10 Sitzung vom 22. Januar 1913 Beginn der Sitzung 6 Uhr 12 Minuten. Vorſteher Dr Frentzel: Ich eröffne die Sitzung. Als Vertreter des Magiſtrats ſind abgeordnet die Herren Stadträte Boll, Samter, Stendel, Dr Schmitt, Schliemann, Dr Gottſtein, Seydel, Dr de Gruyter, Aſchenheim, Stadtbauräte Bredtſchneider, Seeling, Stadtſchulrat Dr Neufert und Kämmerer Scholtz. Als Beiſitzer walten die Herren Dr Borchardt und Dunck. Herrn Dr Borchardt, der noch nicht an⸗ weſend iſt, wird Herr Marzahn vertreten und auch zunächſt die Rednerliſte führen. Entſchuldigt ſind die Stadtverordneten Herren Becker, Dr Frank, Gebert, Jachmann, Münch, Dr. Perl, Vogel und Wagner. Die Vorſchläge des Wahlausſchuſſes zu Nr. 24 bis 26 der Tagesordnung liegen nebſt den Akten aus und gelten als genehmigt, wenn bis zum Schluſſe der öffentlichen Sitzung Widerſpruch nicht erhoben iſt. Ausgelegt werden ferner vier Einbürgerungsge⸗ ſuche und zur Tagesordnung Nr. 20 zwei Zuſchriften der Charlottenburger Grundbeſitzervereine von 1894 und 1895. Meine Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung erteile ich zunächſt das Wort dem Herrn Oberbürger⸗ meiſter. (Die Verſammlung erhebt ſich.). Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Hochverehrter Herr Stadtälteſter und Stadtrat Dr. Jaffe! Am 11. Januar dieſes Jahres ſind 25 Jahre vergangen, ſeitdem Sie in den Ehrendienſt der Stadt Charlotten⸗ burg eingetreten ſind. Am 11. Januar 1888 wurden Sie als Stadtverordneter in das Stadtwerordneten⸗ kollegium der Stadt Charlottenburg eingeführt, welchem Sie 13 Jahre hindurch angehört haben. Sieben Jahre davon haben Sie das hochbedeutſame Amt eines Stadtverordnetenvorſtehers bekleidet. Alsdann ſind Sie in den Magiſtrat eingetreten, dem Sie nunmehr 12 Jahre angehören. Eine lange Reihe von Jahren haben Sie in dieſer Zeit im Magiſtrat das Dezernat für das Elektrizitätswerk geführt, das während Ihrer Tätigkeit eine außer⸗ ordentliche, ja ich kann wohl ſagen, glänzende Ent⸗ wicklung durchgemacht hat. In dieſe 25 Jahre, die ſeitdem vergangen ſind, fällt die ſtärkſte Entwicklung, welche die Stadt Charlottenburg durchgemacht hat, und ſo waren denn auch für die Verwaltung dieſer Stadt manche und große Schwierigkeiten zu überwinden. Da hat ſich denn Ihre große Kraft bewährt. Mit Ihrer Arbeitskraft, Ihrem klugen, welterfahrenen Rat haben Sie die Verwaltung unterſtützt, immer be⸗ ſeelt von dem Gedanken, nach beſtem K önnen und Wiſſen das Wohl der Stadt zu fördern. Wenn die Stadt Charlottenburg in dieſer Zeit einige Erfolge errungen hat, ſo haben Sie, mein hochverehrter Herr Kollege, ſehr lebhaften und ſehr verdienſt⸗ vollen Anteil an dieſen Erfolgen. In warmem Mitgefühl mit denjenigen Ihrer Mitbürger, die von der Not des Lebens bedrückt ſind, haben Sie und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin eine hoch⸗ herzige Stiftung gemacht, die in Segen wirkt, die manche Träne ſtillt und in manche Kammer, die von Sorge erfüllt iſt, den verklärenden Schimmer der Freude trägt. So haben Sie, mein hochverehrter Herr Kollege, das Vorbild edler Bürgertugend gegeben. Sie haben gezeigt, wie ein Mann, erfüllt von tüchtigem Bürger⸗ ſinn, die Pflichten, die er der Gemeinde, in