein wud, läßt ſich n Augenblick noch nicht überſehen. Jedenfalls darf ich die eine Erklärung abgeben, daß dieſer Kohlenbrand auf die Qualität des Gaſes oder der Nebenprodukte, namentlich auf den Koks, keine ungünſtige Einwir⸗ kung ausüben wird. Es wird eine geringere Ausbeute erzielt, ein geringerer Erlös; für dieſen geringeren 94% werden wir uns durch die Verſicherung ſchadlos alten. Meine Herren, wenn ich Ihnen in dieſem Augen⸗ blick auch nicht die Höhe des Schadens angeben kann, ſo habe ich es doch für nötig gehalten, ſchon jetzt dieſe Mitteilung zu machen, damit nicht etwa durch über⸗ triebene Gerüchte Sie hier oder die Oeffentlichkeit be⸗ unruhigt wird. Dazu liegt nicht die geringſte Ver⸗ anlaſſung vor. Gegen jeden materiellen Schaden ſind wir durch die Verſicherung gedeckt. Irgendwelche andere Schäden für die Geſundheit oder das Leben unſerer Arbeiter oder für den Betrieb der Anſtalt ſelbſt ſind nicht zu befürchten. Wir haben auch den Direktor der Feuerwehr hinzugerufen, der eine In⸗ augenſcheinnahme vorgenommen hat: auch er hat ſich mit unſeren Maßnahmen vollſtändig zufrieden ge⸗ geben, ſo daß ein Eingreifen der Feuerwehr ſelbſt nicht notwendig iſt. Ich bitte, von dieſer Mitteilung Kenntnis zu nehmen. Vorſteher Kaufmann: Die Verſammlung nimmt von dieſer Mitteilung Kenntnis. Dann können wir in die Tagesordnung eintreten. Ich bitte ums Wort zu einem andern Punkt!) — Vor der Tagesordnung geht das nicht. Wenn Sie einen Gegenſtand, der nicht auf der Tagesordnung ſteht, anregen wollen, ſo würde ich bitten, mir einen entſprechenden Antrag einzureichen. Der Magiſtrat hat jederzeit das Wort, wenn er es zu haben wünſcht. Zu einem andern Gegenſtande kann ich Ihnen vor der Tagesordnung das Wort nicht geben. Wir treten alſo in die Tagesordnung ein. Ich möchte die Herren gleich zu Beginn der Verhandlung bitten, Ihre Aufmerkſamkeit recht ſehr den Gegen⸗ ſtänden zuzuwenden, damit wir die Tagesordnung möglichſt heute erledigen können; andernfalls wäre ich genötigt, zum nächſten Mittwoch eine Sitzung anzuberaumen, da wir ſonſt in dieſem Jahre unſere Geſchäfte nicht mehr zu Ende bringen. Ich richte alſo die Bitte an Sie, wenn es irgend geht, die Er⸗ örterung bei den einzelnen Punkten nicht über Ge⸗ bühr auszudehnen; ich möchte Ihnen und mir eine neue Sitzung am nächſten Mittwoch erſparen. (Stadtv. Jacobi: Punkt 1 der Tagesordnung: Mitteilung betr. Verwaltungsbericht für 1911. — Druckſache 314. Stadtv. Jacobi: Meine Herren! Ich möchte mir erlauben, den Magiſtrat um eine Aufklärung darüber zu bitten, was aus der D⸗Linie bei den Ver⸗ handlungen mit der Straßenbahn geworden iſt. —