482 ihnen einen ſolchen Weg abſchneidet. Ich bitte alſo, doch den Arbeitgebern die Möglichkeit der Betätigung eines guten Willens auch innerhalb der von uns ge⸗ planten Einrichtung zu belaſſen. Dann möchte ich bei der Gelegenheit die Herren auch bezüglich des auf die ſtädtiſchen Arbeiter auszu⸗ übenden „Druckes“ beruhigen. Nach meiner Kennt⸗ nis des Magiſtrats wird er die Anregung des Herrn Stadtv. Rothholz jedenfalls nur in dem Sinne auf⸗ faſſen, wie ſie jetzt zuletzt interpretiert worden iſt, nämlich, daß er ſeine Arbeitnehmer auf die beſtehende Einrichtung hinweiſen ſoll. (Sehr richtig!) Jeder weitere Druck iſt meiner Anſicht nach ausge⸗ ſchloſſen. (In der Abſtimmung wird der ſozialdemokra⸗ tiſche Antrag auf Streichung der Worte „oder Ar⸗ beitgebern“ abgelehnt und Artikel 9 ebenſo wie Ar⸗ tikel 10 und 11 nach der Magiſtratsvorlage ange⸗ nommen.) Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren! Ar⸗ tikel 12 iſt ja ſo in einem gewiſſen Sinne ein Parade⸗ ſtück der Vorlage. Diejenigen Herren, denen es leid tut, daß die frühere Magiſtratsvorlage geſcheitert iſt, weiſen auf dieſen Artikel mit der Betonung hin, daß man ja nun hieraus erſehen könne, daß der Magiſtrat vor einer Berührung mit den Gewerkſchaften gar nicht ſolche Furcht habe, daß er mit den Gewerkſchaften, ſoweit ſie rein wirtſchaftliche Aufgaben, ſagen wir mal, auch löſen, verhandeln will, daß er hier alſo den Gewerkſchaften zugeſtehen will, für ihre Mit⸗ glieder eine Zuſatzverſicherung zu nehmen. Die an⸗ dern Herren wieder, denen das Wort Gewerkſchaft ein ähnliches Gefühl auslöſt, wie einem Stier ein rotes Tuch, (Heiterkeit) ſagen: um Gottes willen, hier iſt ja das, was die Stadtverordnetenverſammlung ausgemerzt hat, wie⸗ der hineingekommen; die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung hat ausdrücklich den Wunſch ausgeſprochen, daß mit den Gewerkſchaften nicht in Verbindung getreten werden ſolle, und hier bringt uns der Magiſtrat eine Vorlage, in der doch wieder mit den Gewerkſchaften in Verbindung getreten wird und in der ihnen ſogar noch ein gewiſſer beſonderer Vorteil vor den übrigen Arbeitern eingräumt wird. Denn während die übri⸗ gen Arbeiter 25 § für die ganze, alſo für eine halbe Verſicherung 12,5 § bezahlen ſollen, ſollen die ge⸗ werkſchaftlich organiſierten Arbeiter ja nur 10 § für dieſe halbe Verſicherung beiſteuern. Das ſei auch wiederum eine ganz beſondere Begünſtigung der Ge⸗ werkſchaften, denen die Herren, wie ſie erklären, nicht zuzuſtimmen in der Lage ſind. Nun, meine Herren, was die Bevorzugung be⸗ trifft, ſo hat ja Herr Stadtrat Spiegel eingehend aus⸗ einandergeſetzt, daß davon gar keine Rede ſein kann, weil ja die Gewerkſchaften in bezug auf die Kontrolle über die Arbeitsloſigkeit etwas leiſten, was mit 2,5 5 wahrſcheinlich eher zu niedrig als zu hoch bemeſſen iſt. Anderſeits hat Herr Stadtrat Spiegel aber auch der Meinung Ausdruck gegeben, daß der Magiſtrat mit ſich reden laſſen wolle; man könne, wenn 2,5 5 als eine zu große Begünſtigung erſcheine, dieſe Sitzung vom 17. Dezember 1912 Leiſtung der Gewerkſchaften geringer bewerten und vielleicht noch einen halben oder einen Pfennig nach⸗ laſſen. Ich wenigſtens faßte die Worte des Herrn