440 ja gerade vom Standpunkt der Verſicherung aus eine perſicherungstechniſche, eine fundamentale Voraus⸗ ſetzung, daß man ein ſolches Gebiet nimmt, von dem man ſagen kann: innerhalb dieſes Gebietes findet ein gewiſſer Austauſch der Riſtken ſtatt. Je kleiner aber dieſes Gebiet iſt, deſto geringer iſt doch dieſer Aus⸗ tauſch der Riſiken. Ich meine, da liegt es doch voll⸗ ſtändig auf der Hand, daß in der Vorlage von einer verſicherungstechniſchen Grundlage für die Arbeits⸗ loſenverſicherung gar keine Rede ſein kann; ſondern wenn man überhaupt daran glaubt, daß die Arbeits⸗ loſenverſicherung gelöſt werden kann, ſo kann eben nur das einheitliche Groß⸗Berliner Wirtſchaftsgebiet genommen werden, denn nur auf dieſem Gebiet, in dieſem Rahmen können Verſuche angeſtellt werden, die Verſicherung durchzuführen. Aber auch hier bin ich der feſten Ueberzeugung, daß es zu einer Ver⸗ ſicherung im techniſchen Sinne wahrſcheinlich auch nicht kommen wird; es wird im weſentlichen immer nur die Unterſtützungskaſſe übrig bleiben. Zunächſt aber haben wir es hier ja mit einer Charlottenburger Vorlage zu tun, und da kann ich nur wiederholen, daß nach meinem Dafürhalten gerade alle die Mitglieder der Charlottenburger Stadtverordnetenverſammlung, die das vergangene Mal Anſtoß daran genommen haben, daß dieſe Ver⸗ ſicherung zum großen Teile aufgebaut, zum mindeſten angelehnt iſt an die freie Gewerkſchaft, heute auch nach Abänderung der Vorlage keine Urſache haben, ſich ihr günſtig gegenüberzuſtellen. (Sehr richtig!) Nein, im Gegenteil! Ich bin ſogar der feſten Ueber⸗ zeugung, daß dieſe heute allen Grund haben, ent⸗ ſchieden gegen die Volage zu ſein. (Sehr richtig!) Durch den Abſchnitt über die Geſamtwerſicherung wird die Subvention im ganzen der betreffenden Gewerk⸗ ſchaft gegeben. Das wird nun der regelmäßige Fall ſein. Die Gewerkſchaft, der Gewerkverein oder was es ſonſt iſt, verwaltet den Betrag dann, — ich will natürlich nicht ſagen, nach Willkür, denn irgend⸗ welche Kontrollbeſtimmungen können vorgeſehen werden. Aber beſtimmte Kontrollbeſtimmungen im Rahmen der Arbeitsloſenverſicherungskaſſe ſind nicht gegeben, ſondern Artikel 9 und folgende ſind ſogar ſo gehalten, daß auf jede Kontrollbeſtimmung voll⸗ ſtändig verzichtet werden kann. Ich faſſe alſo meine Anſicht dahin zuſammen: Artikel 9 bis 14 müſſen für die meiner politiſchen Freunde, in deren Namen ich geſprochen habe, un⸗ annehmbar ſein; wir würden unter allen Umſtänden für die Beſeitigung dieſer Artikel ſein. Mit Rückſicht darauf aber, daß der Magiſtrat uns wiederholt er⸗ klärt hat, daß gerade dieſer Abſchnitt der wichtigſte Beſtandteil der Vorlage ſei, und der Magiſtrat dann wahrſcheinlich auf den übrigen Teil der Vorlage keinen Wert legen würde, ſind wir für Ablehnung der Vorlage. (Bravo!) Stadtv. Dr Stadthagen: Meine Herren! Die negative Haltung der ſozialdemokratiſchen Fraktion würde meine Freunde nicht abhalten, für die Vorlage zu ſtimmen, wenn wir ihr aus