442 Sitzung vom 4. Vorlage treffen, die Sie bereits angenommen haben. Denn dieſes Syſtem der Arbeitsloſenverſicherung, und zwar für Charlottenburg allein, haben Sie ja als etwas Billigenswertes anerkannt; Sie haben ihm Ihre volle Zuſtimmung gegeben, und ich bin ſehr erſtaunt, daß ein ſo erfahrener Parla⸗ mentarier wie Herr Stadtverordneter Dr. Crüger Beſtimmungen als unannehmbar bezeichnet, die die Stadtverordnetenverſammlung auch ſchon in jener Vorlage angenommen hat, nämlich die Beſtimmungen über die Geſamtverſicherung in den §§ 9 bis 14. Dieſe waren bereits wörtlich in Ihrem Beſchluſſe ent⸗ halten bis auf das neu Hinzugekommene, was in Artikel 12 ſteht. Nun, dieſer Artikel 12 iſt allerdings weſentlich, inſofern, als er eine Zuſatzverſiche⸗ rung für diejenigen ermöglicht, die ſich bereits auf dem Wege der Selbſthilfe in Berufsvereinigungen eine gewiſſe Unterſtützung für den Fall der Arbeits⸗ loſigkeit geſichert haben. Es wird mir geſagt werden: ja, das wäre nach dem alten Statut auch möglich ge⸗ weſen. Doch nicht, meine Herren; denn die alte Satzung ſah zwar bereits vor, was wir hier auch auf⸗ genommen haben, daß z. B. im Abſchluß von Geſamt⸗ verſicherungsverträgen Abweichungen vom Statut zu⸗ läſſig ſind, aber mit Ausnahme von den⸗ jenigen des Artikels 15, und Artikel 15 beſtimmt, daß das Tagegeld 1,50 ℳ. betragen muß, — damals 1 ℳ, jetzt alſo 1,50 ℳ. Damit war ge⸗ ſagt, daß auch Geſamtverſicherungen nur für den Ge⸗ ſamtbetrag des Tagegeldes abgeſchloſſen werden können, daß alſo Zuſatzverſicherungen als Ergänzung einer bereits beſtehenden auf dieſem Boden nicht möglich waren. Meine Herren, dieſe Beſtimmung, daß von den Beſtimmungen des Artikels 15 nicht Abgang ge⸗ nommen werden ſoll, hat ja auch ihren guten Grund. Wir wollten von vornherein verhindern, daß eine Scheinverſicherung mit Tagegeldern abgeſchloſſen werden kann, die dem, der ſie bekommen ſoll, nichts nützen. Wenn wir nun aber die Abſicht haben, auch die auf anderen Gebieten ſich betätigende Selbſthilfe zu fördern, ſo werden wir dort eine Zuſatzverſicherung zu einem geringeren Betrage zulaſſen müſſen. Da⸗ mit dann der geſamte Betrag nicht unter den von uns feſtgeſetzten ſinkt, haben wir dieſe Zuſatzverſicherung auf den Fall beſchränkt, wo der Verſicherte aus ſeiner Organiſation bereits mindeſtens 75 bekommt, ſo⸗ daß er mit den 75 5, die er hier nun erhalten ſoll, tatſächlich auf den Satz von 1,50 ℳ kommt. Somit iſt hier nur einer vorhandenen Lage Rechnung ge⸗ tragen, und es iſt darin nicht, wie Herr Dr Stadt⸗ hagen meint, eine beſondere Begünſtigung der Ge⸗ werkſchaften zu erblicken. Ich weiß nicht, worin Herr Dr Stadthagen die ſehen will. Denn daß man für einen geringeren Beitrag auch geringere Tagegelder bezieht, iſt doch keine Unterſtützung. Sie könnte allenfalls darin gefunden werden — und dieſe Anſicht iſt ja tatſächlich in einigen ſcharfmacheriſchen Zeitungs⸗ organen zutage getreten —, daß die bereits in Or⸗ ganiſationen Verſicherten für ⅝ des von den anderen zu zahlenden Beitrages nicht “ des Tagegeldes — das wären 60 5 —, ſondern etwas mehr, nämlich 75 „5, bekommen ſollen. Ich habe in der Gemiſchten Deputation dieſen Satz als einen gegriffenen be⸗ zeichnet, über deſſen Angemeſſenheit man diskutieren könne, und ich ſtelle mich auch jetzt auf dieſen