478 — zweifellos damals einer gewiſſen Bevorzugung der Gewerkſchaften einführen wollte. Von dieſem Stand⸗ punkt aus ſage ich: ob politiſch neutral oder nicht neutral, in der Tatſache, daß die Gewerkſchaften eine Arbeitsloſenverſicherung eingerichtet und durchaeſuhrt haben, darin haben ſie unzweifelhaft et was Ge⸗ meinnütziges geleiſtet, und nach der Rich⸗ tung iſt es durchaus am Platze, ihnen auch auf dieſem Wege der Selbſthilfe von ſeiten der Kommune einiger⸗ maßen unter die Arme zu greifen, wie es durch die frühere Vorlage und auch die jetzige bis zu einem ge⸗ wiſſen Umfange geſchehen iſt. Meine Herren, die Anträge der Herren von der Sozialdemokratie laufen im weſentlichen doch wohl darauf hinaus, die eigentümliche Ableh⸗ nun g, zu der ſich die Fraktion aufgeſchwungen hat, ein klein wenig zu bemänteln, um dem großen Publikum draußen, nachdem die Vorlage unter freundlicher Aſſiſtenz der Sozialdemokratie vielleicht abgelehnt ſein wird, ſagen zu können: da, ſeht ein⸗ mal, wir haben dieſe großartigen Anträge geſtellt, dieſe Anträge haben aber bei dieſer Stadtverordneten⸗ verſammlung keine Mehrheit gefunden, und daher mußten wir blutenden Herzens zu dem Entſchluß kommen, dieſe Vorlage abzulehnen. (Heiterkeit und Zuſtimmung.) Ich betrachte dieſe Anträge nur als eine, viel⸗ leicht ganz geſchickte, Demonſtration, die aber in dieſem Stadium der Verhandlungen unzweifelhaft nicht dazu führen kann, die Geſchäfte und die Ge⸗ ſchicke dieſer Vorlage zu fördern, ſondern ganz im Gegenteil dieſe Vorlage erſt recht in den Orkus hin⸗ einzubefördern. Für mich und für diejenigen meiner Fraktionsfreunde, die ſo ſtehen wie ich, iſt die Haupt⸗ ſache die, daß et was Praktiſches zuſt an de ko m m t. Wir ſind uns aber deſſen vollauf bewußt, daß in dieſer Vorlage nur ein ganz klein wenig Hilfe geleiſtet wird. (Stadtv. Hirſch: Gar nichts!) Doch, unzweifelhaft. Wir ſind uns deſſen be⸗ wußt, daß wir hier mit einer ſolchen Vorlage natür⸗ nicht nicht die ſoziale Frage löſen; aber wir ſollen doch praktiſch arbeiten, wir ſollen das nehmen, was uns geboten wird, und wir ſollen die Vorlage daher zur Annahme bringen. Wenn aber dieſe Vorlage heute durch die ſozialdemokratiſche Partei zu Fall gebracht werden wird, ſo, glaube ich, wird das draußen im Publikum einen außerordentlich bezeichnenden Eindruck machen. Stadtv. Bollmann: Meine Herren! Herr Kol⸗ lege Dr. Rothholz war leider verhindert, hier zu bleiben. Ich halte mich aber für verpflichtet, ihn gegen die Angriffe des Kollegen Hirſch in Schutz zu nehmen. Herr Kollege Hirſch hat verſucht, nachzuweiſen, daß die in der vorigen Sitzung zitierten Aeußerungen von Bömelburg und Bebel von uns anders aufgefaßt worden ſeien, als ſie in Wirklichkeit gemeint waren. Demgegenüber möchte ich nur feſtſtellen, daß Kollege Dr. Rothholz es auch ganz anders gemeint hat, als Kollege Hirſch es verſtanden hat. Im übrigen verweiſe ich auf die treffenden Ausführungen, die Herr Kollege Dr. Rothholz in der letzten Sitzung gemacht hat. Ich möchte ausdrücklich feſtſtellen, d a ß er es mindeſtens ebenſo gut mit den Arbeitern meint wie Herr Kollege Sitzung vom 17. Dezember 1912 Hirſch, nur mit dem Unterſchied, daß Kollege