Sitzung vom 4. die Mitwirkung der ſozialdemokratiſchen Mitglieder in der Deputation keinen Wert gelegt hat. (Zuruf: Iſt denn die Verlegung beantragt worden?) Im übrigen, meine Herren, haben Herr Kollege Rothholz und Herr Kollege Crüger ſich mit der Vor⸗ lage nicht ſo eingehend beſchäftigt wie mit der ſozial⸗ demokratiſchen Partei und den böſen ſozialdemokra⸗ tiſchen Gewerkſchaften, die es ihnen nun einmal an⸗ getan haben. Herr Kollege Crüger ſagt ausdrücklich: die Gewerkſchaften ſind nicht nur Berufsorganiſa⸗ tionen, ſondern vor allem Kampforganiſationen; ſchon das allein hindere ihn, zu irgendetwas ſeine Hand zu bieten, was auch nur entfernt den Gewerkſchaften zugute kommen könnte. Herr Kollege Crüger ſcheint alſo trotz ſeiner langen Erfahrungen im politiſchen und öffentlichen Leben noch immer nicht begriffen zu haben, daß Berufsvereinigungen nur dann einen Sinn haben, wenn ſie Kampfesvereinigungen ſind, daß das Leben ſich im wirtſchaftlichen Kampf ab⸗ ſpielt. Ich könnte mir keine Gewerkſchaft vor⸗ ſtellen, die nicht eine Kampfesorganiſation iſt. Auch die chriſtlichen und die Hirſch⸗Dunckerſchen Gewerk⸗ ſchaften wollen doch Kampforganiſationen ſein. (Sehr richtig!) Herr Kollege Erüger fügt aber dann noch weiter hinzu, daß die Gewerkſchaften vor allem politiſche Organiſationen ſeien. Meine Herren, wenn man einen ſolchen Ruf in dieſer Form ausſtößt, in einer ſolchen Oeffentlichkeit die Anſchuldigung erhebt, daß die Gewerkſchaften politiſche Organiſationen ſeien, ſo kann das gar nichts anderes als einen Vorwurf gegen die Staatsanwälte in Deutſchland bedeuten, die nun nicht gegen die Organiſationen vorgehen, die in unerlaubter Weiſe unter dem Deckmantel der Berufsorganiſation ſteuern, in Wirklichkeit aber po⸗ litiſche Organiſationen ſind. (Stadtdv. Dr Crüger: Weshalb denn?) — Wenn die Gewerkſchaften politiſche Organi⸗ ſationen ſind, ſo würden ſte eben denjenigen Be⸗ ſchränkungen unterworfen ſein, die für politiſche Organiſationen exiſtieren Derſelbe Eifer, der ſich darin zeigt, nach dem Staatsanwalt zu rufen, (Heiterkeit.) kommt auch in einer Aeußerung des Herrn Kollegen 300 — zum Vorſchein, wenn nämlich Herr Kollege olg den Wunſch ausdrückt, daß der Magiſtrat auf die ſtädtiſchen Arbeiter und Angeſtellten einen Druck ausüben möchte. Meine Herren, Herr Kollege Rothholz rief uns, nach unſerer Seite gewandt, zu: als ob nicht alle ſozialen Geſetze, ſpeziell die Geſetze auf dem Gebiete der ſozialen Verſicherung, nur dur rchgeführt werden können, und und darin, daß, wenn nicht exiſtiert, der e von ihm abhängi⸗ gen Arbeiter und Angeſtellten ausüben ſoll. Es iſt charakteriſtiſch, daß Mitalieder der liberalen Partei Dezember 1912 445 die Ausübung eines ſolchen Druckes vom Magiſtrat verlangen. Meine Herren, ſo viel zu dieſen Be⸗ mertungen. Zur Vorlage ſelbſt möchte ich daran erinnern, daß unſer früherer Bürgermeiſter Matting bei der Beratung der früheren Vorlage in ſehr nachdrücklicher Weiſe der Empfindung Ausdruck gegeben hat, daß der Magiſtrat ſeiner Meinung nach kaum in der Lage ſein würde, dem