18 wir, hüten, es ohne Not zu tun, wenn kein ſach⸗ licher oder anderer zwingender Grund dazu vorliegt. Dann, meine Herren, hat der Herr Referent geſagt, es ſei bei uns in der Regel ſo geweſen, daß wir bei der Wahl eines beſoldeten Magiſtrats⸗ mitgliedes dieſe Körperſchaft auch um einen oder zwei unbeſoldete vermehrt haben. Ich kann Ihnen nachweiſen, daß die Regel eine andere geweſen iſt. Wir ſind in der Beziehung immer ganz verſchieden vorgegangen. Einmal haben wir zwei unbeſoldete und einen beſoldeten, ein andermal einen unbeſol⸗ deten und einen beſoldeten und dann wieder gar keinen unbeſoldeten gewählt. Ja, es iſt ſogar vor⸗ gekommen, daß unbeſoldete Mitglieder geſtrichen worden ſind. Es iſt alſo immer nach Maßgabe Der eigenartigen Verhältniſſe, die im Augenblick Geltung hatten, beſchloſſen worden, und eine Regel iſt in unſerer ganzen geſchichtlichen Entwicklung nach dieſer Richtung niemals aufgeſtellt worden. Nun ſagt Herr Stadtv. Wöllmer, es liege das im Sinne der Städteordnung, und er hat ſich dabei auf den § 29 berufen. Meine Herren, ich inter⸗ pretiere den § 29 im Gegenſatz zu Herrn Wöllmer gerade umgekehrt. § 29 ſagt: Der Magiſtrat be⸗ ſteht aus dem Bürgermeiſter, Beigeordneten, Schöffen uſw. Es gehören zum Magiſtrat in Stadtgemeinden von weniger als 2500 Einwohnern zwei Schöffen, bei ſolchen von 60 000 bis 100 000 Einwohnern 10 Schöffen, bei mehr als 100 000 Ein⸗ wohner treten für jede weiteren 50 000 Einwohner 2 Schöffen hinzu. Wenn man nur dieſen erſten Abſatz lieſt, könnte man meinen, die Städteordnung ſchreibe vor, wie der Herr Referent es geſagt hat, daß wir entſprechend der hier angegebenen Skala nunmehr 18 unbeſoldete Mitglieder wählen müßten, da wir 325 000 Einwohner haben. Aber dieſer Schluß iſt ein falſcher, denn das Hauptgewicht iſt auf den letzten Abſatz dieſes Paragraphen zu legen, der da lautet: 0 Wo die Zahl der Mitglieder des Magiſtrats eine andere geweſen iſt, — wie bei uns — verbleibt es bei dieſer Zahl, bis durch ſta⸗ tutariſche Anordnung, welcher überhaupt abweichende Feſtſetzungen über die Zahl der Magiſtratsmitglieder vorbehalten ſind, eine Aenderung getroffen wird. Maßgebend für uns iſt alſo die ortsſtatutariſche Anordnung, unſer Ortsgeſetz. Die Städteordnung gibt nur eine Höchſtgrenze an, bis zu der die Städte gehen können, und das iſt die Zahl 18, mehr dürfen wir überhaupt nicht wählen; 18 Mitglieder iſt das allerhöchſte, was wir nach den geſetzlichen Be⸗ ſtimmungen wählen können. Bei der Emanation der Städteordnung hat man ja gar nicht an ſo große Städte gedacht, wie wir ſie gegenwärtig haben Die Städteordnung hat mit Städten von 50 000, höchſtens 100 000 Einwohnern gerechnet. Aber daß die Entwicklung in unſerem Vaterlande ſo koloſſal ſein würde, daß ſtädtiſche Gemeinweſen zu Millionen⸗ ſtädten anwachſen könnten, daran hat die Städte⸗ ordnung nicht gedacht, ſonſt wäre ſie in ihren Grundlagen und in ihrem Aufbau ganz anders abgefaßt worden. (Sehr richtig!) Alſo, meine Herren, es iſt uns nach der Städte⸗ ordnung die Möglichkeit gegeben, die Zahl der