Dr. Rothholz alles Parteipolitiſche ausſcheidet und für die geſamte Arbeiterſchaft ſorgen will. Ich bitte Sie dringend, meine Herren, die Vorlage des Magiſtrats unverändert anzunehmen. Stadtv. Mosgau: Herr Kollege Dr. Crüger hat in der vorigen Sitzung im Namen eines Teiles ſeiner Freunde geſprochen, welche der Vorlage unbe⸗ dingt ablehnend gegenüberſtehen. Da Herr Dr. Crüger durch länger beſtehende Verpflichtungen amtlicher und geſchäftlicher Natur zu ſeinem Bedauern ver⸗ hindert iſt, der heutigen Sitzung beizuwohnen, und ich zu denen gehört habe, in deren Namen Herr Dr. Crüger ſprach, ſo möchte ich die Erklärung, daß wir auch weiter der Vorlage des Magiſtrats unbe⸗ dingt ablehnend gegenüberſtehen, nur noch einmal wiederholen. Die Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch ſind nicht geeignet geweſen, den bei uns be⸗ ſtehenden — er wird ſagen: irrigen Glauben, daß zwiſchen den Gewerkſchaften und der Partei der Sozialdemokratie ſehr enge Zuſammenhänge beſtehen — Herr Kollege Hirſch hat davon geſprochen, daß ſich Partei und Gewerkſchaften ergänzen —, zu erſchüttern. Wir ſind der Anſicht, daß die Stadtgemeinde nicht das Recht hat, Organiſationen Zuwendungen zu geben, die ſich als Ergänzung der Sozialdemokratie darſtellen. Wird die Magiſtratsvorlage unter Weg⸗ laſſung der §§ 9 bis 14 angenommen, ſo ſind meine engeren Freunde gern bereit, für dieſen Rumpf der Magiſtratsvorlage zu ſtimmen. Auf dieſe Weiſe wird ein Verſuch gemacht; wir glauben, ein Verſuch, der zu keinem weſentlichen Reſultat führen kann, weil derartig große Unternehmungen wie die Arbeits⸗ loſenverſicherung durch die Geſetzgebung des Reiches, nicht der Kommune, erledigt werden müſſen. Kurz und gut, dafür ſind meine Freunde zu haben, für mehr aber nicht. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Sehr beſcheiden!) Vorſteher Kaufmann: Das Wort wird zur Ge⸗ neraldiskuſſion nicht mehr verlangt; ich ſchließe die Generaldiskuſſion und frage den Berichterſtatter, ob er noch das Schlußwort wünſcht. Berichterſtatter Stadtv. Dr Landsberger: Ja⸗ wohl; ich hätte das Schlußwort zur Geſamtvorlage genommen, da ſich aber die Debatte um dieſen § 1 kriſtalliſiert, ſo ſcheint es mir zweckmäßig, die wenigen Erwiderungen, die ich auf die Diskuſſionsbemerkungen zu machen habe, nicht ſo lange hinauszuſchieben, bis die ganze paragraphenreiche Vorlage in der Spezial⸗ beratung durchgegangen iſt, ſondern jetzt ſchon einige kurze Bemerkungen anzuknüpfen. Ich möchte zunächſt diejenigen Herren, die der Vorlage am 22. Mai ſoweit wenigſtens freundlich gegenüberſtanden, als ſie ſie ohne den durch nament⸗ liche Abſtimmung gefallenen Satz im § 3 annahmen, bitten, ſich auch heute auf einen poſitiven Boden zu ſtellen und immerhin den Reſt, der uns in der neuen Magiſtratsvorlage geboten wird, nicht verſchwinden zu laſſen und die ganze Sache nicht wie das Horn⸗ berger Schießen ausgehen zu laſſen. Meine Herren, Sie wiſſen von mir aus allen den vielen Reden, die ich in dieſer Angelegenheit ſeit Jahr und Tag hier vor Ihnen halten mußte, daß ich ein unbedingter An⸗ hänger der urſprünglichen Magiſtratsvorlage war, daß ich den Weg mitgehen wollte, der ſich in dieſer