der er lebt, gegenüber hat, auffaßt und ausübt. Ihr Leben iſt ein Segen für die Stadt Charlottenburg. An dem heutigen Tage, der erſten Stadtver⸗ ordnetenverſammlung nach dem 11. Januar dieſes Jahres, dem Stichtage Ihres 25 jährigen Jubiläums, iſt es mir eine herzlich und freudig empfundene Pflicht, Ihnen für alles das zu danken, was Sie der Stadt Charlottenburg in dieſen 25 Jahren ge⸗ leiſtet haben. Möge der Segen, den Sie der Stadt Charlottenburg gebracht haben, auch ein Segen ſein für Sie und für die Ihrigen, jetzt und in ferne Generationen! Mögen Sie ſelbſt, mein hochverehrter Herr Kollege, der Stadt Charlottenburg noch lange erhalten bleiben! Mit dieſem herzlichen Wunſche ſchließe ich den Glückwunſch, den ich Ihnen zu Ihrem 25 jährigen Jubiläum im Ehrendienſte unſerer Stadt hiermit ausſpreche. Vorſteher Dr Frentzel: Sehr verehrter Herr Stadtrat und Stadtälteſter! Geſtatten Sie auch mir, im Namen dieſer Verſammlung Ihnen meinen Glück⸗ wunſch und auch unſern Dank auszuſprechen. Ich glaube, wir haben zu dieſem Tun alle Veranlaſſung und ein gutes Recht. Haben Sie doch während der 25 Jahre Ihrer ſtädtiſchen Ehrendienſtzeit 13 Jahre, alſo mehr als die Hälfte, eben dieſer Verſammlung angehört und ſind Sie, wie bereits hervorgehoben, während 7 Jahre dank des Vertrauens, das Sie ſich im Kreiſe Ihrer Kollegen erworben haben, zum Lei⸗ ter dieſer Verſammlung immer wieder aufs neue ge⸗ wählt worden. Es genügt, auf dieſe Tatſache allein hinzuweiſen, um vor aller Welt klarzulegen, daß Ihre Tätigkeit als Stadtverordneter beſonders erfolgreich, Ihr Wirken beſonders glücklich geweſen iſt. Das alles beſtätigt nur diejenigen Mitteilungen und Nachrichten, die uns Jüngeren von den älteren Mitgliedern zugekommen ſind, die noch mit Ihnen und unter Ihrer Leitung in dieſem Hauſe getagt haben. Freilich, ihre Anzahl iſt nicht mehr ſo groß; aber alle, die ich darüber geſprochen habe, haben mir übereinſtimmend gerühmt neben der großen Lebhaftig⸗ keit, die Sie allen ſtädtiſchen Fragen und allen ſtäd⸗ tiſchen Intereſſen entgegengebracht haben, neben der großen Energie, die Sie immer eingeſetzt haben zur Erfüllung und Löſung der Aufgaben, die Ihnen zu⸗ fielen, die kluge und überlegte Art, mit der Sie an alle die Fragen herangingen, die Sie bewegten und die Sie angingen, ſie haben gerühmt die Feſtigkeit, mit der Sie bei dem blieben, was Sie einmal, ledig⸗ lich im Intereſſe der Sache, für richtig und gut er⸗ kannt hatten, ſie haben gerühmt die Feſtigkeit, mit der Sie gelegentlich auch als Warner und als ein⸗ dringlicher Mahner dann aufgetreten ſind, wenn Sie glaubten, daß die Schaffensluſt, der Wunſch, Neues einzuführen, vielleicht ein Zeitmaß annahm, das 4 nach Ihrer Ueberlegung nicht als das richtige erſchien. Dieſes Bild deckt ſich ſo ganz und vollkommen mit dem, was wir Jüngeren aus unſerer gemein⸗ ſamen Arbeit uns von Ihnen machen konnten, das Bild des immer ſtrebſamen und fleißigen Arbeiters, des Mannes, der immer bis zum Ende bedenkt und klug erwägt, bis er ſich ſein Urteil bildet, des Mannes, dem das Alter wohl noch Reife und Erfahrung geben konnte, dem es aber nichts nahm von der Lebendia⸗ keit und von der Friſche der Auffaſſung. ̊i