Sitzung vom 22. Januar 1913 Ausſchuß zu ſtellen, wobei ich ſelbſtverſtändlich vor⸗ ausſetze, daß dieſer Antrag erſt nach Beendigung der Debatte zur Abſtimmung gelangt. Vorſteher Dr Frentzel: Sie wünſchen alſo nicht, daß ich dieſen Antrag als Vertagungsantrag, über den ſofort abgeſtimmt wird, auffaſſe? (Wird verneint.) Man kann darüber im Zweifel ſein; aber ich glaube, es wird dem Wunſche der Verſammlung entſprechen, wenn ich zunächſt die Diskuſſion weitergehen laſſe. Die Verſammlung iſt damit einverſtanden. Stadtv. Dr Liepmann: Meine Herren! Wenn die Gründe des Herrn Oberbürgermeiſters gegen die Vermehrung des Magiſtratskollegiums um einen be⸗ ſoldeten und zwei unbeſoldete Stadträte ſo überaus einfach, überzeugend und klar wären, dann, glaube ich, hätte er doch ſchon in der Ausſchußſitzung die ſchweren Bedenken hiergegen hervorgehoben und hervorheben müſſen. Ich erachte die Gründe, die der Herr Ober⸗ bürgermeiſter hier vorgebracht hat, im Namen einer großen Anzahl meiner Fraktionsfreunde für durch⸗ aus nicht durchſchlagend. Das Beiſpiel der anderen Großſtädte Preußens kann hier, wo doch die beſon⸗ deren Dezernatsverhältniſſe in unſerer Stadtverwal⸗ tung, die Beurteilung des Verhältniſſes zwiſchen den beſoldeten und unbeſoldeten Stadträten und die Auswahl der letzteren, alſo im weſentlichen Perſonal⸗ fragen zur Entſcheidung ſtehen, für mich nicht in Be⸗ tracht lommen. Vielleicht haben eben gerade dieje⸗ nigen Städte, die der Herr Oberbürgermeiſter hier angeführt hat, in der Mitte ihres Stadtverordneten⸗ kollegiums nicht eine derartige Anzahl von arbeits⸗ bereiten und geeigneten Kräften, die gewillt wären, in den Magiſtrat einzutreten, wie wir Im übrigen kann ich aber auch die Auslegung, die der Herr Oberbürgermeiſter dem § 29 der Städte⸗ ordnung gegeben hat, durchaus nicht als richtig aner⸗ kennen. In dieſem Paragraphen iſt abſolut nicht vor⸗ aeſchrieben, daß keine höhere Anzahl von unbeſoldeten Stadträten beſtellt werden dürfe, als ſich durch die Bevölkerungsvermehrung, nämlich 2 bei je 100 000 Einwohnern, ergibt, ſo daß wir ſchließlich auf 18 als die mögliche Höchſtzahl kämen. Die Feſtſetzung hier⸗ über iſt vielmehr lediglich dem Ortsſtatut überlaſſen. Sehr wohl können wir daher für Charlottenburg durch Ortsſtatut, wenn wir es für richtig halten, und der Magiſtrat zuſtimmt, 25 und mehr unbeſoldete Stadtratsſtellen ſchaffen. Ich verweiſe darauf, daß nach der Städteordnung ſogar das Amt des Bürger⸗ meiſters, des Beigeordneten, wie es dort heißt, ein unbeſoldetes ſein kann. Alſo mit der Städteordnung kann der Herr Oberbürgermeiſter die Anormalitäl des Ausſchußantrages durchaus nicht beweiſen. Dann behauptet der Herr Oberbürgermeiſter, er ſähe keinen Grund für die Schaffung von unbeſolde⸗ ten Stellen. Ja, Herr Oberbürgermeiſter, der Grund liegt doch eben darin, daß Sie durch Ihren Antrag auf Vermehrung der beſoldeten Stellen das Orts⸗ ſtatut ändern wollen, und daß wir bei dieſer Aende⸗ rung ſchon aus Gründen der Parität es für richtig halten, daß, wenn ein beſoldeter Stadtrat gewählt wird, nach der bisherigen Skala auch die unbeſoldeten Stellen vermehrt werden müſſen. Mʃͤeine Herren, wenn die Mehrheit bei dem Aus⸗ ſchußbeſchluſſe beharrt, dann ſcheint ja allerdings der 19 Stoff für einen Konflikt gegeben zu ſein, den meine Freunde im Hinblick