Sitzung vom 8. Januar 1913 Herr Stadtw. Dr. Flatau hat in einem Schreiben an den Magiſtrat ſein Amt als Stadtverordneter niedergelegt, das er ſeit dem 8§. Januar 1908 be⸗ kleidet hat. Wir treten in die Tagesordnung ein. Punkt 1: Einführung des neugewählten Stadtverordneten Dr. Genzmer. Ich gebe dem Herrn Oberbürgermeiſter das Wort. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Verehrter Herr Geheimrat! Sie ſind am 23. November 1912 von der II. Wählerabteilung des 4. Wahlbezirks zum Stadtverordneten gewählt worden, und Ihre Wahl iſt von der Stadtverordnetenverſammlung für gültig erklärt worden. Es liegt mir nach der Städteordnung ob, Sie in Ihr neues Amt als Stadtverordneter ein⸗ zuführen. Ich tue das, indem ich Sie namens der ſtäd⸗ tiſchen Verwaltung herzlich begrüße und die Hoffnung ausſpreche, daß Ihre neue Tätigkeit in dieſem Stadt⸗ parlament zum Wohle der Stadt Charlottenburg ge⸗ reichen und Ihnen ſelbſt Freude und Genugtuung verſchaffen wird. Durch Handſchlag an Eidesſtatt verpflichte ich 202 auf treue und gewiſſenhafte Führung Ihres mtes. Vorſteher Kaufmann: Geſtatten Sie auch mir, Herr Geheimrat, Sie namens der Stadtverordneten⸗ verſammlung bei Ihrem Eintritt in die Verſamm⸗ lung herzlich willkommen zu heißen. Ich ſchließe mich dem Wunſche des Herrn Oberbürgermeiſters an und bitte Sie, an unſeren Beratungen eifrig teil⸗ zunehmen. Wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung: Wahl der Mitglieder des Vorſtandes der Stadt⸗ verordnetenverſammlung. Ich bitte nunmehr den Herrn Alterspräſidenten Dr. Frank, die Verhandlung weiter zu leiten. Altersvorſteher Dr. Frank (den Vorſitz über⸗ nehmend): Meine Herren! Ich führe zu meiner Legitimation für das mir übertragene Amt an, daß ich im Januar 1834 geboren und im Jahre 1878 Mitglied der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung geworden bin, ſomit wohl als zweifacher Senior hier den Platz einnehme. * Wir ſchreiten nun zur Wahl des Vorſtehers. Die Wahl erfolgt durch Stimmzettel, die be⸗ reits verteilt ſind. Ich bitte Sie, die Zettel zu be⸗ ſchreiben und abzugeben. (Die Wahl erfolgt. Das Ergebnis wird ermittelt.) Es ſind 61 Stimmzettel abgegeben worden. Da⸗ von ſind 2 unbeſchrieben, 59 lauten auf Herrn Dr Frentzel. Herr Dr Frentzel iſt damit zum Vor⸗ ſteher gewählt, und ich habe ihn zu fragen, ob er die Wahl annimmt. Stadtv. Dr Frentzel: Meine ſehr verehrten Herren! Ich nehme die Wahl an, und zwar mit dem Ausdruck der tiefſten Dankbarkeit und auch Ergriffen⸗ heit für das große Vertrauen, das Sie mir mit dieſer Wahl entgegenbringen, und für die große Anerken⸗ nung, die Sie mir dadurch zollen, daß Sie den höchſten Poſten, den Sie zu vergeben haben, auf mich über⸗ tragen wollen. Die überaus große Stimmenzahl, die ſich auf meine Perſon vereinigt hat, erfüllt mich auf der einen Seite mit großer Freude, auf der an⸗ dern Seite aber auch mit einer gewiſſen Bangigkeit. Mit einer großen Freude deshalb, weil ich weiß, daß ich jedenfalls in dieſem Moment eines beſitze, was zur Führung des Amtes unumgänglich notwen⸗ dig iſt, nämlich Ihr volles Vertrauen; mit einer ge⸗ wiſſen Unruhe deswegen, weil ich faſt glaube, daß Sie die Gaben und Fähigkeiten, die ich habe, augenblick⸗ lich ſehr überſchätzen. Nun, die meiſten von Ihnen kennen mich aus jahrelanger gemeinſamer Arbeit ge⸗ nug; Sie wiſſen, wer ich bin, was ich Ihnen bieten kann, Sie wiſſen aber auch, was mir fehlt. Mir bleibt deshalb nichts anderes übrig, als alle meine Kräfte einzuſetzen dafür, daß ich den Anforderungen dieſes ehrenvollen, aber auch ſchwierigen Amtes ge⸗ recht werden kann. Und daß ich das tun werde, das verſpreche ich Ihnen in dieſer für mich wahrlich feierlichen Stunde. (Allſeitiges Bravo.) Altersvorſteher Dr Frank: Ich bitte Herrn Dr. Frentzel, den Vorſitz zu übernehmen. Ich möchte nur noch den Augenblick benutzen, um unſerm bisherigen Vorſteher, Herrn Kaufmann, dem wir heute lediglich ſeinem Wunſche folgend einen Nach⸗ folger gegeben haben, den Dank der Verſammlung — ich bin überzeugt, in Ihrer aller Sinne — und auch den Dank der Gemeinde Charlottenburg auszu⸗ ſprechen für alles, was er für die Stadt in gemein⸗ nützig praktiſcher und idealer Weiſe geſchaffen und geleiſtet hat. Wenn uns in dem Bedauern, das uns bei ſeinem Scheiden erfüllt, etwas tröſtet, ſo iſt es einerſeits die freudige Zuverſicht, daß er unſerer Ver⸗ ſammlung auch weiter ſeine Kräfte leiht, und an⸗ derſeits die Ueberzeugung, daß er in Herrn Dr Frentzel einen würdigen und ſtrebſamen Nach⸗ folger findet. (Bravo 7 Vorſteher Dr Frentzel (den Vorſitz überneh⸗ mend): Und nun, meine Herren, geſtatten Sie, daß auch ich zum erſten Male von dieſem Platze aus, an den mich Ihr Votum berufen hat, die Gelegenheit benutze, um noch einmal und ausdrücklich dankbar und rühmend des Mannes zu gedenken, der ihn Jahre hindurch eingenommen und im vollſten Sinne des Wortes geziert hat. Ich glaube, daß ich damit nicht nur eine Pflicht erfülle, die die Verſammlung hat, ſondern auch eine Schuld abtrage, die wir haben, und ich ſelbſt werde damit nur einem Herzensbe⸗ dürfniſſe gerecht. Sie ſind, ſehr verehrter Herr Kaufmann, zu unſer aller Freude heute wie altgewohnt in unſerer Mitte erſchienen, getreu dem Verſprechen, das Sie. in der letzten Sitzung des alten Jahres abgegeben haben, daß Sie auch fernerhin trotz der Laſt der Jahre, e f der Bürde Ihrer Berufsgeſchäfte, von denen Sie ſich nicht erleichtern können, mit uns weiter