Stand⸗ punkt. Aber ich will Ihnen doch begründen, wie ich es auch in der Deputation getan habe, wie ich zu dieſem Griffe gekommen bin, und brauche wohl nur zu erwähnen, daß die Deputation ſchließlich die An⸗ Dezember 1912 gemeſſenheit meines Griffes durch einſtimmigen Be⸗ ſchluß beſtätigt hat. Ich habe mir geſagt: in den 1,50 ℳ Tagegeld ſteckt ja nicht nur der Beitrag, den der Verſicherte ſich durch ſein Wochengeld erwirbt, ſondern auch ein reiner ſtädtiſcher Zuſchuß, den wir mit vollem Bewußtſein geben und den wir mindeſtens auf 50 § zu bemeſſen haben. Man kann ſich nun recht wohl auf den Standpunkt ſtellen, daß dieſer ſtädtiſche Zuſchuß allen Verſicherten gleichmäßig zu geben wäre, daß alſo auch derjenige, der ſich mit kleineren Wochenbeiträgen für ein kleineres Tagegeld verſichert, doch dieſen Zuſchuß zu bekommen hätte. Dann würde er für ſeine ⅝ des ſelbſtändigen Wochen⸗ beitrages ⅝ von der dafür zu erwerbenden 1 ℳ — das wären 40 5 — und als ſtädtiſchen Zuſchuß auch 50 5, zuſammen alſo 90 5, zu bekommen haben. Numn, meine Herren, zwiſchen dieſe beiden An⸗ ſichten habe ich mich geſtellt. Für die eine läßt ſich manches anführen und für die andere auch, und da habe ich den goldenen Mittelweg mit den 75 § ge⸗ wählt. Ich glaube auch, daß in Anbetracht der ver⸗ ſchiedenen Umſtände dieſer Mittelweg in der Tat wohl als berechtigt und nicht als eine Bevorzugung gelten kann. Denn es kommen doch noch andere Gründe dazu: vor allen Dingen der, daß uns in der Form der Geſamtverſicherung eine größere Anzahl, und zwar nicht der ſchlechteſten Riſiken, zugeführt werden würde (Sehr richtig!) und daß wir auch ſonſt denjenigen, die eine Geſamt⸗ verſicherung eingehen, nicht eine Herabſetzung des Tagegeldes, wohl aber eine Herabſetzung der zu zahlenden Wochenbeiträge zu bewilligen imſtande ſind. Es kommt auch noch das Eine dazu, was der Herr Referent mit Recht als einen Vorteil korpora⸗ tiven Beitritts gerade der Berufsorganiſationen an⸗ geführt hat, nämlich die erhöhte Kontrolle, die uns in höherem Grade als unſere Maßnahmen gegen den Mißbrauch der Kaſſe ſchützen können. Aus allen dieſen Gründen glaube ich alſo wirklich, daß der Tagegeldſatz von 75 5 für 10 § Wochenbeitrag nicht zu hoch gegriffen iſt. Ich muß aber hier zu meinem Bedauern ein kleines Mißverſtändnis berichtigen, obwohl das den bisher einzigen warmen Freund der Vorlage in ſeiner Stellungnahme vielleicht etwas ſchwankend machen wird. (Heiterkeit.) Herr Dr Rothholz meinte, nach der Vorlage könne auch der einzelne Angehörige einer Berufsorgani⸗ ſation für ſeine Perſon auf die Zuſatzverſicherung Anſpruch erheben. Das iſt ein Irrtum. Das liegt in der Vorlage nicht; denn ſie hat dieſe Zuſatzverſiche⸗ rung ausdrücklich unter die Geſamtwerſicherung ein⸗ geſchaltet, (Sehr richtigl) und es heißt auch in Artikel 12: „Berufsver⸗ e inigung en. . können uſw.“ Nach dieſer Vorlage wäre alſo der einzelne nicht imſtande, über den Kopf ſeiner Organiſation hinweg für den halben Tagegeldſatz der ſtädtiſchen Kaſſe bei⸗ zutreten. Wenn etwas anderes gewünſcht wird, ſo läßt ſich darüber diskutieren; aber ich mußte doch richtigſtellen, daß die Vorlage in dem von mir be⸗ zeichneten Sinne gehalten iſt. 2 Nun, meine Herren, möchte ich noch auf die Vor⸗ würfe des Herrn Dr Stadthagen eingehen, daß wir