Sitzung vom 22. Januar 1913 Ehe man einen derartigen Schritt tut, ſollte man es ſich zweimal überlegen. Die Entwicklung geht ja allerdings dahin, das wiſſen wir alle, daß die Ber⸗ liner Straße ſchließlich nur noch Verwaltungsgebäude enthält; aber man ſollte dieſe Entwicklung nicht noch unnötig beſchleunigen. Deshalb glaube ich, daß man bei den vielen freiſtehenden Wohnungen ohne weiteres den Verſuch machen könnte, jetzt zum Beiſpiel in den Nebenſtraßen der Schloßſtraße einige Räume anzu⸗ mieten. Sie brauchen zu dieſem Zwecke gar nicht auszuſchreiben, ſondern nur jemand damit beauf⸗ tragen, dort Wohnungen zu ſuchen. Dann werden Sie in den Nebenſtraßen der Schloßſtraße ohne viel Mühe in einem Hauſe mehrere Wohnungen be⸗ kommen, die Sie auch für dieſen Zweck benutzen können. Ich glaube, dieſer Verſuch ſollte gemacht werden, und ich möchte Sie deshalb bitten, die Sache in einen Ausſchuß zu verweiſen. Sollten Sie das nicht tun, ſo würde ich für meine Perſon — und ich glaube, auch meine Frakrionsfreunde zum großen Teil — der Vorlage nicht zuſtimmen können. (Sehr richtig!) (Ein Antrag auf Schluß der Beratung wird hierauf angenommen.) Stadtv. Zander (Schlußwort): Herr Kollege Otto als Vertreter der ſtärkſten Fraktion der Stadt⸗ verordnetenverſammlung hat geſprochen: ceterum censco Carthaginem esse delendam — die Sache iſt fertig, es iſt beſchloſſen, alſo kommt die Fort⸗ bildungsſchule an den Wilhelmplatz. (Große Heiterkeit.) Das waren die Ausführungen des Herrn Kollegen Otto. Meine Herren, wenn Sie die Begründung dieſer Vorlage geleſen hätten, dann würden Sie auch ſehen, daß ebenſo operiert wird, um dieſe Räume zu bekommen, wie beim ſogenannten Wohnungsamt operiert wird. Der Herr Haeſe ſchreibt z. B. jetzt darin — was er ſchon längſt wußte — daß die 18jährige Stieftochter des Schuldieners mit dem Schuldiener und deſſen Frau in einem Zimmer ſchlafen müſſe, weil nicht genügend Räume vorhanden ſind, und daß ſchon aus dieſem Grunde andere Räume angemietet werden müßten. Er verlangt nur 8 Schulzimmer; er verlangt weiter ein Direktor⸗ zimmer, 8 Räume für Lehrmittel und dann eine neue Schuldienerwohnung. So kommen dieſe 22 Röume heraus. Ich bin ſelbſtverſtändlich auch damit einver⸗ ſtanden, daß Lehrmittel den Schülern zugänglich ge⸗ 1. acht werden; ich weiß aus eigener Erfahrung, wie vorzüglich die Anwendung ſolcher Lehrmittel die Lehrmethoden unterſtützt. Aber ich ſage mir: wenn wir in kurzer Zeit eine Fortbildungsſchule größeren Stiles bekommen, ſo wird es doch möglich ſein, die Lehrmittel, die bis heute nicht dageweſen ſind, auch noch kurze Zeit zu entbehren, und es wird nicht not⸗ wendig ſein, darum zirka 30 000 ℳ im Jahre aus⸗ zugeben und einen Stadtteil zu ruinieren. Was der Herr Baurat geſagt hat, kann mich durchaus nicht überzeugen. Natürlich, dem Herrn Baurat wird es von ſeinem äſthetiſchen Gefühl aus beſſer gefallen, wenn er die Räume am Wilhelmplatz umbauen kann als in der Lützower Straße. Das gebe ich ihm zu; aber von der Notwendigkeit bin ich nicht überzeugt. 49 Sie alle, meine Herren, die Sie gegen den Stadt⸗ rat geſtimmt haben, bitte ich, jetzt für den Stadtrat einzutreten, wenn die Möglichkeit vorliegt, daß die Organiſation in der Fortbildungsſchule derartig ver⸗ ſagt, daß man zu Weihnachten mit einer ſolchen Not⸗ vorlage an den Magiſtrat herantritt und ihn in die zwingende Notwendigkeit verſetzt, innerhalb 14 Tage 22 zuſammenhängende Schulräume zu ſchaffen. Das iſt nach meiner Ueberzeugung eine Organiſation, wie ſie in Ruſſiſch⸗Polen ſein kann. aber nicht in einer Stadwerwaltung wie Charlottenburg. Stadtv. Otto (perſönliche Bemerkung): Der Herr Kollege Zander hat die Freundlichkeit gehabt, mich mit dem alten Römer Cato zu vergleichen. Das könnte mich ſtolz machen, wenn nicht in den weiteren Ausführungen des Herrn Kollegen Zander gelegen hätte, daß ich mich, entgegen dem alten Cato, hier in meinen Ausführungen eines Einfluſſes gerühmt hätte, der dem Herrn Kollegen Zander unbequem wäre. Ich darf demgegenüber darauf verweiſen, daß ich ausdrücklich hervorgehoben habe, meine Freunde hätten noch keine beſtimmte Stellung zu der Vorlage genommen, und daß ich zum Schluß ausdrücklich ge⸗ ſagt habe: ich hoffe, daß meinen Ausführungen, für die ich vorläufig nur perſönlich eintrete, auch meine Freunde beiſtimmen. Sollte das der Fall ſein, ſo darf Herr Kollege Zander überzeugt ſein: nicht meine Perſon, ſondern die Wucht der ſachlichen Gründe hat dieſe Entſcheidung herbeigeführt. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Vorſteher Dr Frentzel: Wir kommen zur Ab⸗ ſtimmung. Der Herr Referent hat beantragt, die Vorlage einem Ausſchuſſe von 15 Mitgliedern zu überweiſen. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) (Zuruf: Karthago! — Heiterkeit.) Als Mitglieder für dieſen Ausſchuß werden in Vorſchlag gebracht die Herren Bergmann, Dr Bor⸗ chardt, Dr Damm, Haack, Laskau, Lehmann, Neu⸗ kranz, Otto, Panſchow, Rackwitz, Richter, Schwarz, Weiſe, Wenig, Zander. — Widerſpruch dagegen er⸗ hebt ſich nicht; die Herren ſind gewählt. Wir kommen zu Punkt 17 der Tagesordnung: Vorlage betr. Schäferſches Vermächtnis. Druck⸗ ſache 18. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Magiſtrat wird ermächtigt, das an das ſtädtiſche Schiller⸗Realgymnaſium gefallene Vermächtnis des am 30. Oktober 1910 zu Eberswalde verſtorbenen Apothekers Friedrich Schäfer gegenüber dem Beſchwerten auszu⸗ ſchlagen.) Punkt 18: Antrag der Stadtv. Rieſenberg und Gen. betr. Unter⸗ grundbahn. — Druckſache 22. Der Antrag lautet: Der Magiſtrat wird erſucht, ſich mit der Di⸗ rektion der Hoch⸗ und Untergrundbahn in Ver⸗