Sitzung vom 4. Dezember 1912 wenn ein Verſuch mit einem derartigen Vorſpann in der Weiſe gemacht würde, daß die Stadt ſich mit einem Fuhrunternehmer ins Einvernehmen ſetzte und dieſen dazu veranlaßte. Einſtimmigkeit herrſchte darüber, daß es nicht etwa in Frage kommen könnte, daß die Stadt dieſen Vorſpann zu bezahlen hätte, denn dann würden die Verhältniſſe nicht beſſer, ſondern ſchlechter werden. Dagegen muß die Stadt ein ge⸗ wiſſes Riſiko für die kurze Zeit von etwa einem hal⸗ ben Jahre, wo der Verſuch zu machen wäre, über⸗ nehmen. Es wurde der Wunſch ausgeſprochen, daß der Verſuch namentlich im Winter gemacht werden ſollte. Dieſes Riſiko würde ſich aber in keinem Fall zu einer hohen Summe auswachſen können. Dement⸗ ſprechend wurde ein dahinzielender Antrag ange⸗ nommen. Weiter wurde von vielen Seiten die Meinung ausgeſprochen, daß die Polizei nicht genügend ein⸗ griffe. Es wurde zwar zugegeben, daß ein Schutzmann dort hin und wieder ſtände. Dieſer könnte aber nicht überall für die nötige Ordnung ſorgen. Außerdem befände er ſich in einer gewiſſen Schwierigkeit inſo⸗ fern, als eben Vorſpann vielfach nicht da wäre. Dieſe Schwierigkeit würde ja durch den vorhin be⸗ rührten Antrag beſeitigt werden. Es wurde dann darauf hingewieſen, daß die ganzen Polizeivorſchrif⸗ ten doch mehr auf den gewöhnlichen Straßenverkehr ohne Steigung baſiert wären, als auf dieſe Stelle, und daß es wünſchenswert wäre, wenn die Polizeiverord⸗ nungen nach dieſer Richtung hin ergänzt würden. Die Anſichten darüber waren allerdings geteilt, ob nicht die jetzige Faſſung der Polizeiverordnungen das ſchon genügend träfe. Jedenfalls wurde auch von einer Seite ſehr dringend gewünſcht, daß die Polizeiver⸗ ordnungen möglichſt dahin ergänzt würden, daß die etwaigen Vorſpannkoſten nicht den Kutſchern, ſondern den Fuhrherren zur Laſt fielen. Ob ſich das ermög⸗ lichen läßt, iſt ja eine ſehr große Frage. Sodann wurde noch im Ausſchuß die Frage einer Ablenkung des Verkehrs erörtert. Einſtimmig⸗ keit herrſchte unter den Stadtverordneten, die im Ausſchuß waren, darüber, daß ſich eine Ablenkung nach dem Kaiſerdamm in keinem Fall empfehlen würde. Der Kaiſerdamm ſoll nicht noch mehr mit Laſtwagen belegt werden, als es ſchon der Fall iſt. Die Frage, ob man eine Entlaſtung zu gewärtigen hätte durch eine Ueberführung der Bahn an der Chriſtſtraße, wurde als noch nicht genügend geklärt betrachtet. Andererſeits iſt es wohl eher zu erwarten, daß die Verlängerung der Knoöelsdorff⸗ ſtraße über die ſogenannte Schwarze Brücke herüber an der Epiphanienkirche vorbei in abſehbarer Zeit zur Ausführung gelangt. Dort werden allerdings die Verhältniſſe auch nur etwas günſtiger liegen; wäh⸗ rend die Steigung am Spandauer Berg 1:30 be⸗ trägt, würde ſie dort nur 1:38 betragen. Meine Herren, der Ausſchuß empfiehlt Ihnen daher, die auf Seite 414 der Druckſachen vorliegenden Anträge, die ich wohl nicht zu verleſen brauche. Ich empfehle die Annahme dieſer Anträge, indem ich noch zu dem letzten bemerke, daß man davon ausgegangen iſt, daß die Einrichtung einer obligatoriſchen Fahr⸗ und Fachſchule natürlich nur im Zuſammenhange mit Groß⸗Berlin von Wirkſamkeit ſein könnte und daß nicht etwa Charlottenburg allein ein derartiges Erperiment machen ſoll. Stadtu. Gebert: Meine Herren! Was die Er⸗ richtung einer Fahr⸗ und Fachſchule betrifft, die hier 431 vom Ausſchuß gewünſcht wird, ſo können wir, glaube ich, ohne