54 Der prinzipielle Standpunkt, den wir, wie Herr Kollege Wöllmer als Referent voriges Mal gezeigt hat, im Sinne der Städteordnung vertreten haben, war der, daß das Verhältnis der beſoldeten und unbe⸗⸗ ſoldeten Magiſtratsmitglieder nicht zuungunſten der unbeſoldeten Magiſtratsmitglieder geändert werden dürfte. Nachdem bei der Schaffung der Stadtmedi⸗ zinalratſtelle bereits ein beſoldetes Mitglied dem Magiſtrat eingereiht worden iſt, ohne daß gleichzeitig eine unbeſoldete Stelle geſchaffen wurde, würde unſer prinzipieller Standpunkt diesmal nur dann aufrecht erhalten werden, wenn wir — wie es urſprünglich im Ausſchuß beſchloſſen worden iſt — neben dem beſol⸗ deten zwei unbeſoldete Stadträte hinzuwählten. In⸗ dem wir nach dem Beſchluß in der zweiten Ausſchuß⸗ beratung nur einen unbeſoldeten Stadtrat wünſchen, verlaſſen wir, wie geſagt, unſern grund ſätz⸗ lichen Standpunkt, an dem der Magiſtrat Anſtoß genommen hat, und es kommt uns nur noch darauf an, uns dagegen zu wehren, daß der unſerm Standpunkt entge⸗ gengeſetzte Standpunkt des Magi⸗ ſtrats durchdringe, der Standpunkt nämlich, daß die beſoldeten Stadträte wiederholt, und zwar hintereinander, vermehrt werden, überhaupt ohne Vermehrung der unbeſoldeten Stadtratſtellen. Meine Herren! Wir haben weiter, und zwar wieder Mitglieder beider Fraktionen, dem Magiſtrat das da und dort verlautbarte Bedenken, es könnte ſich hier um eine Fraktionsfrage oder um eine Perſonal⸗ frage handeln, durch die entſchiedene Verſicherung aus dem Wege geräumt, daß wederinnerhalbder Fraktionen noch zwiſchen ihnen über die Beſetzung der Stelleirgen dwelche Verhandlungen ſtattgefunden haben. Ich verkenne nicht, daß der Herr Oberbürger⸗ meiſter den ſcharfen Widerſpruch auch auf die Neu⸗ ſchaffung einer unbeſoldeten Stelle erſtreckt hat. Ein Teil meiner Freunde erblickt unter dieſen Um⸗ ſtänden in der Aufrechterhaltung der Forderung auch nur eines unbeſoldeten Stadtrats eine Gefahr für die Vorlage und iſt deshalb gegenwärtig bereit, auf die Verbindung dieſer Forderung mit der Vorlage zu verzichten. Die Mehrheit meiner Freunde ſieht mit mir keinen Anlaß dazu, weil wir es für aus⸗ geſchloſſen halten, daß der Magiſtrat aus unſerer Beſchlußfaſſung einen Grund herleiten wird, die ganze Vorlage abzulehnen (Stadtv. Kaufmann: Sehr richtig!) und damit dasjenige, was er im Intereſſe unſeres Schulweſens für eine dringende Notwen⸗ digkeit erklärt hat, zum Scheitern zu bringen oder auf lange Zeit zu verſchieben. Da der Magiſtrat uns bewieſen hat, daß die Schaffung einer beſoldeten Stadtratſtelle im Intereſſe des Schulweſens notwen⸗ dig iſt, da er weiter geſagt hat, daß eine Unterlaſſung dieſes Schrittes ein erheblicher Nachteil für das Schulweſen wäre, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß er eine ablehnende Stellungnahme zu unſerer Be⸗ ſchlußfaſſung nur verantworten könnte, wenn dieſem ſchweren Nachteile, der durch Unterbleiben der Schaf⸗ fung der beſoldeten Stadtratſtelle entſtände, ein eben⸗ ſo ſchwerer Nachteil durch Schaffung der unbeſoldeten Stelle entgegenſtände. Meine Herren, davon darſ auch nicht im geringſten die Rede ſein. Ob der Magi⸗ ſtrat aus 28 oder 29 Mitgliedern in Zukunft