Sitzung vom 5. Februar 1913 Ferner möchte ich noch ein Bedenken geltend machen, das in der Kommiſſion erörtert werden könnte, ob nämlich die Befreiung eigentlich im Inter⸗ eſſe der Krankenſchweſtern liegt, bei denen doch auch höchſtwahrſcheinlich ein großer Stellenwechſel ſtatt⸗ findet Die Schweſtern ſind wahrſcheinlich meiſt junge Mädchen. Verlaſſen ſie wegen Verheiratung oder aus anderen Gründen die ſtädtiſchen Dienſte, dann ſteht ihnen weder ein Anſpruch auf ein ſtädti⸗ ſches Ruhegeld, noch eine Anwartſchaſt auf ein ſolches aus der Angeſtelltenverſicherung zu, falls ſie nach der Magiſtratsvorlage verſicherungsfrei bleiben. Wir wollen hier nicht die Frage hineinmengen, ob das Ruhegeld den hohen Angeſtelltenbeiträgen entſpricht oder nicht. Ein Einfluß auf deſſen Feſt⸗ ſetzung iſt uns nicht gegeben; aber immerhin ſollte man nach den ganzen Erfahrungen, die man bei der Arbeiterverſicherung gemacht hat, ſich doch überlegen, ob es nicht zweckentſprechend iſt, den Schweſtern eine Möglichkeit, ſich eventuell ſpäter weiter zu verſichern, offen zu halten. Hinzu kommt noch, daß mit der Angeſtelltenverſicherung auch die Einleitung eines Heilverfahrens ermöglicht wird, deſſen die Schweſtern nach Ausſcheiden aus der ſtädtiſchen Beſchäftigung im Eheſtande vielleicht bedürfen können. Die Auf⸗ rechterhaltung der Anwartſchaft aus der Angeſtell⸗ tenverſicherung iſt an verhältnismäßig leichte Bedin⸗ gungen geknüpft, deren Erfüllung nicht koſtſpielig iſt. Meine Herren, ich habe nur in großen Zügen die Fragen, die mit der Angeſtelltenverſicherung in Zuſammenhang ſtehen, geſtreift; aber ich denke, es gibt für die Kommiſſion genügend Arbeit, um alle dieſe Fragen ſowohl im Intereſſe der Angeſtellten als auch in dem des Magiſtrats zu löſen und jeder Kolliſion der beiderſeitigen Intereſſen vorzubeugen. Vorſteher Dr Frentzel: Ehe wir in der Verhand⸗ lung weiter fortfahren, möchte ich bitten, daß folgende Herren das Protokoll der heutigen Sitzung unter⸗ zeichnen: Wenzke, Meyer und Vogel. Stadv. Bollmann: Meine Herren! Der Herr Referent hat ja bereits einen Ausſchuß beantragt. Er iſt aber auch — weshalb ich mich ſpeziell zum Worte gemeldet habe — darauf eingegangen, ob es nicht möglich wäre, a uch den übrigen ſtädti⸗ ſchen Privatdienſtverpflichteten den⸗ ſelben Vorzug — denn es iſt zweifellos ein Vorzug, der den ſtädtiſchen Schweſtern ge⸗ währt werden ſoll — zukommen zu laſſen. Ich mache darauf aufmerkſam, daß das ſchon die Stadt Frank⸗ furt a. M. getan hat, und daß, wie ich heute erfahren habe, auch von einigen Vororten ein ähnlicher Be⸗ ſchluß gefaßt ſein ſoll. Ich möchte das dem Magi⸗ ſtrat als Anregung unterbreiten, damit uns im Aus⸗ ſchuß diesbezügliches Material vorgelegt werden kann. Der einzige Grund, den die Magiſtratsvorlage gegen die Befreiung ſämtlicher Privatdienſt⸗ verpflichteten von der Verſicherungspflicht anführt, iſt der, daß eventuell ihre Freizügigkeit nich t ohne gewiſſe Nachteile gewahrt bleibt. Ich meine, daß das fürunſere Angeſtellten nur zu einem kleinen Teile zutreffen würde, weil doch die meiſten Wert darauf legen, im ſtädtiſchen Dienſte zu bleiben. Ich möchte deshalb nochmals bitten, daß der Ma⸗ giſtrat dies freundlichſt erwägt, und bemerken, daß doch vielleicht, da ja die Stadt ſofort 76 000 ℳ ſpart und naturgemäß bei den Gehaltsſteigerungen in Zukunft mit einer Erſparnis von 100 000 ℳ zu 73 rechnen iſt, dieſe