Sitzung vom 5. Februar 1913 deren Richtigkeit ich für meinen Teil und die Mehr⸗ heit meiner Freunde nicht anerkennen. Ich weiſe es weit von mir, etwa behaupten zu wollen, daß der Magiſtrat andere als ſachliche Bedenken hat. Ich ſpreche es als meine feſte Ueberzeugung aus, daß keineswegs etwa Perſonenfragen beim Magiſtrat eine Rolle ſpielen, und daß es noch weniger möglich iſt⸗ daß eine Art Konfliktſtimmung den Magiſtrat zu ſeinem Verhalten veranlaßt. Aber je mehr ich hier⸗ von überzeugt bin, deſto ſicherer bin ich auch, daß der Magiſtrat ſchließlich zu viel Verantwortlichkeitsgefühl haben wird, um wegen der Annahme des Zuſatzan⸗ trages, den ich mit Herrn Kollegen Stadthagen und einer Reihe anderer Mitglieder der Stadtverord⸗ netenverſammlung geſtellt habe, die geſamte Vorlage ſchließlich ſcheitern zu laſſen. Deshalb wird die Mehrheit meiner Fraktion und auch ein Teil der von uns rechts ſitzenden Frak⸗ tion für den Zuſatzantrag ſtimmen, welcher der Be⸗ ſchlußfaſſung des Ausſchuſſes in der zweiten Leſung entſpricht. Nach den Verhandlungen im Ausſchuſſe gebe ich mich allerdings keiner Täuſchung darüber hin, daß der Ausgang der heutigen Abſtimmung durchaus ungewiß iſt. Die Herren der ſozialdemokratiſchen Fraktion haben im Ausſchuß wenigſtens teilweiſe er⸗ klärt, gegen die ganze Vorlage ſtimmen zu wollen. Auch ein Teil der Herren von der Fraktion zu un⸗ ſerer Rechten hat dieſen Standpunkt eingenommen, und ich weiß nicht, wie ſie ſich gegenüber dem Zuſatz⸗ antrage verhalten werden. Mein Wunſch und der Wunſch der Mehrheit meiner Freunde iſt es, daß der Zuſatzantrag zur Annahme gelangt. Sollte er nicht zur Annahme gelangen, ſo möchte ich ſchon jetzt erklären und das ſtimmt über⸗ ein mit den Eingangsworten meiner Rede —, daß wir uns dann genötigt ſehen wer⸗ den, der Magiſtratsvorlage unſere Zuſt immung zu geben, einfach deshalb, weil wir zuviel Verantwortlichkeitsgefühl be⸗ ſitzen, um die von uns als eine ſachliche Not⸗ wendigkeit anerkannte Schaffung der beſoldeten Stadtratsſtelle zu verhindern. Wir werden uns dann vorbehalten, bei nächſter Gelegenheit in ſcharfer Weiſe unſern Standpunkt zur Geltung zu bringen, bei einer Gelegenheit, wo es weniger dringlich ſein wird, die Zahl der beſoldeten Magiſtratsmitglieder Iu vermehren, als es jetzt nach unſerer Meinung der Fall iſt. Aber wir werden im gegenwärtigen Moment gezwungen ſein, für die Magiſtratsvorlage zu ſtim⸗ men, weil das Schulweſen der Stadt Charlottenburg der begründete Stolz unſerer Stadt iſt und jeder von uns es abweiſt, einen Schritt zu tun, der vielleicht unſerem Schulweſen zum Schaden gereichen könnte. (Bravo!) Vorſteher Dr. Frentzel: Meine Herren! Der An⸗ trag, von dem Herr Kollege Meyer geſprochen hat, lautet folgendermaßen: Wir beantragen, die Magiſtratsvorlage an⸗ zunehmen mit der Maßgabe, daß die Zahl der Magiſtratsmitglieder um einen beſoldeten und einen unbeſoldeten Stadtrat vermehrt wird. Meyer. Stadthagen. Zander. Mosgau. Jaſtrow. Dunck. Kerb. Otto. Jolenberg. Kaufmann. Protze. Panſchow. Laskau. Litten. Ferner iſt ein zweiter Antrag eingegangen von den Herren Bade, Wilk, Vogel, Zietſch und verſchie⸗ 55 denen anderen