Sitzung vom 4. unterbinden. Aus dieſem Grunde würden wir alſo einer ſo aufgebauten Arbeitsloſenunterſtützungskaſſe unſere Zuſtimmung nicht geben können. (Bravol) Vorſteher Kaufmann: Von Herrn Kollegen Wöllmer iſt ſtatt eines Amendements folgende Reſo⸗ lution beantragt worden: Magiſtrat wird erſucht, zu erwägen, ob nach Artikel 12 auch einzelne Arbeiter und Ange⸗ ſtellte, die als Mitglieder von Berufsvereini⸗ gungen ſatzungsgemäß Tagegelder von minde⸗ ſtens 75 § täglich im Falle der Arbeitsloſig⸗ keit erhalten, ſofern ſie den Forderungen des Artikels 4 entſprechen, eine Zuſatzverſicherung gegen Zahlung von wöchenilich 10 „ nehmen lönnen. Stadtrat Dr Spiegel: Meine Herren! Nur wenige Worte zu den Ausführungen des Herrn Dr. Borchardt. Herr Dr Borchardt hat gewiſſer⸗ maßen Vorwürfe deswegen erhoben, daß die Depu⸗ tationsfitzung nicht verlegt worden ſei; ſie würden ſich gegen kein Mitglied der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung, ſondern gegen mich als den Dezernenten für dieſe Deputation richten. Ich muß feſtſtellen, daß ich von keinem der Herren rechtzeitig ein Schrei⸗ ben bekommen habe, daß er verhindert wäre, der Sitzung beizuwohnen, und ſie zu vertagen bitte. (Hört! Hört!) Es mag vielleicht daran liegen, daß die Herren die Einladung nicht bekommen haben. Ich will auch gleich hinzuſetzen, daß ich dem Wunſche wohl nicht entſprochen hätte, und zwar aus dem Grunde, weil die Anberaumung zu dieſer Zeit die einzige Möglich⸗ keit bot, daß Herr Bürgermeiſter Matting, der Vor⸗ ſitzender der Deputation war, ſich noch an der Sitzung beteiligen konnte, und Herr Bürgermeiſter Matting großen Wert darauf legte, den Abſchluß der Sache in der Deputation zu erleben. Nun hat Herr Dr Borchardt ſehr lebhaft gegen den Sinn der Vorlage Einſpruch erhoben und ſich dabei auch auf den Standpunkt geſtellt, daß dieſe Vorlage nichts anderes wäre, als was die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung hier am 22. Mai beſchloſſen habe. Ich kann Herrn Dr Borchardt in ſeiner Mei⸗ nung nicht wankend machen, wenn er an ihr feſthalten will, möchte aber dagegen Einſpruch erheben, daß ich als Zeuge für dieſe Anſicht aufgeführt werde. Ich glaube, einen weſentlichen Unterſchied zwiſchen den Beſchlüſſen der Stadtverordnetenverſammlung und der Magiſtratsvorlage denn doch nachgewieſen zu aben. 1 Die Stadtverordnetenbeſchlüſſe enthielten un⸗ ſerer Meinung nach eine Zurückſetzung der Ge⸗ werkſchaften; die jetzige Vorlage enthält, das habe ich geſagt, keine Bevorzugung der Gewerk⸗ ſchaften, aber eine voll e Berückſichtigung ihrer Tätigkeit. Inſofern ſcheint mir alſo ein ſehr weſentlicher Unterſchied vorzuliegen. n hat Herr Dr Borchardt am Schluß einen ſehr lebhaften Appell an die Verſammlung gerichtet, in dem er ausführte, wie wertvoll Verſuche der Ge⸗ meinden auch für die Förderung der ganzen Ange⸗ legenheiten ſind, da ohne ſolche ausgiebigen Verſuche an ein ſtaatliches Eingreifen überhaupt wohl kaum zu denken iſt. Ich ſtehe ganz auf ſeinem Standpunkt Dezember 1912 447 und möchte noch hinzufügen, daß nach meiner