auf das bisherige einhellige Zu⸗ ſammenarbeiten von Magiſtrat und Stadtverord⸗ netenverſammlung auf das tiefſte bedauern würden, ein Bedauern, dem ich mich perſönlich warm an⸗ ſchließe. Es iſt deshalb nach der Anſicht einer großen Anzahl meiner Fraktionsfreunde die friedfertigſte und einfachſte Löſung, wenn Sie den uns vorgelegten Antrag des Ausſchuſſes einfach ablehnen; dann iſt die Möglichkeit zur Erhebung eines Konflikts überhaupt nicht gegeben. Auf dieſem Standpunkte der Ablehnung ſteht ein erheblicher Teil meiner Freunde auch ohne die Erklärung, die wir eben vom Magiſtratstiſche gehört haben. Dieſer Teil meiner Freunde iſt der Anſicht, daß zwar eine Entlaſtung des Herrn Stadtſchulrats durchaus geboten iſt, daß aber durch die Neueinrich⸗ tung des Fortbildungs⸗ und Fachſchulweſens nur während verhältnismäßig kurzer Zeit ein beſonderer Drang der Geſchäfte eintreten wird, der wieder ver⸗ ſchwindet, und daß für dieſe Uebergangszeit die vor⸗ handene Zahl der Stadträte, wenn man die nötigen Hilfskräfte hinzunimmt, ausreicht. Wie die Ent⸗ laſtung des Stadtſchulrats bewirkt werden kann, hat uns ja die Vorlage ſelbſtgezeigt; ſie legt uns dar, daß ein großer Teil von einzelnen Dezernatsgeſchäften von dem De⸗ zernat des Stadtſchulrats abgelöſt und auf ein an⸗ deres Dezernat übertragen werden kann. Ich will nun den in dieſen Ausführungen angegebenen Ein⸗ zelheiten über die Abzweigung durchaus nicht bei⸗ treten; ich will mich auch nicht auf weitere Einzel⸗ heiten einlaſſen, ich würde ja dadurch der Zuſtändig⸗ keit des Herrn Magiſtratsdirigenten auf Verteilung der Geſchäfte vorgreifen. Aber es genügt mir, feſt⸗ zuſtellen, daß jedenfalls auch nach Anſicht des Herrn Oberbürgermeiſters und des Magiſtrats eine der⸗ artige Erleichterung des Dezernats des Stadtſchul⸗ rats durch Abzweigung möglich iſt. Sodann kann nach unſerer Anſicht die Ent⸗ laſtung auch durch die Schaffung des Poſtens eines Direktors erfolgen, was ja die Herren Sozialdemo⸗ kraten ihrem Antrage zu Grunde gelegt haben. Die⸗ ſem Direktor ſollte zunächſt das geſamte Fortbil⸗ dungs⸗ und Fachſchulweſen übertragen werden. Außerdem könnten ihm weitere Dezernatsteile zuge⸗ legt werden. Ich gebe Ihnen ja zu, meine Herren, daß die Entlaſtung durch die Schaffung eines ſolchen Direktorpoſtens nicht ſo vollkommen wäre wie durch die Schaffung einer neuen Stadtratſtelle. Immer⸗ hin iſt aber die Entlaſtung doch groß. Bedenken Sie, daß die geſamten Zeit raubenden Ermittlungen und Vorarbeiten, die Rückſprachen uſw. dem Dezernenten durch einen Direktor abgenommen werden würden. Das will ſchon ſehr viel bedeuten. Sie haben ja das⸗ ſelbe in der Bauverwaltung. Durch die Vergrößerung und Verfeinerung der Ausgeſtaltung unſeres Schul⸗ weſens wird ja gerade auch die Tätigkeit des Hoch⸗ baudezernats in ungeheurem Umfange in Anſpruch ge⸗ nommen, und niemand denkt daran, die Schaffung einer zweiten Bauratſtelle zu befürworten. Wir hof⸗ fen und erwarten, daß unſer Herr Stadtbaurat mit der Unterſtützung der ihm zugeordneten Beamten und Hilfskräfte die Arbeitslaſt bewältigen wird. Das⸗ ſelbe, glaube ich, würde hier durch Schaffung eines Direktors erreicht werden. 5 Die Vorteile, die gegenüber der Schaffung einer neuen Stadtratſtelle durch Errichtung einer Direktor⸗ ſtelle erreicht werden würden, ſieht dieſer Teil meiner