Herren, folgendermaßen lautend: Im Falle der Ablehnung der Magiſtratsvorlage beſchließt die Stadtverordnetenverſammlung: Der Magiſtrat wird um die Einbringung einer Vorlage erſucht, durch die für die Leitung des ſtädtiſchen Fach⸗ und Fortbildungsſchul⸗ weſens die Stelle eines ſtädtiſchen Schuldirek⸗ tors neu geſchaffen wird. Stadtv. Dr Liepmann: Meine verehrten Herren! Die Entwicklung, welche dieſe Angelegenheit genom⸗ men hat, zeigt einen kaleidoſtopartigen Wechſel von Ausblicken und Anſichten. Zuerſt die Magiſtratsvor⸗ lage mit einem beſoldeten Stadtrat, dann der Ausſchußantrag mit der Forderung eines beſol⸗ deten Stadtrats und zweier unbeſoldeten Stadträte; darauf das unerwarte non possumus des Magiſtrats, umſo unerwarteter, als ja ein Beſchluß der Stadtverordnetenverſammlung noch nicht vorlag; hierauf die Zurückverweiſung an den Aus ſchu ß, und nun die neue Stellung⸗ nahme des Ausſchuſſes nach dem Bericht des Herrn Berichterſtatters, dem nicht einmal die Re⸗ ſolution, die im Ausſchuſſe beſchloſſen worden war, vorliegt. Hierbei muß ich mein Erſtaunen darüber ausdrücken, daß uns dieſer Bericht nicht in Verviel⸗ fältigung vorgelegt worden iſt. Das wäre innerhalb der ſeit der Ausſchußberatung verfloſſenen zwei Tage bei einer ſo wichtigen Sache wohl möglich und auch empfehlenswert geweſen. Die Reſolution iſt derart, daß man, wie der Herr Berichterſtatter ſelbſt ſagt, nicht weiß, ob ſie ein Nachgeben gegenüber dem Ma⸗ giſtrat oder ein Stehenbleiben auf dem von der Mehrheit bisher eingenommenen Standpunkt be⸗ deutet. — Ich deute den Ausſchußantrag dahin, daß ein beſoldeter und ein unbeſoldeter Stadtrat hinzu⸗ kommen ſoll, derart, daß der beſoldete jedenfalls ge⸗ ſchaffen und um die Schaffung des unbeſoldeten beim Magiſtrat petitioniert wird. (Zuruf.) — Ja, meine Herren, das iſt der Sinn des Antrags. Es ſoll eine Reſolution gefaßt werden, wonach wir den Magiſtrat erſuchen, wegen Schaffung eines unbe⸗ ſoldeten Stadtrats eine Vorlage einzubringen. Wir wiſſen, daß der Magiſtrat nach zweimaliger Be⸗ ratung erklärt hat: er will die Zahl der unbeſoldeten Stadträte nicht vermehren. Dieſe Reſolution iſt alſo ein Schlag ins Waſſer. Jetzt kommt der Antrag Meyer, der die Schaffung des beſoldeten Mitglieds mit einem unbeſoldeten kopuliert, und dazu ſcheint 10 die Majorität der Verſammlung bereit finden zu aſſen. Meine Herren, meine Freunde haben, auf ihrem prinzipiellen Standpunkt beharrend, nicht die Wand⸗ lungsfähigkeit, die viele der Herren von der andern Richtung zeigen. Wir ſtehen nach wie vor alle auf dem Standpunkt, daß wir die Schaffung einer beſol⸗ deten Stadtratſtelle nicht für nötig halten, daß wir vielmehr die Schaffung einer Direktorſtelle für aus⸗ reichend erachten, ausreichend, um die neuen Geſchäfte gut zu beſorgen und unſern Herrn Stadtſchulrat ge⸗ nügend zu entlaſten. Auf die Gründe hierfür will ich ebenſowenig wie der Herr Kollege Meyer eingehen, da ſie ja ausreichend beſprochen worden ſind. Ich möchte nur, da Mißverſtändniſſe vorgekommen ſind, erwähnen, daß die finanziellen Gründe, auf die ich in meiner jüngſten Rede gegen die Schaffung der neuen beſoldeten Stelle hingewieſen habe, nicht etwa