Magiſtratsmitglieder bis auf 18 zu vermehren; Sitzung vom 22. Januar 1913 aber unſer Ortsgeſetz ſetzt 15 feſt, und daran dürfen wir nur ändern, wenn in der Sache ein weſent⸗ licher Grund dazu vorliegt. Meine Herren, wenn der Herr Referent Recht hätte, wenn es in der Tat im Sinne der Städte⸗ ordnung läge, die Gemeinden nach der im § 29 Abſ. 1 gegebenen Skala mit unbeſoldeten Magiſtrats⸗ mitgliedern auszuſtatten, dann bitte ich Sie, einmal ein Rechenerempel aufzumachen, wieviel unbeſoldete Magiſtratsmitglieder dann die Stadt Berlin haben müßte. Ich habe das ausgerechnet. Berlin hat 2 jʃillionen Einwohner, und wenn Herr Stadtverordnuerer Wöllmer Recht hätte, müßte der Berliner Magiſtrat 86 unbeſoldete Magiſtratsmitglieder haben. (Heiterkeit.) Sie ſehen alſo, zu welchen Konſequenzen die von dem Herrn Referenten geäußerte Anſicht führen würde. Es iſt unmöglich, das als Sinn der Städteordnung hinzuſtellen. Und, meine Herren, daß alle anderen Städte ſo denken, wie ich es aus⸗ geführt habe, dafür iſt der beſte Beweis die Liſte, die ich Ihnen vorlegte. Auch Städte wie Frank⸗ furt a. M., die alſo größer ſind als wir, haben ſich in der Zahl der unbeſoldeten Magiſtratsmit⸗ glieder beſchränkt und haben nicht mehr, als wir haben. Das einzige, was ich anerkenne, iſt, daß die Städteordnung will, wie der Herr Referent geſagt hat, daß der Magiſtrat ein Organ der Selbſtverwaltung ſei, daß gegenüber der Zahl der Kommunalbeamten durch die aus der Bürgerſchaft gewählten unbeſol⸗ deten Magiſtratsmitglieder ein Gegengewicht ge⸗ ſchaffen werde, was in vollem Maße bei uns der Fall iſt; da fehlt nichts, da iſt keine Lücke. Wir brauchen die Zahl der unbeſoldeten Mitglieder, die bei uns jetzt ſchon größer iſt als in anderen Städten, nicht noch zu erhöhen. Das ſind die Gründe, meine Herren, aus denen der Magiſtrat mich ermächtigt hat, Ihnen zu erklären, daß er auf eine Erhöhung der un⸗ beſoldeten Mitglieder in dieſem Falle nicht ein⸗ gehen wird. Vorſteher Dr Frentzel: Es iſt ein Antrag einge⸗ gangen, und zwar von den Herren Dr Borchardt, Klick, Zietſch und vielen anderen Herren geſtellt, der folgendermaßen lautet: Im Falle der Ablehnung des Magiſtrats⸗ antrages und des Antrages des Ausſchuſſes er⸗ ſucht die Stadtverordnetenverſammlung den Magiſtrat, der Stadtverordnetenverſammlung möglichſt bald eine Vorlage zu unterbreiten, nach der für das ſtädtiſche Fortbildungsſchul⸗ weſen eine Direktorſtelle eingerichtet wird. Stadtv. Wöllmer (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren! Da der Herr Oberbürgermeiſter im Namen des Magiſtrats einen durchaus ablehnenden Standpunkt dem Ausſchußbeſchluß gegenüber einge⸗ nommen hat, es andererſeits aber nicht ausgeſchloſſen erſcheint, daß die Stadtverordnetenverſammlung an dem Beſchluß Ihres Ausſchuſſes feſthält, ſo erſcheint es uns angebracht, um zunächſt die Einſetzung einer gemiſchten Deputation im Falle des Konfliktes zu vermeiden, die Vorlage an den Ausſchuß wieder zu⸗ rückzuverweiſen, und ich habe im Auftrage meiner Freunde den Antrag auf Rückverweiſung an den