Sitzung vom 17. wegs den Wünſchen des Berichterſtatters und einer großen Zahl meiner Freunde. Da aber die Meinun⸗ gen ſo weit auseinandergehen, ſo haben wir uns ge⸗ ſagt, daß nun endlich durch die gemiſchte Deputation mit Hilfe des Magiſtrats wenigſtens ein Boden ge⸗ funden iſt, auf dem man weiterbauen kann, von dem aus man nachher Ergänzungen und Verbeſſerungen nach dem erſtrebenswerten Ziele hin erreichen kann, wirklich eine großzügige Arbeitsloſenverſicherung ein⸗ zurichten. Ich bitte Sie daher, meine Herren, ſich doch auch damit zu begnügen und nicht hier Amen⸗ dements zu bringen, die nur den Erfolg haben wer⸗ den, daß ſie die ganze Vorlage in Gefahr bringen. Stadto. Dr Stadthagen: Meine Herren! In dieſer letzten Stunde der Beratung — ich hoffe, es wird nur eine Stunde werden — glaube ich es doch nötig zu haben, ganz kurz die Stellung meiner Frak⸗ tion zu der Vorlage zu präziſieren. Wir verkennen in keiner Weiſe die Wichtigkeit der Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit. Wir würden alle Mittel, die dazu führen, gern unterſtützen, wenn ſie uns zweckmäßig erſcheinen. Es gehört dazu nicht nur die Arbeits⸗ loſenverſicherung. Es gehören dazu manche anderen Punkte; ich will nur einen herausgreifen: die weitere Ausgeſtaltung des Arbeitsnachweiſes. Was aber die Arbeitsloſenverſicherung betrifft, ſo halten wir es nicht für zweckmäßig, einen Verſuch in einem ſo kleinen Gebiete zu machen, wie es Charlottenburg in dem Groß⸗Berliner Verkehrsgebiet darſtellt. Wir halten überhaupt auf einem ſolchen Teilgebiete Groß⸗Berlins die Anſtellung von Verſuchen, wie ſie von der Verſammlung gewünſcht ſind, nicht für zweck⸗ mäßig. Wir ſind der Anſicht, daß, wenn die Ar⸗ beitsloſigkeit durch Arbeitsloſenverſicherung bekämpft werden ſoll, das in weiteſtem Rahmen ge⸗ ſchehen muß, im Rahmen des Reiches oder des Staates auf Grund einer geſetz⸗ lichen pflicht mäßigen Verſicherung, wie das bei den anderen ſozialen Geſetzen ge⸗ ſchehen iſt. Nun kann man allerdings ſagen: es müſſen erſt grundlegende Verſuche gemacht werden. Gewiß. Solche Verſuche ſind aber nach verſchiedenen Richtun⸗ gen gemacht worden; es ſind Verſuche von den Kom⸗ munen und von den Gewerkſchaften, in allererſter Linie von den freien Gewerkſchaften, ſeit Jahren ge⸗ macht worden. Wenn eine ganz neue Idee auftauchen ſollte, die in einer Kommune zu verſuchen zweck⸗ mäßig wäre — darüber ließe ſich reden, ob es von Be⸗ deutung wäre, die Sache dann in Charlottenburg ſpeziell zu verſuchen. Davon iſt jedoch hier keine Rede: hier ſoll ein mehrfach unternommener Verſuch auf eine kleine Kommune übertagen werden, aller⸗ dings auf die nach Berlin größte Kommune Groß⸗ Berlins. Wir halten es für zwecklos, daß wir einen ſolchen Verſuch unternehmen. Wir halten es für rich⸗ tig, wenn überhaupt ein ſolcher Verſuch von einer Kommune gemacht werden ſoll, ihn durch die Kommune Groß⸗Berlin zu machen oder etwa vom Zweckverbande — dann haben wir auch Landgemein⸗ den darin —, eventuell im Zuſammenhang mit Pro⸗ vinz oder Kreiſen. Unter dieſen Umſtänden halten wir es nicht für richtig, einer derartigen Vorlage zu⸗ zuſtimmen. Ein ganz beſonderer Anlaß, die Vorlage nicht anzunehmen, liegt darin, daß die Vorlage eine be⸗ ſondere Bevorzugung der Gewerkſchaften vorfteht. 