Sitzung vom 17. Majeſtät der Kaiſer dem Bürgermeiſter ſeiner Reſi⸗ denzſtadt Charlottenburg verliehen hat, dieſe Kette, um Ihre Schultern. — Es iſt eine ſchwere Laſt, die mit dieſer Kette auf den Schultern des Mannes ruht, der ſie trägt. Mögen Sie ſie immer gerne und freudig und mit Kraft tragen, und möge ſie Ihnen nie zu ſchwer werden! Vorſteher Kaufmann: Mein ſehr geehrter Herr Bürgermeiſter! Es iſt mir eine beſondere Freude, daß ich von dieſer Stelle noch die Ehre habe, Sie namens der Stadtverordnetenverſammlung zu be⸗ grüßen. In den neun Jahren, die wir zuſammen gearbeitet haben, hat ſich das Verhältnis zwiſchen Ihnen und der Stadtverordnetenverſammlung immer mehr zu einem glücklichen ausgeprägt, und wir haben in dieſer Spanne Zeit mit ſteigender Bewunderung neben Ihren juriſtiſchen Kenntniſſen Ihre allgemeine raſche Auffaſſungsgabe für alle Dinge, die außerhalb der Juſtiz liegen, Ihre klare Vortragsweiſe und Ihre liebenswürdigen Formen des Umgangs beobachtet. Das Verhältnis, das von Anfang an rein geſchäfts⸗ mäßig zwiſchen Ihnen und der Stadtverordneten⸗ verſammlung war, hat ſich allmählich zu einem freund⸗ ſchaftlichen geſtaltet. Der Ausfall der mit ſo großer Majorität erfolgten Wahl hat Ihnen den Beweis da⸗ für geliefert, daß Sie auf allen Seiten dieſes Hauſes ſich der gleichen Wertſchätzung zu erfreuen haben. Und wenn ich meinen Begrüßungsworten einen Wunſch hinzufügen darf, ſo iſt es der, daß dieſes Verhältnis ſich nicht nur erhalten, ſondern daß es ſich noch ſteigern möge. Selbſt wenn auch einmal in geſchäftlichen Dingen verſchiedene Auffaſſungen zwiſchen Ihnen und der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung ſich geltend machen ſollten — das kann natur⸗ gemäß bei Verwaltungsſachen immer vorkommen —, ſo wird doch die gegenſeitige Wertſchätzung darunter nicht zu leiden haben. Ich begrüße Sie in dieſem Sinne von ganzem Herzen und hoffe, daß das Ver⸗ hältnis ſich dauernd immer freundſchaftlicher geſtal⸗ ten möge. Bürgermeiſter Dr. Maier: Sehr verehrter Herr Oberbürgermeiſter! Ihre herzlichen Worte haben mich aufrichtig erfreut und tief bewegt. Sie haben mir während meiner ganzen Amtsführung ein ſehr reiches Maß an Wohlwollen zuteil werden laſſen und haben dieſes Maß durch die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, heute überhäuft. Die Stellung, die ich künftig einnehmen ſoll, iſt nach ihrer Natur geſchaffen, um Sie zu entlaſten, um Sie zu unterſtützen. Sie ſind dieſe Entlaſtung und Unter⸗ ſtützung gewöhnt durch einen Mann, der heute eine hervorragende Stellung einnimmt. Mein ſehn⸗ lichſter Wunſch iſt, daß ich die Lücke, die durch ihn eingetreten iſt, ausfüllen und daß ich die Erwar⸗ tungen, die Sie auf mich ſetzen, in vollem Maße er⸗ fülle. Haben Sie herzlichen Dank! Sehr verehrter Herr Stadtverordnetenvorſteher! Es iſt mir eine beſondere Genugtuung, daß ich die Ehre habe, noch unter Ihrem Vorſteheramt, das Sie im Begriffe ſind niederzulegen, eingeführt zu wer⸗ den in mein neues Amt. Ihr Vertrauen während meiner faſt zehnjährigen Tätigkeit in Charlotten⸗ burg hat mir meine Arbeit und