6 Sitzung vom 8. Januar 1913 Die zweite Möglichkeit beſteht darin, daß man einen zweiten Stadtſchulrat ernennt. Meine Herren, dieſer Gedanke iſt der nächſtliegende. Man könnte ſagen: es iſt zu viel Arbeit für einen Stadtſchulrat vorhanden, folglich teilen wir das Amt und ſchaffen zwei Stellen, die wir zwei Stadtſchulräten übertragen. Aber wir verkennen nicht, daß dagegen mancherlei Bedenken erhoben werden können. Man könnte ja die Idee haben, daß man die Verwaltung des Fort⸗ bildungs⸗ und Fachſchulweſens gleichzeitig mit der Verwaltung der höheren Lehranſtalten einem neu zu wählenden Stadtſchulrat übertrüge. Aber dagegen kann unſeres Erachtens doch manches eingewendet werden. Einmal ſtehen dieſe beiden Tätigkeitsge⸗ biete in einem ſehr loſen Zuſammenhange, ja, man kann ſagen, daß ſie eigentlich ſo gut wie nichts mit⸗ einander zu tun haben. Aber es iſt auch wohl zweck⸗ mäßig, daß die Führung des eigentlichen Schul⸗ weſens unſerer Stadt, alſo die der Gemeindeſchulen wie die der höheren Lehranſtalten, in der Hand des gegenwärtigen Herrn Stadtſchulrats bleibt, der ſo eventuell dann durch die Schaffung der Stellung eines Stadtrats auf manchen Gebieten des Volksſchul⸗ weſens entlaſtet werden kann. Meine Herren, uns ſcheint, als wenn der Magi⸗ ſtrat die ſchwierige Frage der Arbeitsteilung durch die Ihnen unterbreitete Vorlage glücklich gelöſt hat. Man kann jedoch darüber zweifelhaft ſein, ob es nicht richtig iſt, alle dieſe Fragen noch einmal in einem Ausſchuß zu ventilieren, und wir ſtellen des⸗ halb ſelbſt den Antrag — er wird ja, wie ich höre, auch ſchon von anderer Seite geſtellt —, dieſe Magiſtrats⸗ vorlage zunächſt einem Ausſchuß von 15 Mitglie⸗ dern zur Vorberatung zu überweiſen. Stadtv. Schwarz: Meine Herren! Ich ſpreche nur für meine Perſon; ich habe es aber nicht mit der von Herrn Kollegen Wöllmer erwähnten Perſon unſe⸗ res Herrn Stadtſchulrats Neufert der Vorlage gegen⸗ über zu tun, ſondern lediglich mit der Sache. Sehr richtig, ſagte Herr Wöllmer, daß im Schul⸗ dezernate außerordentliche Schwierigkeiten vorliegen. Dieſe Schwierigkeiten kommen in der Vorlage offen⸗ bar in der Fülle diffuſer Aufgaben zum Ausdruck, die dem neu zu ſchaffenden Stadtrat⸗Dezernate zugedacht werden. Da begreife ich zunächſt nicht, wie ein ſta⸗ tiſtiſches Amt hier hineinkommt. Ich habe immer betont, daß für die ſtatiſtiſchen Aufgaben das ſtädtiſche ſtatiſtiſche Amt da ſei, auch wenn wir ihm für ſeine Mehrleiſtungen neue Beamtenſtellen ſchaffen müßten. Für dieſe Verquickung in der Vorlage würde ich nicht zu haben ſein. Auch was der Ge⸗ meindefriedhof mit der Stelle einesStadtrats für das Fortbildungsſchulweſen zu tun hat, kann ich nicht verſtehen, ebenſo wenig wie ich begreife, was dieſe Stelle mit dem Theater zu tun hat. Der Umſtand, daß die Fortbildungsſchuljugend auch in das Theater geht, iſt das einzige, was ich habe finden können, um hier einen Zuſammenhang herzuſtellen. Endlich die Lehrerbücherei und die Magiſtratsbücherei! Das klingt ſo einfach, hat aber tatſächlich nichts mit dem Fort⸗ bildungsſchulweſen zu tun. Viel einfacher würde doch gerade das ſein, was Herr Wöllmer als nicht tunlich bezeichnete, nämlich die Zuſammenfaſſung der höheren Lehranſtalten und der Fortbildungsſchulen in einer Hand. Das erſchiene mir, der ich ſeit einer Reihe von Jahren allen einſchlägigen Deputationen angehöre, ſachlich gegeben. Das