Ueber⸗ zeugung dieſe Verſuche auch möglichſt vielſeitig ſein müſſen, daß es gerade für dieſe Verſuche keinen Zweck hat, wenn ſie ſich immer nur auf ein Syſtem feſt⸗ legen. Von dieſem Standpunkt ſind wir auch bei unſerer erſten Vorlage ausgegangen, und ich hätte gewünſcht — ich glaube, ich habe das meinige in dieſem Sinne getan —, daß dieſe Vorlage angenom⸗ men worden wäre. Da wir das aber nicht erreichen konnten, mußten wir uns die Frage vorlegen: ſollen wir nun alles liegen laſſen oder zwiſchen unſerem Standpunkt und dem der Mehrheit der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung noch einmal eine Vermittlung verſuchen. Meine Herren, im Intereſſe derjenigen, für die wir hier arbeiten, im Intereſſe der Notleidenden, die keine Arbeit finden können und ſich dann in der ſchlimmſten Situation befinden, die wir uns vor⸗ ſtellen können, haben wir uns für das letztere ent⸗ ſchieden. Die Herren, die ja doch immer behaupten, in erſter Linie gerade das Intereſſe der ärmeren Klaſſen zu vertreten, ſollten ſich denn auch ſehr ernſt⸗ lich die Frage vorlegen, ob es denn nicht beſſer iſt, auch noch auf den Boden dieſes Vermittlungsvor⸗ ſchlages zu treten, als die Angelegenheit ganz ſchei⸗ tern zu laſſen. Herr Dr Borchardt ſtellt ſich auf den Standpunkt, daß aus dem Verſuche nach dieſer Vor⸗ lage doch nichts werden könne, daß eine Arbeitsloſen⸗ verſicherung auf dieſer Grundlage ein Fiasko bedeu⸗ ten würde, und durch ein Fiasko glaubt er die ganze Frage und ihre Entwicklung mehr zu ſchädigen, als wenn gar nichts geſchähe. Ich kann dieſen letzten Standpunkt vollkommen begreifen und billigen. Aber ich habe die feſte Ueberzeugung, daß dieſer Peſſtmis⸗ mus des Herrn Dr Borchardt nicht berechtigt iſt, daß aus der Arbeitsloſenverſicherung auf dieſer Grund⸗ lage ſehr wohl etwas werden kann, wenn nur alle zur Mitwirkung Berufenen dieſe Mitwirkung freudig hergeben. Auch den Gewerkſchaften iſt hier die Tür zur Mitarbeit geöffnet. Wenn ſie auf dieſen Boden nicht treten wollen, dann, meine ich, iſt es doch etwas bene Eigenſinn als eine wirklich begründete Zurück⸗ altung. Vorſteher Kaufmann: Von Herrn Kollegen Kerb iſt mit genügender Unterſtützung der Schluß der Beratung beantragt worden. (Der Schlußantrag wird angenommen.) Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren! Ich möchte zunächſt meinem Bedauern dar⸗ über Ausdruck geben, daß die Mehrheit — und namentlich die Freunde des Herrn Dr Crüger — ſo freundlich war, den Schluß der Debatte herbeizu⸗ führen, und mir damit die Möglichkeit genommen hat, auf die Angriffe des Herrn Dr Crüger gegen die Sozialdemokratie zu antworten. Im übrigen ſtelle ich auf Grund des § 17 der Geſchäftsordnung für den Fall, daß Sie unſeren Antrag auf Ueber⸗ weiſung an einen Ausſchuß ablehnen, den Antrag, eine zweite Leſung der Vorlage vorzunehmen. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren! Vom Herrn Kollegen Hirſch iſt ſoeben der Antrag geſtellt Den. eine zweite Leſung dieſer Vorlage abzu⸗ alten. (Stadtv. Hirſch: Nur für den Fall, daß die Ausſchuß⸗ beratung abgelehnt wird!)