16 Sitzung vom 22. Januar 1913 Wenn Sie die Entwicklung Charlottenburgs ver⸗ folgen, ſo werden Sie finden, daß nicht immer, aber doch in der Regel, ein unbeſoldetes Amt geſchaffen wird, ſobald der Magiſtrat mit dem Antrage kommt, ein neues beſoldetes Mitglied des Magiſtrats zu be⸗ ſtellen. Das iſt, wie geſagt, nicht immer der Fall geweſen; man hat auch manchmal neben einem beſol⸗ deten Amt zwei unbeſoldete geſchaffen, hat es aber auch manchmal unterlaſſen, auch nur ein unbeſoldetes Amt zu ſchaffen. Im großen und ganzen iſt aber doch die Regel geweſen: neben dem beſoldeten auch ein unbeſoldetes Amt. Dafür ſpricht, daß die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung ein Intereſſe daran hat, daß im Magiſtrat den eigentlichen Kommunalbeamten gegenüber auch Vertreter der Büraerſchaft in genügen⸗ der Anzahl vorhanden ſind, um dem Kommunalbe⸗ amtentum gegenüber durch Vertreter der Bürgerſchaft gleichſam ein Gegengewicht zu ſchaffen. Meine Herren, es ſpricht aber auch die Städte⸗ ordnung dafür, daß in dieſem Sinne verfahren wird. § 12 der Städteordnung ſpricht von der Zuſammen⸗ ſetzung der Stadtverordnetenverſammlung, und hier iſt als Grundlage für die Zahl der Stadtverordneten die Einwohnerzahl gegeben. In dem Maße, wie ſich die Einwohnerzahl vermehrt, ſoll ſich auch die Zahl der Stadtverordneten erhöhen, und es iſt Ihnen ja erinnerlich, daß wir vor kurzer Zeit — ſelbſtverſtänd⸗ lich in Uebereinſtimmung mit dem Magiſtrat — den Beſchluß gefaßt hatten, die Zahl der Stadtverordneten zu erhöhen, weil die Bevölkerungszahl ſtark geſtiegen war. Die Städteordnung beſtimmt dann freilich auch, daß durch ſtatutariſche Anordnung, durch Ortsſtatut, die Zahl feſtgeſetzt werden und dann allerdings auch nur durch eine Aenderung des Ortsſtatuts, d. h. durch einen gemeinſamen Beſchluß von Magiſtrat und Stadtverordneten geändert werden kann. Genau in demſelben Sinne, ich möchte ſagen: genau in demſelben Tert und Tenor hält ſich der bezügliche Paragraph der Städteordnung, der von der Zuſammenſetzung und Wahl des Magiſtrats ſpricht. § 29, der ſich hierauf bezieht, hebt gleich⸗ falls hervor, daß die Einwohnerzahl die Grundlage für die Zuſammenſetzung des Magiſtrats ſei. Es, heißt: es gehören zum Magiſtrat in Stadtgemeinden von weniger als 100 000 Einwohnern 10 Schöffen. Unter Schöffen verſteht die Städteordnung nur un⸗ beſoldete Magiſtratsmitglieder, d. h. alſo Vertreter der Bürgerſchaft, wie ja überhaupt der Magiſtrat im Sinne der Städteordnung durchaus ein Organ der Selbſtverwaltung iſt, im Gegenſatz zu anderen Städte⸗ ordnungen, z. B. der rheiniſchen, wo der Magiſtrat mehr den Charakter der Bürgermeiſterei hat, dem Beigeordnete beigeſellt ſind. Alſo, die Städteord⸗ nung beſtimmt, wie ich ſagte, daß der Magiſtrat 10 Schöffen haben ſoll, wenn die Einwohnerzahl bis zu 100 000 beträgt. Bei mehr als 100 000 Einwoh⸗ nern treten für jede weiteren 50 000 Einwohner zwei Schöffen hinzu. Wenn Sie dieſe Vorſchrift der Städteordnung anwenden, ſo müßte die Zahl der unbeſoldeten Ma⸗ giſtratsmitglieder bei einer Einwohnerzahl von 100 000 10 ſein, oder wenn wir das Beiſpiel auf unſere Verhältniſſe anwenden, ſo müßte, da unſere Einwohnerzahl ſich zwiſchen 300 000 und 350 000 be⸗ wegt, demnach die Zahl der Schöffen, d. h. der un⸗ beſoldeten Magiſtratsmitglieder, 20 ſein. Selbſt⸗ verſtändlich enthält dieſer Paragraph ebenfalls die vorher erwähnte