be⸗ ſtehen wird, das kann von großer Bedeutung für Sitzung vom 5. Februar 1913 ſeine Beweglichkeit, für ſeine Aktionsfähigkeit doch in keiner Weiſe ſein. 7 (Stadtv. Dr Stadthagen: Sehr richtig!) Wenn nun der Herr Oberbürgermeiſter davon geſprochen hat, daß kein Bedürfnis vorliegt, dann möchte ich erſtens darauf aufmerkſam machen, daß wohl ſelten der Magiſtrat ein Bedürfnis für die Schaffung unbeſoldeter Stadtratſtellen an⸗ erkennen wird. Aber ganz abgeſehen davon, ſcheint mir die Frage überhaupt ganz falſch geſtellt. Es kommt nicht darauf an, ob für ein unbeſoldetes Mit⸗ glied des Magiſtrats ein beſtimmtes Arbeitspenſum bereits in Ausſicht genommen werden kann oder nicht. Denn im Sinne der Städteordnung ſollen die unbe⸗ ſoldeten Magiſtratsmitglieder allgemeine Ratgeber im Magiſtrat ſein; ſie ſollen vermöge ihrer Erfahrungen und Kenntniſſe im praktiſchen Leben ein Gegenge⸗ wicht bilden gegenüber den theoretiſch gebildeten, techniſchen Mitgliedern des Magiſtrats. Deshalb iſt die Schaffung beſoldeter Magiſtratsſtellen an ſich ein für die Schaffung unbeſoldeter Magiſtrats⸗ tellen. Nun bin ich in der glücklichen Lage, mich hierbei nicht nur auf eine, wie ich glaube, ſehr verbreitete Anſchauung zu ſtützen, ſondern ich kann dem Magi⸗ ſtrat einen Sachverſtändigen bringen, der auch dem Magiſtrat imponieren wird: das iſt nämlich der Magiſtrat von Charlottenburg ſelbſt. Als der Magi⸗ ſtrat von Charlottenburg unter dem 30. Mai 1907 die Vermehrung der beſoldeten Stadtratsſtellen um eine Stelle vorſchlug — das war der Vorgang, nach dem dann Herr Stadtrat Seydel in unſern Magiſtrat gewählt wurde —, da wurde in ſehr eingehender Weiſe auf vier Spalten der Druckſachen das ſachliche Bedürfnis für ein neues beſoldetes Magiſtratsmit⸗ glied aus der geſamten Arbeitslage des Magiſtrats 7 begründet; und dann heißt ein ganz kurzer B: Endlich empfehlen wir mit Rückſicht auf die Verſtärkung der Berufs⸗ mitglieder des Magiſtratskollegiums auch die Verſtärkung der im Ehrenamt tätigen Kräfte um eine. Meine Herren, einen klareren, einen ſchlüſſigeren und bündigeren Beweis dafür, daß der Magiſtrat nicht aus irgendwelchen Bedürfniſſen der Arbeits⸗ entlaſtung, ſondern lediglich aus der Tatſache heraus, daß ein beſoldetes Mitglied geſchaffen wurde, die Schaffung eines unbeſoldeten Mitgliedes für ganz ſelbſtverſtändlich anſah, einen ſchlüſſigeren Beweis als dieſen kurzen Abſatz der damaligen Magiſtratsvor⸗ lage kann man meines Erachtens gar nicht finden. Ich kann mir nicht denken, daß der Magiſtrat ſeit dem 30. Mai 1907 ſeine grundſätzliche Anſchauung über dieſe Frage derart geändert hat, daß er heute nicht nur nicht ſeinen damaligen Standpunkt aufrecht erhält, ſondern eine im Intereſſe des Schulweſens notwendige Beſchlußfaſſung der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung deshalb verwirft, weil die Stadt⸗ verordnetenverſammlung noch den Standpunkt vertritt, den der Magi⸗ ſtrat damals vertreten hat! Meine Herren, wie liegt die Sache? Diejenigen Mitglieder unſerer Verſammlung, die auf dem Standpunkte der alten Ausſchußbeſchlüſſe ſtehen, ſind davon durchdrungen, daß ſie etwas Richtiges wollen. Demgegenüber trägt der Magiſtrat Bedenken vor,