allgemeinen, aus ſachlichen Gründen zuſtimmen könnten. Wir wiſſen Sitzung vom 4. Dejember 1912 ja, daß die Sozialdemokraten die Sozialpolitik zwar teilweiſe angeregt haben, aber wenn es ſo weit war, daß es zu einer Vorlage kam, dann nicht für das Geſetz eingetreten ſind. (Stadtv. Hirſch: Woher haben Sie das wieder?) — Meine Herren, das iſt ja allgemein bekannt, daß z. B. bei den Verſicherungsgeſetzen, die im Reichs⸗ tage angenommen worden ſind, die Sogzialdemo⸗ kraten immer dagegen geſtimmt haben. (Stadtv. Hirſch: Immer?) — Wenn das nur bei einzelnen Geſetzen der Fall geweſen iſt, ſo ändert das nichts an meiner Auf⸗ faſſung. Man könnte nun ſagen, wie Herr Kollege Dr Rothholz ausgeführt hat: die Vorlage enthält ja im weſentlichen dasſelbe wie die Vorlage, der die Majorität der Stadtverordnetenverſammlung vor einigen Monaten zugeſtimmt hat. (Zuruf: Abgelehnt!) — Mit den damaligen entſprechenden Aenderungen zugeſtimmt hat! — Man muß ſich nun aber fragen: was hat den Magiſtrat veranlaßt, die damalige Vor⸗ lage, wie ſie aus der Stadtverordnetenverſammlung hervorgegangen iſt, nicht zu akzeptieren, ſie in der Verſenkung verſchwinden zu laſſen und uns nun eine neue Vorlage zu machen? Wenn es wirklich dasſelbe iſt, ja, dann wäre das doch wahrhaftig nicht nötig geweſen. Dann hätte doch der Magiſtrat z. B. auch zu den beiden Anträgen, die ich mir damals zu ſtellen erlaubte, irgendwie Stellung nehmen können und nehmen müſſen. Zunächſt iſt damals der Antrag an⸗ genommen worden — und zwar mit großer Majori⸗ tät —, der ſich auf Seite 221 der ſtenographiſchen Berichte findet: — Der Magiſtrat wolle mit auswärtigen Ge⸗ meinden, beſonders Landgemeinden uſw., in Verbindung treten, damit für den Fall von Arbeitsloſigkeit in Charlottenburg zu Zeiten von Arbeitermangel in jenen Gegenden ins⸗ beſondere unverheirateten und ungelernten Ar⸗ beitern Arbeit verſchafft wird. Der Magiſtrat hat ſich in den vorbereitenden Stadien mit dieſem Antrage einverſtanden erklärt. Es iſt ferner ein Antrag angenommen worden, dahin gehend: Der Magiſtrat wolle bei dem Städtetage be⸗ antragen, bei der Reichsregierung dahin vor⸗ ſtellig zu werden, daß den Städten, Städte⸗ verbänden uſw. das Recht verliehen wird, Zwangsarbeitsloſenkaſſen einzurichten. Auch zu dieſem Antrage hat der Magiſtrat nun nicht Stellung genommen, da er eben die ganze damalige Vorlage hat in der Verſenkung verſchwinden laſſen. Meine Herren, Sie ſehen aus dieſen beiden An⸗ trägen, die meine Freunde damals geſtellt haben und denen die Stadtverordnetenverſammlung zugeſtimmt hat, daß meine Freunde durchaus bereit ſind, den großen Kalamitäten, die die Arbeitsloſigkeit mit ſich bringt, ſoweit es irgend geht, entgegenzutreten. Wir haben uns an den Arbeiten, die ſich über Jahre hin⸗ gezogen haben, lebhaft beteiligt und haben auch der Vorlage vor einigen Monaten mit den entſprechenden Abänderungen zugeſtimmt. Wenn nun aus dieſen langjährigen Beratungen nichts wird, ſo müſſen wir