38 in Charlottenburg ſondern auch in Groß⸗Berlin einen gewiſſen Mangel an kleinen Wohnungen, und zweifel⸗ los liegt auch ein Grund für die ſchlechte Lage der Grundbeſitzer mit darin, daß es häufig zur krant⸗ haften Sucht geworden iſt, die Häuſer mit großen Wohnungen zu bebauen, die nicht bezogen werden konnten, während auf der anderen Seite ein unge⸗ heurer Mangel an kleinen Wohnungen vorhanden iſt. Wenn hier die Stadt im Intereſſe der Grund⸗ beſitzer helfend und regulierend eingreifen ſoll, dann haben wir natürlich auch ein lebhaftes Intereſſe daran, daß bei derſelben Gelegenheit auch die Wohnungs⸗ verhältniſſe im Intereſſe der minderbemittelten Be⸗ völkerungskreiſe aufgebeſſert werden. Wir würden dann ferner darauf ſehen — ich nehme das natürlich als ſelbſtverſtändlich an, ich weiß aber nicht, inwiefern es den Widerſpruch der liberalen Herren hervorrufen könnte —, daß bei der Gewährung von ſtädriſchen Hypothekengeldern die gemeinnützigen Baugeſellſchaften und Wohnungsgenoſſenſchaften mit den ein⸗ zelnen privaten Grund⸗ und Hausbeſitzern vollſtändig gleichgeſtellt werden. (Bravo!) Wenn mit dem Beſtreben, den Grundbeſitzern Hypotheken auch an zweiter Stelle zu annehmbaren Bedingungen zu verſchaffen, die Grundſätze einer ge⸗ ſunden Wohnungs⸗ und Bebauungspolitik verbunden werden, werden wir bereit ſein, nach näherer Prüfung der Magiſtratsvorlage derſelben zuzuſtimmen, wie wir auch Iyrem Antrag zuſtimmen. Mit den Herren von der liberalen Fraktion wenden wir uns auch da⸗ gegen, die Beratung des Antrages in einer gemiſchten Deputation vorzunehmen. Wir haben mit den Be⸗ ratungen in gemiſchten Deputationen böſe Erfahrun⸗ gen gemacht. Namentlich denke ich noch immer mit Schrecken an die Arbeitsloſenverſicherung. Und ich fürchte, daß wir — wenn wir jetzt wieder eine De⸗ putation in gemiſchter Zuſammenſetzung mit Pro⸗ feſſeren und anderen gründlichen Kennern der Sache erhalten — dann ſchließlich in drei Jahren dahin kommen werden, daß wir anfangen, zu überlegen, was zu ſchaffen iſt. Meine Freunde ſind der Meinung, daß es ſich hier um eine notwendige und baldige Be⸗ hebung eines Notſtandes handelt. Und da iſt der kürzeſte Weg der beſte, den wir mit Ihnen beſchreiten wollen. (Bravo!) Stadt. Dr Lievmann: Zunächſt möchte ich unſerer Freude darüber Ausdruck geben, daß diesmal von allen Seiten dieſes Hauſes die Notwendigkeit eines kommunalen Eingreifens anerkannt worden iſt. Als ich noch im Jahre 1911 darauf hinweiſen wollte, hatte ich damit keinen Erfolg. Dem Herrn Kollegen Zierſch möchte ich auf ſeine Entgegnung hinſichtlich der jetzigen Bereitwilligkeit Izu einer Hilfsaktion von ſeiten der Stadtverwaltung erwidern — wie ich glaube, darf ich das wohl auch im Namen meiner liberalen Freunde weiter links tun — daß das laisser faire, laisser aller-Prinzip zunächſt nicht ein feſtſtehendes für alle Fälle geltendes Programm der liberalen Parteien iſt. Wir haben ja gezeigt, als wir die ſoziale Geſetzgebung mit förderten, daß wir gern von dieſem Prinzip in Fällen abſehen, Sitzung vom 22. Jannar 1913 wo Selbſthilfe verſagt. Ich verweiſe ferner auf andere ſoziale Einrichtungen, wie den Arbeitsnach⸗ weis und viele ähnliche gemeinnützige