Sitzung vom 22. Januar 1913 Antrag auf Einſetzung einer gemiſchten Deputation hiermit zurück. (Bravo!) Wir hoffen, daß auch ohne unſere Mitarbeit im Schoße des Magiſtrats ein wirklich aus⸗ reichendes Heilmittel zur Löſung dieſes Problems, das eine Lebens⸗ frage für unſeren Wohlſtand u n d unſeren Mit telſtand bildet,gefun d en wird. (Beifall.) Stadtv. Dr Crüger: Meine Herren! Die Einig⸗ keit, die ſich heute hier bei den drei Herren Vorrednern bei ja allerdings nicht überall ganz klaren Zielen ge⸗ zeigt hat, wird hoffentlich anhalten, wenn es ſich um die Durchführung der hier in Frage kommenden Pro⸗ jekte handelt. Auf die Schwierigkeiten, die ſich er⸗ geben werden, hat der Herr Referent meines Er⸗ achtens zutreffend hingewieſen. Darauf iſt der Herr Referent allerdings nicht gekommen, daß ſich bei dieſem Antrag die Möglichkeit bieten würde, ein hohes Lied auf die Lehre der So⸗ zialdemokratie anzuſtimmen. Das war dem Herrn Kollegen Zietſch vorbehalten. Es iſt vielleicht ein vollſtändiges Novum, daß die Hypothekarkredit⸗ befriedigung des Hausbeſitzes bei der Sozialdemo⸗ tratie eine derartige Begeiſterung ausgelöſt hat. (Heiterkeit.) Wir ſehen, daß die Sozialdemokratie, die eben durch einen ihrer berufenſten ismus Wandiungsfähigkeit vorgeworfen hat, hier zweifellos dem Liberalismus mit gutem Beiſpiel vorangeht: denn die Sozialdemokratie, die ja doch den Haus⸗ und Grundbeſitz möglichſt verſchwinden ſehen, ihn verſtaatlichen möchte, iſt jetzt bereit, ihm die rettende Hand zu bieten, um ihn in ſeiner Selbſtändigkeit zu erhalten. Herr Zietſch wies auf die aus der langen Entwicklungszeit des Liberalismus ſich ergebenden Wandlungen hin. Meine Herren, wer hätte wohl noch vor wenigen Tagen daran gedacht, daß die So⸗ zialdemokratie dem Haus⸗ und Grundbeſitz bei⸗ ſpringen würde. (Bravol) geteh Herr Kollege Zietſch hat auf den Beſchluß der nach dem Vertreter dem Liberalismus 39 gleich zu der Frage Stellung nehmen, die Herr Kollege Zietſch hier aufgeworfen hat, ob man denn die Hupo⸗ theken auch für den Kleinwohnungsbau hergeben wird. Ich halte das für vollkommen ſelbſtverſtändlich; aber ich möchte auch gleich hinzufügen: ich wundere mich, daß Herr Kollege Zietſch dieſe Frage hier überhaupt aufgeworfen hat, da ja dem Kleinwohnungsbau und den gemeinnützigen Geſellſchaften mit derartigen Hypotheken gar nicht gedient iſt. Nach dem Erlaſſe des Miniſters ſollen wir bis zu 70% gehen. Herr Kollege Zietſch wird ja wiſſen, daß die gemeinnützigen Baugeſellſchaften heute ſchon eine weit höhere Be⸗ leihung als bis zu 70% erreichen, und zwar bei einer nicht immer ſehr ſtrengen Tare. Außerdem müſſen wir dann noch das Geld im Wege der Anleihe auf⸗ nehmen, und daß wir es unter dem Anleihewert ab⸗ geben, iſt kaum anzunehmen. Ob den gemeinnützigen Genoſſenſchaften mit derartigen Krediten gedient werden wird, iſt mir zweifelhaft. Jedenfalls muß da natürlich vollſtändige Parität gewahrt werden. Meine Herren, das Kleinwohnungsweſen hier hineinzuziehen, dafür liegt keine rechte Veranlaſſung vor. Damit komplizieren Sie die Sache. Wir haben es mit der Befriedigung des Hypothekenmarktes als ſolchen zu tun, und wir werden vor allen Dingen an die beſtehenden Hypothekenverhältniſſe denken. Wenn wir etwa, wie es die Abſicht des Herrn Kollegen Zietſch zu ſein ſcheint, auch mit dieſer Hypotheken⸗ beſchaffung gleich an die ferne Zukunft denken wollten, d. h. an die Befriedigung der Wohnungsbedürfniſſe, dann dürfte ſelbſt dem Herrn Kollegen Liepmann die Anleihebelaſtung der Stadt etwas zu weit gehen. Ich glaube, es läßt ſich ſehr ſchwer auch nur annähernd in Zahlen zum Ausdruck bringen, welche Anleihen vie Staht aufnehmen muß, um die Hypothekenanſtalt mit Mitteln zu verſorgen, die nach allen dieſen Rich⸗ tungen hin ausreichen können. Aber das iſt ja Zu⸗ kunftsmuſik. Wir wollen überhaupt erſt einmal Hy⸗ pothekenanſtalten in die Wege leiten und ſehen, wie ſie zu arbeiten imſtande ſind. Auch ich möchte von meinem und meiner Fraktionsfreunde Standpunkt noch ein paar Worte zu der Frage hinzufügen, ob denn hier ein berechtigtes Intereſſe für die Kommunen zum Eingreifen vor⸗ handen iſt, wie der Herr Oberbügermeiſter das auch ſeinerſeits geprüft hat, ob die Kommune ein Recht, ob die Kommune eine Pflicht hier hat. Ich folge da nicht den Ausführungen des Herrn Kollegen Zietſch⸗ ſondern ich meine, daß man ſich auf den Standpunkt ſtellt: es handelt ſich hier vor allen Dingen darum, Ordnung in den Hypothekenmarkt hineinzubringen. Daß heute die ungeheuerlichſten Verhältniſſe auf dem Hypothekenmarkt beſtehen, darüber kann gar kein Zweifel ſein. Meine Herren, ich habe kürzlich bei einer anderen Gelegenheit die Frage aufgeworfen, weshalb denn nicht die vorhandenen Hypotheken⸗ inſtitute mit gutem Beiſpiel vorangehen. Die Hypo⸗ thekeninſtitute können ſich nicht allein hinter die Schutzwand zurückziehen, daß ſie ſagen: die heutigen Geldverhältniſſe ſind außerordentlich ungünſtig; ſie ſchützen ſich damit nicht gegen den ſehr ſchweren Vor⸗ wurf, daß ſie zum Teil aus den heutigen ſchwierigen Geldverhältniſſen Vorteile herausgeholt haben, (Sehr richtig!) die mit dem gewöhnlichen Denken und Fühlen im