Beſchränkung, d. h. die Anordnung, daß durch Ortsſtatut die Zahl herabgemindert bzw. feſtgeſetzt und dann natürlich auch wieder nur durch einen übereinſtimmenden Beſchluß von Magiſtrat und Stadtverordneten geändert werden kann. So, meine Herren, ſehen Sie, daß die Majori⸗ tät des Ausſchuſſes, wenn ſie zu der Anſicht gelangte, die Zahl der Magiſtratsmitglieder auch noch um zwei unbeſoldete zu vermehren, nämlich von 15 auf 17, durchaus im Rahmen und im Sinne der Städte⸗ ordnung gehandelt hat. Freilich wird man, weil die Städteordnung ſelbſt die Anregung zu dem Orts⸗ ſtatut gibt, anerkennen müſſen, daß Zweckmäßigkeits. gründe dafür ſprechen können, die Zahl der Magi⸗ ſtratsmitglieder und vielleicht aus ähnlichen Gründen auch die Zahl der Stadtwverordneten nicht allzu ſehr anſchwellen zu laſſen. Der Magiſtrat iſt ein Kolle⸗ gium, und es iſt durchaus zweckmäßig, daß man dieſes Kollegium nicht zu groß werden läßt, damit es nicht den Charakter eines Parlaments erhält und den eines Kollegiums verliert. Und es wird deshalb auch richtig und zweckmäßig ſein, wenn die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung ſich mit dem Magiſtrat über dieſe Frage verſtändigt. IIch habe Ihnen, meine Herren, als Berichter⸗ ſtatter mit dieſen Amendements die Annahme der Magiſtratsvorlage zu empfehlen, damit die großen Aufgaben im Intereſſe unſeres Schulweſens und ſo⸗ mit im Intereſſe unſerer Stadt gelöſt werden. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren! Der Magiſtrat hat Ihnen hier eine Vorlage ge⸗ macht, die aus dem Zwange der Verhältniſſe her. vorgeht. Unſer Fortbildungsſchulweſen hat ſich bedeutend entwickelt und ſteht vor einer noch viel größeren Entwicklung, die in der nächſten Zukunft eintreten wird. Die Wichtigkeit des Fortbildungs⸗ ſchulweſens iſt im Laufe der letzten beiden Jahr⸗ zehnte in der Bürgerſchaft immer mehr erkannt und wird auch von uns allen hier in vollem Maße anerkannt. Das haben Sie ſehr oft durch die ver⸗ ſchiedenſten Beſchlüſſe, die Sie gefaßt haben, be⸗ wieſen. Hier iſt alſo eine neue Aufgabe, die ſich in einem mächtigen Fluß befindet und die von großer Bedeutung für die Entwicklung unſerer Jugend iſt, und unſere Jugend iſt unſere Zukunft, meine Herren. Es war nun notwendig, daß für dieſe große neue Arbeit, die heute ſchon beſteht und die von Jahr zu Jahr immer noch ſtärker werden wird, eine volle Kraft gewonnen wird. Dieſe Ueber⸗ zeugung iſt uns mit Notwendigkeit und immer dringender vor Augen getreten. Wir haben Ihnen infolgedeſſen dieſe Vorlage unterbreitet, unſerer Verwaltung dieſe Kraft, die notwendig iſt, um das bedeutſame Fortbildungsſchulweſen zu fördern und zu heben, zur Verfügung zu ſtellen, und zwar haben wir es für nötig gehalten, einen Stadtrat zu wählen. Wir haben die Anregung, die im Ausſchuß darauf hinging, keinen Stadtrat, kein Mitglied des Magiſtrats, ſondern einen Schul⸗ inſpektor oder einen Direktor anzuſtellen, abgelehnt, weil wir es nicht nur für nicht zweckmäßig, ſondern ſogar als ſchädlich für die Sache erachten, wenn wir einer ſolchen Anregung folgen würden. Sollten etwa aus der Mitte der Verſammlung hierüber Zweifel geäußert werden, ſo behalte ich mir vor, dieſen Zweifeln noch zu begegnen. Ich möchte hauptſächlich darüber ſprechen, daß im Ausſchuß abſeits von der Magiſtratsvorlage beantragt wurde, neben einem beſoldeten Stadtrat auch zwei unbeſoldete zu wählen. Ich