Erſparnis eventuell dazu beitragen würde, um den Etat mit 100 % zu balanzieren. Bürgermeiſter D. Maier: Meine Herren! Ich kann auf die einzelnen Fragen, die von den Herren Vorrednern geſtreift worden ſind, nicht eingehen. Ich möchte aber den Irrtum richtig ſtellen, der von dem Herrn Stadtv. Bollmann geäußert worden iſt, daß die Stadtgemeinde Frankfurt a. M. den Weg be⸗ ſchritten hat, den er uns empfiehlt. So, wie Herr Bollmann es ſchildert, liegen die Verhältniſſe in Frankfurt a. M. nicht. In Frankfurt a. M. ſind die Anſtellungsverhältniſſe der Privatdienſtverpflichteten weſentlich anders geregelt, als bei uns. Von den Groß⸗Berliner Gemeinden iſt nur eine, in der die Anſtellungsverhältniſſe der Privatbedienſteten mit Frankfurt a. M. verglichen werden können, das iſt Neukölln. Dieſe Gemeinden unterſcheiden zwiſchen ſo⸗ genannten etatsmäßigen Privatdienſtverpflichteten und nichtetatsmäßigen Privatdienſtverpflichteten. Auf dieſe Unterſcheidungsmöglichkeit hat gerade der Herr Referent hingewieſen, indem er die Punkte ſcharf hervorgehoben hat, die eine ſolche Unterſcheidung rechtfertigen können. Er hat dabei auf der einen Seite das Intereſſe der Privatdienſtverpflichteten an einer Verſicherung und auf der andern Seite das Intereſſe der Privatdienſtverpflichteten, einen Rechts⸗ anſpruch auf Ruhelohn und Hinterbliebenenverſor⸗ gung gegen die Gemeinde zu gewinnen, hervorge⸗ hoben. Dieſe Intereſſen müſſen miteinander abge⸗ wogen werden, und ich glaube, es bedarf einer ſehr eingehenden Erörterung im Ausſchuß, um dieſe beiden ſich widerſtreitenden Intereſſen in ein richtiges Verhältnis zu ſetzen. Ich hebe hierbei hervor, daß unſer Vorſchlag nur ein Proviſorium iſt, der bis zur nächſten Rege⸗ lung des Normalbeſoldungsetats gelten ſoll. Bis da⸗ hin und erſt dann wird auch die Frage entſchieden werden, die der Herr Referent mit ſeinem Wunſche angedeutet hat, dem Ausſchuß anzugeben, wie ſtark der Wechſel der Privatbedienſteten geweſen iſt, namentlich in wie weit es Perſonenkategorien gibt, die doch ſo ſtändig in unſerm Dienſtverhältnis ſtehen, daß man bei ihnen ſagen kann: ſie ſind eigentlich etatsmäßig; ſie werden zwar nur auf pri⸗ vaten Dienſtvertrag hin angeſtellt, aber ihre Stellung iſt von vornherein als eine dauernde anzuſehen. Für das Proviſorium, das wir vorſchlagen, kommt lediglich ein Geſichtspunkt in Betracht: den status quo der Beſoldungsbezüge aufrecht zu halten. Wir haben für die Privatdienſtverpflichteten den Nor⸗ malbeſoldungsetat aufgeſtellt und den Privatdienſt⸗ verpflichteten ganz beſtimmte Bezüge garantiert. Wir haben aber neben dieſen Bezügen den Privatdienſt⸗ verpflichteten auch noch ein Ruhegehalt garantiert, ohne daß wir ihnen hierfür irgendwelche Laſten auf⸗ erlegt haben. Wir wollen mit unſeren Anträgen die Privatdienſtverpflichteten gegenüber der Angeſtellten⸗ verſicherung bis zur Regelung des neuen Normal⸗ beſoldungsetats ebenſo ſtellen, als ſie vor Inkraft⸗ treten der Angeſtelltenverſicherung geſtanden haben. Das hebe ich hervor, um dem Bedenken zu begegnen, das von dem Vorſtande des Deutſchen Handelstages vor kurzem dagegen erhoben worden iſt, daß Arbeit⸗ geber ſich bereit finden, den Anteil der Verſicherungs⸗ nehmer auf ihre Kaſſe zu übernehmen. Dieſer Vor⸗ wurf trifft uns nicht, weil bei uns die Verhältniſſe im Hinblick auf die vorhandene beitragloſe Ruhegeld⸗ und Hinterbliebenenverſorgung ganz eigenartig