Tätigkeit leicht ge⸗ macht und hat mir die Erfolge meiner Tätigkeit mit ſchaffen helfen. Haben auch Sie herzlichen Dank! Ich will hoffen, daß Sie auch ſpäter noch mit mir zu⸗ ſammen arbeiten und daß das Vertrauensverhältnis, das zwiſchen Ihnen und mir beſtanden hat, auch weiterhin beſtehen möge. Dezember 1912 459 Ihnen, meine Herren Stadtverordneten, danke ich von ganzem Herzen für das Vertrauen, das Sie mir durch die Wahl haben zuteil werden laſſen. Bitte, faſſen Sie dieſen Dank nicht nur auf als das Bekennt⸗ nis einer empfangenen und empfundenen Ehrung, ſondern als den feſten, aufrichtigen und aufrechten Willen, ehrlich abzugelten, was ich durch die Ueber⸗ tragung des Amtes empfangen habe. (Bravol) Ich bin mir der Bedeutung meiner Pflichten durch⸗ aus bewußt, weil ich weiß, welche Bedeutung die Kommune im heutigen Staats⸗ und Volksleben be⸗ ſitzt. Meine Herren, die Kommune iſt heute im wah⸗ ren Sinne ein Bindeglied zwiſchen Geſellſchaft und Staat geworden. Die Kommunen ſind die Lebens⸗ gemeinſchaften, auf deren Boden ſich in hervorragen⸗ der Weiſe der Ausgleich der Intereſſen und Anſchau⸗ ungsgegenſätze vollzieht, mit denen ſich die einzelnen Geſellſchaftsgruppen und Klaſſen gegenübertreten. Zu dieſer Ausgleichsfunktion ſind die Kommunen auf Grund des Selbſtverwaltungsrechts befähigt und berufen. Die gemeinſame verantwortungsvolle Ar⸗ beit, lediglich kontrolliert durch das eigene Pflicht⸗ bewußtſein, dieſe Arbeit an ſelbſt geſetzten Aufgaben iſt ein hohes Gut. Sie iſt ein ſoziales Ausgleichs⸗ mittel, mit dem ſich andere Mittel nicht vergleichen laſſen. Die Bedürfniſſe der Zeit, die das Ohr des Staates nicht erreichen, kann die Gemeinde kraft ihres Selbſtverwaltungsrechts erfüllen, ſie kann die Gegen⸗ ſätze, die bisher nicht in den Bereich der Tätigkeit anderer Körperſchaften gezogen ſind, nach ihrem Er⸗ meſſen zum Wohle des Ganzen erfaſſen und geſtal⸗ ten. Dieſe Tätigkeit der Gemeinde iſt für das Staats⸗ und Volksleben eine ſo außerordentlich ver⸗ dienſtvolle, und der Geiſt, der in dieſer Selbſtver⸗ waltungstätigkeit liegt, iſt ein ſo wertvoller, daß es Aufgabe eines jeden Kommunalbeamten iſt, nicht nur dieſen Geiſt zu pflegen, ſondern auch den Inhalt des anvertrauten Selbſtverwaltungsrechts nach dem Be⸗ dürfnis auszuſchöpfen. (Bravo!) Die Sammlung aller Kräfte in der Kommune und die Erforſchung des wahren Willens der Geſamtheit iſt der Sinn des Selbſtverwaltungsrechts. Dieſer Auf⸗ gabe zu dienen, iſt mein Ziel, und ich hoffe und wünſche, daß ich dieſes mir geſteckte Ziel erreiche. In 7 Sinne, meine Herren, trete ich mein neues mt an. (Allſeitiges lebhaftes Bravo.) Vorſteher Kaufmann: Wir kommen nun zum erſten Punkte der ordentlichen Tagesordnung: Anfrage der Stadtw. Jacobi und Gen. betr. Verkehrs⸗ verhältniſſe an der Kaiſer⸗Wilhelm⸗Gedächtniskirche. Druckſache Nr. 328. Die Anfrage lautet: Iſt Magiſtrat bereit, beim Herrn Poli⸗ zeipräſidenten mit Rückſicht auf die ſehr ſchwie⸗ rigen, ſogar bedrohlichen Verkehrsverhältniſſe im Umkreiſe der Kaiſer⸗Wilhelm⸗Gedächtnis⸗ Kirche eine neue Regelung des dortigen Ver⸗ kehrs zu beantragen?