richtigſte und einfachſte wäre meiner Anſicht nach, wenn wir die 33 Gemeinde⸗ ſchulen mit allem Drum und Dran in eine Hand, die etwa über ein Dutzend zählenden höheren Lehranſtal⸗ ten und die Fortbildungsſchule, die in vierfacher Aus⸗ ſtrahlung in der Entwicklung begriffen iſt, in eine andere Hand geben könnten, zumal eine der vier künftigen Lehranſtalten der Fortbildungsſchule ſo ausgebaut werden ſoll, daß ſie einer höheren Lehr⸗ anſtalt gleicht und von hier aus der Uebergang zur Handelshochſchule möglich iſt. Das erſchiene als die einfachſte Teilung. Was tut aber dieſe Vorlage? Sie zerreißt orga⸗ niſche Schuleinheiten in zwei Teile; es ſollen zwei Dezernenten zuſtändig ſein für eine und dieſelbe Schule, der eine für das Sächliche, zum Beiſpiel den naturwiſſenſchaftlichen Apparat, die Schüler⸗ und die Lehrerbibliothek, der andere für die übrigen Poſitio⸗ nen des Schuletats. Und wer trägt die Verantwor⸗ tung für den Etatstitel? Die einzelnen Etatstitel müſſen durch eine Perſon vertreten und gedeckt wer⸗ den und nicht durch zwei. Ich ſehe hier keine Ver⸗ waltungsvereinfachung, ſondern gerade eine Unüber⸗ ſichtlichkeit entſtehen, und wir wiſſen nicht, wen wir verantwortlich zu machen haben. Da es zum Glück in der Vorlage heißt: „ohne damit der Zuſtändigkeit des Dirigenten zur Geſchäftsverteilung vorzugreifen“, ſo hoffe ich, daß der Macſſtratsdirigent, obgleich er dieſe Vorlage unterſchrieben hat, doch dieſen Ver⸗ hältniſſen Rechnung tragen und bemüht ſein wird, unter keinen Umſtänden organiſche Einheiten zer⸗ reißen zu laſſen, unter keinen Umſtänden zwei Hände in höhere oder Gemeindeſchulen hineinzulaſſen, beſon⸗ ders auch angeſichts der Schwierigkeiten der in letz⸗ teren eingeführten Reformen, die noch lange nicht beendigt ſein dürften und für deren Durchführung die Verantwortung zu tragen die Inſtanz, die ſie von Anfang an geleitet hat, auch die geeignetſte zu ſein ſcheint. Für die ſpätere Organiſation alſo, bis wir in ferner Zukunft einmal drei Schulräte haben werden, ſchiene es mir auch bei der Laſt der Arbeit am ein⸗ fachſten und natürlichſten, wenn die höheren Lehran⸗ ſtalten und die Fortbildungsſchulen in eine Hand kämen und die Gemeindeſchulen in eine andere. Das wäre einheitlich und klar und der ganze Aufbau ein ſelbſtverſtändlicher und in der Sache liegender. Ich äußere das, wie geſagt, für meine Perſon, halte mich aber als Schulmann und ſoweit meine Sachkenntnis auf Grund der Mitarbeit in den einſchlägigen Depu⸗ tationen durch alle dieſe Jahre reicht, für verpflichtet, das hier zum Ausdruck zu bringen. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Eine Vorlage von außerordentlich hoher Bedeutung hat uns der Magiſtrat heute gemacht, von außerordentlich hoher Bedeutung ſowohl was die Zuſammenſetzung des Magiſtrats überhaupt und die Verwaltung der Stadt, wie auch ganz beſonders was die weitere Ent⸗ wicklung unſeres Schulweſens anbelangt. Der Magi⸗ ſtrat begründet die Schaffung einer neuen Stadtrats⸗ ſtelle weſentlich nur mit der Ueberlaſtung des Schul⸗ rats auf dem Gebiete des Schulweſens. Es handelt ſich alſo gewiſſermaßen nicht um eine Stadtratsſtelle in dem gewöhnlichen Sinne, um einen Stadtrat, dem alle möglichen Dezernate übertragen werden ſollen, ſondern — das ſagt der Magiſtrat wenigſtens in ſeiner Vorlage — um eine Stadtratsſtelle, die für ganz ſpezielle Sachen geſchaffen werden ſoll.