weiteres dieſe Frage ſelbſt erledigen, ohne uns an Groß⸗Berlin zu wenden. Die Verhältniſſe zeigen uns jeden Tag deutlich, daß an den Wagen⸗ lenker oder an den Führer eines Gefährts große An⸗ ſprüche geſtellt werden. Der Vertehr iſt nicht mehr ſo, wie er vielleicht vor zwanzig, dreißig Jahren war. Die Straßen haben ein ganz anderes Bild bekommen. Der Beirat des reichsſtatiſtiſchen Amtes hat in den Jahren 1902 bis jetzt eine außerordent⸗ liche Arbeit geleiſtet; er hat feſtgeſtellt, daß der Schutz und die Ausbildung der in Betracht kommen⸗ den Arbeiter ſehr vernachläſſigt werden, daß aber anderſeits die Aufgabe ſein müſſe, die Bildung dieſer Leute zu heben. Es war mir ſehr angenehm, von dem Herrn Stadtbaurat im Ausſchuſſe zu hören, daß die Führer und Lenker der Fuhrwerke in ihrer Bildung ziemlich weit zurück ſeien — allerdings für eine Stadt wie Charlottenburg immerhin ein ſehr bedauer⸗ licher Vorwurf, ein Zeichen, daß wir in bezug auf die Fortbildung mehr tun müſſen, als wir bisher getan haben. In bezug auf die Einrichtung von Fachſchulen muß konſtatiert werden, daß derartige Inſtitute in neuerer Zeit außerordentlich ſtark von verſchiedenen Städten in Deutſchland propagiert und gefördert werden; ſelbſt kleine Provinzialſtädte nehmen in letzter Zeit dazu Stellung, und wir können ebenfalls konſtatieren, daß die Erfolge außerordentlich gut ge⸗ weſen ſind. Meine Herren, für Groß⸗Berlin haben wir bereits eine Fahr⸗ und Fachſchule, die aller⸗ dings in privaten Händen liegt, die man alſo nicht als eine obligatoriſche Schule anſprechen kann. Wir wünſchen jedoch, daß der Beſuch einer ſolchen Schule obligatoriſch ſein muß, und wir denken uns die Sache ſo, daß derjenige, der ein Fuhrwerk lenken und leiten will, unbedingt nachweiſen muß, daß er die Fahr⸗ und Fachſchule beſucht und dort gewiſſermaßen ſein Examen beſtanden hat. Das wird nicht nur für die Lenker von Pferdefuhrwerken, ſondern auch für die Führer von Automobilen und ſonſtigen mechaniſch betriebenen Fuhrwerken von außerordentlicher Be⸗ deutung ſein. Meine Herren, wir hatten uns ja erſt kürzlich hier mit der Frage der Schaffung einer Automobil⸗ bahn, die gleichzeitig auch als Lehrbahn benutzt wer⸗ den ſollte, zu beſchäftigen; die hierauf bezügliche Vor⸗ lage ſchlummert ja noch im Ausſchuß. Aus dieſer Vorlage ſchon ergibt ſich ohne weiteres die Not⸗ wendigkeit, doch nun einmal der Frage der Fahr⸗ und Fachſchule näher zu treten. Wenn wir uns in Charlottenburg abends nach §8 Uhr auf den Straßen bewegen, werden wir feſtſtellen müſſen, daß die Schwerfuhrwerkskutſcher noch ſtark in Tätigkeit ſind. Dieſe außerordentlich lange ausgedehnte Beſchäfti⸗ gung, die in der Woche im Durchſchnitt 100 Stunden beträgt, führt auch dazu, daß das Benehmen der Führer und Lenker nicht ſo höflich iſt, wie es vielleicht ſein könnte. Aber auch darauf könnte in der Fahr⸗ und Fachſchule Gewicht gelegt werden, ſo daß auch dieſe Leute es lernen, mit ihren Nebenmenſchen in geſitteten und anſtändigen Formen zu verkehren. Ich bitte Sie, den Antrag des Ausſchuſſes anzu⸗ nehmen. Soweit ich informiert bin, ſoll oder will ja wohl der Magiſtrat ſich bereits mit dieſer Frage be⸗ ſchäftigt haben. Wir brauchen nicht ſo lange zu warten, bis eines guten Tages Groß⸗Berlin oder Berlin ſelbſt dieſe Frage in die Hand nimmt, ſon⸗ dern wir können das ohne weiteres von uns aus ins Leben rufen. Je eher wir das tun, deſto eher werden