492 Und wenn dann die Geſchichte genau betrachtet und überlegt wird, dann fällt ſo mancher um, weil er eben einſehen muß, daß ſeine Anſicht nicht haltbar ge⸗ weſen iſt. Mit der Sparſamkeit iſt es ſo: den Beutel ein⸗ fach zuklappen und keinen Pfennig mehr ausgeben, das iſt keine Sparſamkeit. Sparſamkeit iſt: die rich⸗ tigen Ausgaben zur richtigen Zeit zu machen. (Sehr richtig!) 4 1 Dieſe Sparſamkeit müſſen wir auch in dieſem Falle n. Ich will mich auf die finanziellen Erörterungen meines Herrn Vorredners nicht weiter einlaſſen; ich kann ihnen ſo recht nicht folgen, ich bin kein Finanz⸗ mann. (Große Heiterkeit.) Aber ich bin der Meinung, daß wir jetzt den Moment ergreifen, ruhig in unſern Beutel faſſen und die Aus⸗ gabe machen müſſen. Ich erinnere an die Zeit, wo wir die Bismarckſtraße erweitern wollten. Damals war auch eine große, mächtige Strömung gegen die Verbreiterung; man glaubte, man würde den Stadt⸗ ſäckel von Charlottenburg ſo belaſten, daß Charlotten⸗ burg dabei zugrunde gehen müßte. Und, meine Herren, wer ſteht heute noch auf dem Standpunkt, daß die Bismarckſtraße Charlottenburg nicht zum Segen gereicht?! Damals habe ich meine Worte, die ich für die Erbreiterung der Bismarckſtraße ein⸗ gelegt habe, geſchloſſen: Was du in der Minute aus⸗ geſchlagen, bringt keine Ewigkeit zurück! Das gilt 900 jetzt. Alſo: die richtige Ausgabe zur richtigen Zeit! (Lebhaftes Bravo.) Stadtv. Gebert: Meine Herren! Wir von der linken Seite ſind ſtets Freunde der Verbeſſerung unſeres Verkehrs; aber wir können in dieſer Vorlage eine Verbeſſerung des Verkehrs durchaus nicht erblicken. Erſtens deswegen, weil dieſe Straße den Charakter einer Privatſtraße auch dann erhalten wird, wenn die 30 Jahre herum ſind. Wir werden gar keinen Einfluß aus⸗ üben können, da ſich der Grund und Boden dieſer Straße im Kreiſe Teltow befindet. Unſer Ein⸗ fluß iſt alſo nicht weit her, ja, man kann wohl ſagen, von gar keiner Bedeutung. Was die Entlaſtung des Automobilverkehrs aus der Stadt Charlottenburg betrifft, ſo habe ich ſchon im Ausſchuß betont und wiederhole das hier: eine En tlaſtung der Stadt Charlottenburg vom Automobilverkehr wird nicht ſtattfinden, ſondern eher eine Be⸗ la ſt un g. Aus der Lage unſerer Stadt, aus den Straßenzügen, die zu dieſer Automobilverkehrs⸗ ſtraße hinführen, iſt ohne weiteres zu erkennen, d a ß ſpeziell der Stad rteil, der in der Stadtverordnetenverſammlung wie in der Gemeinde überhaupt als Aug⸗ apfel der Kommune betrachtet wor⸗ den iſt, von Automobilen beſonders ſtark frequentiert werden wird. Allle dieſe Poſttionen, die man der Vorlage im Ausſchuß angehängt hat, ſollen ihr den Geſchmack geben. Die Geſchichte dieſer Automobilverkehrsſtraße liegt auf einem ganz andern Gebiet. Als ſich Sitzung vom 18. derum einer Privatgeſellſchaft geben, 1 Dezember 1912 ſeinerzeit die Automobilverkehrs⸗ und Uebungsſtraße im Taunus zer⸗ ſchlug, i ſt man an höchſter Stelle ſofort ſmit den ausſchlaggebenden Perſonen in Verbindung getreten, und auf Grund dieſer Verbindungiſt nun d ieſe Vorlage entſtanden. Ich ſtehe auf dem Standpunkt: die ganze Vorlage, ſowohl ſdie erſte als die im Ausſchuß beratene undunsheutevorliegende, gibt uns in keiner Weiſeden Beweis dafür, daß die Stadt Charlottenburg jemals einen Einfluß auf dieſe Straße ausüben kann, ausüben darf. So liegt einmal die Situation. Meine Herren, wenn wir hier beiſpiels⸗ weiſe hineinſchreiben, daß der Automobilomnibusver⸗ kehr eingeführt werden ſoll, ſo wird dieſer Automobil⸗ ſomnibusverkehr ſofort ſeine Unterbrechung in dem Augenblick bekommen, wo auf dieſer Straße Rennen veranſtaltet werden. Wenn dieſe Rennen auch nur zweimal im Laufe des Jahres ſtattfinden, ſo iſt doch der öffentliche Verkehr dann unterbunden. Die Oeffentlichkeit hat alſo einen Schaden davon; die⸗ jenigen, welche nach dieſer Gegend hinwollen, können dann die Automobilomnibuseinrichtung wenig oder gar nicht benutzen. Herr Kollege Jolenberg ſagte, es berühre ihn außerordentlich angenehm, daß dieſer Omnibusverkehr nach dem Innern der Stadt hineingeleitet werde — ſein Amendement bezweckt dies ja auch —, und er wies ferner darauf hin, daß wir von der linken Seite ſtets hervorgehoben hätten, wir wollten für den Ver⸗ kehr viel ausgeben, und daß hier die Gelegenheit wäre, mit wenigem Gelde viel zu erreichen. Da kommt doch aber in Betracht, daß wir das Geld wie⸗ auf die wir nachher gar keinen Einfluß haben. Sie werden mir zugeben müſſen, daß wir mit den Privatgeſellſchaften, die in Charlottenburg nun einmal den Perſonenver⸗ kehr in Händen haben, unliebſame Erfahrungen ge⸗ macht haben. Kein Jahr vergeht, wo wir nicht über dieſe und jene Beſchwerde wegen unſerer Verkehrs⸗ einrichtungen zu verhandeln haben. Immer ſpielt ſich dasſelbe Theater ab. Wenn auch hier geſagt iſt: der Fahrpreis ſoll gering ſein, es ſoll den Minderbe⸗ mittelten Gelegenheit geboten werden, auf ſchnellm Wege nach dem Grunewald, nach Wannſee uſw. zu gelangen — es wird doch dieſelbe Verkehrsmiſere bleiben, weil wir eben einer Privatgeſellſchaft mit Haut und Haaren verkauft ſind. Wir vertreten den Standpunkt, derartige Verkehrs⸗ einrichtungen ſollen nicht in den Hän⸗ den von Privatleuten liegen. Will die Stadt Verkehrseinrichtungen ſchaf⸗ fen, die auch den Minderbemittelten angenehm und nützlich ſein ſollen, dann müſſen ſie in etgener Regie ge⸗ macht werden. (Stadtv. Jolenberg: Lieber gar keine!) — Herr Kollege Jolenberg, ich weiß ja, daß uns in dieſer Richtung prinzipielle Gegenſätze trennen. Nun wurde von dem Herrn Vorredner geſagt, aus dem Saulus ſei ein Paulus geworden. Das mag richtig ſein, wollen wir auch nicht beſtreiten. Eins trifft aber doch zu, und das wird mir auch Herr Kol⸗ lege Becker ohne weiteres zugeben, daß man das Pro⸗ jekt der Bismarckſtraße unter keinen Umſtänden mit