Inſtitute. An die Errichtung der Schutzzölle ſollte ich nicht erinnern, da ſie ja bei den meiſten von Ihnen keine beſondere Anerkennung findet, wenn auch die nationalliberale Partei freudig bekennt, daß ſie an dieſem Schutz der nationalen Arbeit mitgewirkt hat. Schließlich, Herr Kollege Zietſch, können Sie aus unſerem Vorgehen bei der jetzigen Gelegenheit nicht herleiten, daß wir im allgemeinen uns zur Rege⸗ lung wirtſchaftlicher Verhältniſſe von Staats eder Stadt wegen bekehrt haben. Denn es handelt ſich hier, wie Herr Kollege Meyer ſchon ausgeführt hat, nicht um normale Verhältniſſe, ſondern um einen ganz anormalen Notſt an d, der zunächſt gemildert werden muß. Der Herr Referent hat das ja ſchon ausgeführt. Ich möchte nur, um kurz zu ſein, zwei Geſichtspunkte anführen, aus denen ſich auch ergibt, daß wir nicht nur aus dem allgemeinen Intereſſe, unſeren Bürgern zu helfen, eingreifen müſſen, ſondern daß wir es auch aus Rückſicht auf unſere ſtädtiſchen Finanzen tun müſſen. Wenn Sie ſich unſeren Etat anſehen, ſo werden Sie finden, daß mehr als drei Fünftel des Betrages aller Kommunalſteuern von dem Hausbeſitz in Charlottenburg an die Stadtkaſſe abgeführt werden, abgeſehen von den Abgaben für Gas und Elektrizität. Wenn alſo der Hausbeſitz in ſeiner finanziellen Kraft ſo weiter leidet wie bisher, ſo drohen damit auch die finanziellen Quellen für Ausführung der ſtädtiſchen Aufgaben zu verſiegen. Weiter komme ich auf einen Punkt, den Herr Kollege Zietſch ſchon kurz berührte, auf die Frage der Wohnungsreform. Ich halte es für ſelbſtverſtändlich, daß ſich ein ſtädtiſches Inſtitut, das für Hypotheken⸗ zwecke Gelder hergibt oder garantiert, ſchon im Inter⸗ eſſe der Sicherheit ſeiner Darlehne zunächſt ſich die⸗ jenigen Objekte ausſuchen wird, welche nach hygie⸗ niſchen und, um es kurz zu ſagen, nach modernen, einer vernünftigen Wohnungsreform Rechnung tra⸗ genden Plänen erbaut ſind. Es werden alſo die Häuſer, die den Idealen des Herrn Zietſch und ſeiner Freunde entſprechen, den Vorzug haben. Es wird damit alſo auch auf die Verbeſſerung unſerer Woh⸗ nungsverhältniſſe und darauf hingewirkt werden, daß gute Kleinwohnungen in hinreichendem Maße zur Vermietung ſtehen. Wie mein Antrag auf Einſetzung einer ge⸗ miſchten Deputation zeigt, hegte ich nicht den Opti⸗ mismus, daß der Magiſtrat uns bald eine Vorlage zur Behebung der Notlage bringen würde; denn nach dem Vorangegangenen hatte ich dazu keine Veran⸗ laſſung. Ich hatte im Jahre 1911 feſtſtellen müſſen, daß Wilmersdorf auf ſeine Anfrage, ob wir gemein⸗ ſam auf dieſem Gebiete etwas unternehmen wollten, beinahe ein Jahr lang auf eine Antwort ſeitens unſeres Magiſtrats hat warten müſſen. Bei der Be⸗ ſprechung der Petition des 95er Vereins im März 1912 bin ich wieder auf dieſe Angelegenheit zurück⸗ gekommen, ohne Geneigtheit für ein entſchiedenes ſtädtiſches Vorgehen zu finden. Seitdem haben wir von der Abſicht eines Einſchreitens unſeres Magiſtrats nichts gehört. Deſto mehr kann ich meiner Genug⸗ tuung und Freude darüber Ausdruck geben, daß der Herr Oberbürgermeiſter mich eines Beſſeren belehren konnte. Selbſtverſtändlich ziehe ich auf Grund der Erklärung des Herrn Oberbürgermeiſters meinen