Beſchluſſe der Stadwwerordneten⸗ verſammlung, durch den die Unterſtützung der ge⸗ werkſchaftlichen Arbeitsloſenverſicherung abgelehnt wurde, ſeine Zuſtimmung zu geben. Aber mit vollem Recht konnte Herr Stadtrat Spiegel betonen, daß in der gegenwärtigen Vorlage nichts, aber auch abſolut nichts enthalten ſei, was den Beſchlüſſen der Stadt⸗ verordnetenverſammlung nicht entſpreche. Damit iſt eben geſagt, daß Herr Bügermeiſter Matting ſich da⸗ mals geirrt, daß der Magiſtrat ſich tatſächlich vor den Beſchlüſſen der Stadtverordnetenverſammlung gebeugt, daß er die Beſchlüſſe der Stadwwerordneten⸗ verſammlung vollkommen anerkannt und eine Vor⸗ lage zu einer Arbeitsloſenverſicherung gemacht hat, die vollſtändig den Wünſchen der Mehrheit der Stadt⸗ verordnetenverſammlung, wenigſtens derjenigen Mehrheit, wie ſie damals beſtand — man weiß ja nicht, wie heute die Abſtimmung ausfallen wird entſprochen hat. In der Tat iſt ja das einzig Praktiſche aus der früheren Vorlage durch den Beſchluß der Stadt⸗ verordnetenverſammlung herausgeſtrichen worden. Herr Kollege Wöllmer ſagte, er laſſe ſich von dem Be⸗ ſtreben leiten, etwas Praktiſches zu leiſten. Nun, Herr Kollege Wöllmer, wenn Sie ſich von dieſem Be⸗ ſtreben leiten laſſen wollen, dann können Sie un⸗ möglich einer Vorlage zuſtimmen, die eben keine praktiſche Leiſtung iſt und aus der ſich keine praktiſche Leiſtung ergeben kann, ſondern die im höchſten Maße unpraktiſch iſt, die eben das einzige, was auf dem Gebiete der Arbeitsloſenunterſtützung praktiſch bisher geleiſter worden iſt, beiſeite läßt, daran vorbeigeht und es ſogar gefliſſentlich ausſchließt. Meine Herren, meine Freunde haben auch für dieſe Vorlage Ausſchußberatung verlangt. Wie ſehr es notwendig iſt, daß ſie, wenn man ihr überhaupt nahe treten, wenn man ſie nicht a limine ablehnen will, einem Ausſchuß zur Vorberatung überwieſen wird, das haben die Ausführungen verſchiedener Redner deutlich gezeigt. Der letzte Redner Herr Kollege Wöllmer hat bereits ein Amendement zu Artikel 12 der Vorlage angekündigt, über deſſen Faſſung er ſich noch nicht einmal klar war, das er gegenwärtig vielleicht verfaßt. Daraus allein geht ſchon hervor, daß dieſe Vorlage auch für diejenigen Herren, die ſie anzunehmen geneigt ſind, teilweiſe doch noch Unklarheiten, teilweiſe unbefriedigende Beſtimmungen enthält, die ſie noch herausbringen, die ſte noch erweitern möchten. Das kann natürlich nur in einem Ausſchuß geſchehen. Mir ſtieß ſofort der Widerſpruch zwiſchen den Ausführungen des Herrn Referenten und denjenigen ch] des Herrn Kollegen Rothholz auf. Der Herr Referent betonte, daß die Gewerkſchaften für ihre Mitglieder nur Geſamtverſicherungen nehmen könnten. Herr Kollege Rothholz dagegen führte als einen beſonderen Vorzug der Vorlage an, daß auch jeder einzelne ge⸗ werkſchaftlich organiſierte Arbeiter über den Kopf ſeiner Gewerkſchaft hinweg eine Zuſatzverſicherung nehmen könne. Dieſe zwieſpältige Auffaſſung iſt eine Schuld der Vorlage ſelbſt. Denn als ich die Vorlage bekam, wußte ich auch nicht, wie Artikel 12 gemeint