0 (Widerſpruch bei den Sozialdemokraten.) Dezember 1912 475 — Ja, meine Herren, Sie von der linken Seite des Hauſes beſtreiten das. Sie können aber nicht aus der Welt ſchaffen, daß im Artikel 10 denjenigen, die ge⸗ werkſchaftlich verſichert ſind, für 10 „ ſtatt für 12½ „ ein Betrag von 75 5 täglich zugeſichert wird. (Stadtv. Hirſch: Setzen Sie doch einmal die rote Brille ab!) Ich komme nachher noch darauf. Nun haben die Sozialdemokraten eine ganze Reihe von Anträgen geſtellt, die nicht etwa die Ma⸗ giſtratsvorlage in den Punkten, wo ſie ſich neutral zu ſämtlichen Gewerkſchaften, zu ſämtlichen Arbeitern und Arbeitgebern ſtellt, verbeſſern und erweitern wollen, ſondern die darauf ausgehen, die Parität zwiſchen Arbeitgebern und Arbeitnehmern überhaupt verſchwinden zu laſſen. So iſt es. Ich muß das hier auch in der Generaldebatte erwähnen. Zu Artikel 9 iſt der Antrag geſtellt, die Arbeitgeber zu ſtreichen. Der Artikel 9 will eine Geſamtverſicherung der Ar⸗ beiter durch die Arbeitgeber zulaſſen. Die Sozial⸗ demokraten beantragen, die Arbeitgeber zu ſtreichen. Wenn die Herren ſich daran erinnern, mit welcher Verve der Magiſtrat und auch die Freunde der Vor⸗ lage in den früheren Beratungen darauf hingewieſen haben, wie ſchön das wäre, wenn die Arbeitgeber nun ihren geſamten Perſonenſtand verſicherten im In⸗ tereſſe der Erhaltung der Kräfte für den Fall von ſchlechten Konjunkturen uſw., dann können Sie am beſten ermeſſen, worauf die ſozialdemokratiſche Frak⸗ tion ausgeht. Es kommt ihr gar nicht darauf an, hier der wirklichen Arbeitsloſigkeit zu ſteuern; ſie will nicht, daß die Arbeitgeber das tun, ſie will lediglich, daß die gewerkſchaftlich Verſicherten ſich eine Zuſatz⸗ verſicherung zu einem günſtigeren Satze, als es an⸗ deren Leuten möglich iſt, nehmen können, anderen Leuten, die nicht in der Lage ſind, die hohen Gewerk⸗ ſchaftsbeiträge zu bezahlen. Wenn der Herr Kollege Hirſch auf die hohen Bei⸗ träge hingewieſen hat, die die Gewerkſchaften für die Steuerung der Arbeitsloſigkeit im letzten Jahre ge⸗ leiſtet haben, ſo muß ohne weiteres die hohe ſoziale Bedeutung dieſer Aufgaben und dieſes Wirkens der Gewerkſchaften, in erſter Linie auch der freien Ge⸗ werkſchaften anerkannt werden. Demgegenüber ſteht aber — und das darf man nicht vergeſſen —, daß 10 Gelder aus den Taſchen der Arbeiter gekommen ind, (Stadtv. Hirſch: Natürlich!) die am beſten geſtellt ſind, die in der Lage waren, die 1 enormen hohen Beiträge der Gewerkſchaften zu zahlen. (Stadtv. Hirſch: Wie hoch ſind denn die Beiträge? Wiſſen Sie das?) — Ich habe das in früheren Sitzungen hier ein⸗ gehend erörtert. Ich habe auch die Aufgaben zahlen⸗ mäßig geſchildert, die die Gewerkſchaften ſonſt ver⸗ folgen, habe auch auf die Streikunterſtützungen und anderes hingewieſen; ich glaube, wir brauchen das nicht zu wiederholen. (Stadtv. Gebert: Die Zahlen ſtimmten bloß nicht!) Meine Herren, wenn es ſich um die Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit handelt, dann iſt nach unſerer