40 Handel und Wandel — ich will mich ganz vorſichtig ausdrücken — nicht ganz vereinbar ſind. (Lebhafte Zuſtimmung.) Dieſe privaten Inſtitute zwingen uns dazu, andere Wege einzuſchlagen. Wir treten ſelbſtverſtändlich vom Standpunkt der Kommune außerordentlich ungern dieſen Dingen näher, weil wir jede weitere kommu⸗ nale Belaſtung fürchten und weil die kommunale Tätigkeit heute ſchon eine derartige Ausdehnung ge⸗ wonnen hat, daß wir ihr nur dann, wenn es gar nicht anders geht, noch weitere Aufgaben zuzuweiſen in der Lage ſind. Hier aber machen es die Verhältniſſe geradezu gebieteriſch notwendig. Ein Eingreifen der Geſetzgebung wollen wir unter keinen Umſtänden, ſondern wir ſind gerade der Meinung, daß infolge der kommunalen Arbeit ſich das Privatkapital wie⸗ derum in größerem Umfange dem Haus⸗ und Grund⸗ beſitz zuwenden wird und daß ſich dadurch die Mög⸗ lichkeit bieten wird, geordnete Verhältniſſe n ſchaffen. Darin unterſcheiden wir uns von den Herren von links allerdings vollſtändig. Sie ſind der Meinung, daß wir dadurch auf den Weg kommen, überhaupt das ganze Hypothekenweſen zu verſtadtlichen. Nein, was wir hier ergreifen wollen, das iſt ſelbſtverſtänd⸗ lich nur ein Notbehelf. Wir wollen geordnete Ver⸗ hältniſſe herzuſtellen ſuchen, und ich glaube, daß die Wege, die gegangen werden ſollen, auch ganz geeignet dazu ſind. 1 Wenn man vielleicht hier und da mit übertrie⸗ benen Hoffnungen und Erwartungen an dieſe Aktion herangeht, ſo würde ich das auf das lebhafteſte be⸗ dauern. (Bürgermeiſter Dr Maier: Sehr richtig!) Heute iſt hier ein anderer Antrag angekündigt wor⸗ den, der mich mit einem wahren Schrecken erfüllt hat, der Magiſtrat möge erwägen und möge — ich weiß nicht was noch für ein Wort dazu geſellt war, es klingt ſo ſchön in dem Antrage — wie man beſeitigen könne, daß die Armut von der Powerteh herkommt. (Heiterkeit.) Tatſächlich meine Herren, wir haben es hier mit einer ſehr ernſten Sache zu tun. Meine politiſchen Freunde ſind ſich vollauf der ſehr großen Verantwortung be⸗ wußt, die ſie auf ſich genommen haben, indem ſie mit einer derartigen Anregung vor die Oeffentlichkeit treten. Wenn wir aber mit dieſer Anregung den Er⸗ folg hätten haben ſollen, daß hier von anderer Seite ganz allgemein die Frage der Verſchuldung aufge⸗ worfen wird und ob nicht die Kommune irgendwelche Mittel und Wege findet, um der Verſchuldung des Mittelſtandes, des Arbeiterſtandes entgegenzutreten und vielleicht ihrerſeits die Mittel zur Verfügung ſtellt, den Mittelſtand von dieſen Schulden zu be⸗ freien, eine allgemeine Entſchuldungsaktion durch⸗ zuführen — dann glaube ich allerdings, dann können draußen Hoffnungen, Erwartungen erweckt werden, auf die um ſo bittere Enttäuſchungen folgen müſſen, und von dieſen bitteren Enttäuſchungen würden wir als Stadtparlament nicht in letzter Reihe, und zwar außerordentlich ſchwer betroffen werden. Wir wollen alſo doch das Ziel der Tatſache nicht verlaſſen. Meine Herren, ich halte es für durchaus zu⸗ treffend, daß der Herr Referent