Stadtrats Spiegel ſo auf, daß er bereit ſei, ſtatt auf 10 § auch auf 11 oder 12 „ zu gehen und die Leiſtungen der Gewerkſchaften in bezug auf die Kon⸗ trolle mit einem halben, einem oder 1½ „ ſtatt mit 2½2 „ abzugelten. Von einer Bevorzugung kann hierbei natürlich gar keine Rede ſein Aber, meine Herren, es iſt, wenn man den ge⸗ werkſchaftlich organiſierten Arbeitern die Möglichkeit geben will, eine Zuſatzverſicherung zu nehmen, doch an ſich im höchſten Maße unlogiſch, dann die Sache von einem Beſchluß der Gewerkſchaft abhängig zu machen. Dann joll man doch jedem einzelnen ge⸗ werkſchaftlich organiſierten Arbeiter die Möglichkeit einer Zuſatzverſicherung gewähren, d. h. ihm die Ent⸗ ſcheidung darüber laſſen, ob er eine Zuſatzverſiche⸗ rung nehmen will oder nicht. So, wie es hier ſteht, heißt es doch, daß nur die Gewerkſchaft darüber ent⸗ ſcheiden kann, ob ſolche Zuſatzverſicherungen zu neh⸗ men ſind oder nicht, und zwar dann gleich für alle ihre Angehörigen, für die die Vorausſetzungen des Artikels 4 zutreffen, d. h. alſo wahrſcheinlich für 0,00 % der Angehörigen. Aber das wollen die Herren ja nicht glauben; ſie meinen, es ſei ein größerer Pro⸗ zentſatz. Das bleibt für den Sinn des Arti⸗ kels 12 vollkommen gleichgültig. Der Sinn iſt jeden⸗ falls der, daß der gewerkſchaftlich organiſierte Ar⸗ beiter nicht darüber ſoll entſcheiden können, ob er eine Zuſatzverſicherung nimmt oder nicht. Meine Herren, wenn Sie wirklich eine Kaſſe ins Leben rufen wollen, der auch gewerkſchaftlich organi⸗ ſierte, bereits verſicherte Arbeiter mit einer Zuſatz⸗ verſicherung beitreten können, dann iſt natürlich der einzig mögliche Weg der, daß dieſe gewerkſchaftliche Verſicherung aus der Geſamtverſicherung heraus⸗ genommen, alſo dem einzelnen die Möglichkeit der Zuſatzverſicherung gegeben wird, wie es unſer Antrag befürwortet. Stadtrat Dr Spiegel: Ich möchte nur ganz kurz bemerken, daß ich wohl anerkenne und auch ſchon in der vorigen Sitzung anerkannt habe, daß manches für eine ſolche Regelung ſpricht, wie ſie in dem An⸗ trag Borchardt liegt, daß ich aber darum doch nicht das ausſchalten möchte, was unſere Vorlage enthält, nämlich die Möglichkeit für die ganze Or⸗ ganiſation, mit ihren Angehörigen der Verſiche⸗ rung beizutreten. Ich möchte deshalb auch hier vor⸗ ſchlagen, Sie möchten ſich mit der Reſolution, wie ſie bereits aus der Mitte der Verſammlung eingebracht iſt, begnügen, die den Magiſtrat zu erwägen bittet, ob die Verſicherung auf halbes Tagegeld nicht auch für die einzelnen Angehörigen der Berufsver⸗ einigungen möglich wäre. Ich möchte im übrigen Herrn Stadtverordneten Dr. Borchardt bemerken: ich habe allerdings geſagt, daß ich mich auf den Satz von 10 § nicht verſteife; ich habe aber nicht geſagt, daß ich nur eine Erhöhung dieſes Satzes für zuläſſig halten würde, habe viel⸗ mehr in der vorigen Sitzung direkt ausgeführt, daß ſich ſowohl für eine höhere wie für eine niedrigere Bemeſſung Gründe anführen laſſen, und daß wir des⸗ halb den Mittelweg gewählt haben. Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Jaſtrow hat den Schluß der Debatte über Artikel 12 bean⸗ tragt. Ich ſtelle die Unterſtützungsfrage. — Der An⸗ trag iſt genügend unterſtützt. 2 5