die Frage der zweiten Sitzung vom 22. Januar 1913 Hypotheken hier ſo gut wie gar nicht berührt hat. Denn dieſe Frage läßt ſich gar nicht behandeln, ohne ſauch gleichzeitig die Frage der erſten Hypotheken zu erörtern. Die Frage der zweiten Hypothek iſt eine Frage der erſten Hypothek. Der Erlaß der Miniſter vom März 1912 ſagt: die Anleihe wird bewilligt wer⸗ den, wenn man in der Hypothekenbeleihung nicht über 70% hinausgeht. Damit iſt meines Erachtens die Frage der zweiten Hypotheken eigentlich erledigt, denn daß bei dieſer Begrenzung nicht mehr viele zweite Hypothken, wie die Dinge einmal liegen, in Frage kommen können, liegt vollſtändig auf der Hand. (Sehr richtig!) Darüber ſoll und muß ſich die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung im Klaren ſein: die ganze Aktion betrifft denjenigen ſtädtiſchen Haus⸗ und Grundbeſitz, der in ſolider wirtſchaftlicher Lage ſich befindet und der doch heute unter den unlauteren Marktverhältniſſen in ſchwere Mitleidenſchaft gezogen iſt. (Sehr richtig!) Demjenigen Haus⸗ und Grundbeſitz, den wir in der Zwangsverſteigerung mit einer Belaſtung von 100, 150, 200 % des Wertes abſchneiden ſehen — der⸗ artige Dinge ergeben die Statiſtiken —, kann ſelbſt⸗ verſtändlich von der Kommune nicht geholfen werden. Ich glaube aber, wir arbeiten gerade momentan er⸗ folgreich, wenn wir die ganze Tätigkeit dem Haus⸗ und Grundbeſitz zuwenden, der unverſchuldet in ſchwierige Verhältniſſe hineingekommen iſt. (Sehr richtig!) Hier muß man helfend eingreifen. Und da ſoll man wirklich nicht darum ſtreiten und rechten, ob es ſich hier um laisser aller, Iaisser faire handelt, ob irgend⸗ welche wirtſchaftlichen oder ſonſtigen Grundſätze ver⸗ laſſen werden oder ob man eine Reviſion vorge⸗ nommen hat, ſondern wir ſtehen hier tatſächlich vor den Dingen, wie ſie taſächlich ſind: es beſteht ein Not⸗ ſtand für weite Kreiſe des ſtädtiſchen Haus⸗ und Grundbeſitzes. (Sehr richtig!) Darin ſtimme ich auch den Herren Vorrednern bei, die darauf aufmerkſam gemacht haben, daß wir es hier nicht mit einer Klaſſenſache zu tun haben, mit einer Angelegenheit, die gerade nur zugeſchnitten iſt auf die unmittelbar davon betroffenen Kreiſe des Haus⸗ und Grundbeſitzes. Nein, hier handelt es ſich um eine allgemeine Kalamität; denn es werden die weiteſten Kreiſe in Mitleidenſchaft gezogen. Es iſt ja nicht bloß der Baumarkt, der dabei in Frage kommt, es ſind noch andere Marktverhältniſſe, die getroffen werden. Was wir erreichen wollen, iſt, daß dieſe Kreiſe, die durchaus eriſtenzberechtigt ſind, erhalten werden, nicht auch notleidend werden. Wenn auch der ſolide Haus⸗ und Grundbeſitz notleidend werden ſollte, dann müßte man allerdings mit großer Sorge der Zukunft der Stadt Charlottenburg entgegenſehen. Hier iſt alſo ein Vorgehen vom allgemeinen kommu⸗ nalpolitiſchen Standpunkt aus berechtigt. Man hat es gar nicht nötig, wie die Dinge liegen, das Vor⸗ gehen zu verteidigen; aber immerhin, weil Zweifel ausgeſprochen worden ſind, iſt es vielleicht ganz gut,