Sitzung vom 19. Februar 1913 als einmalige Ausgabe aus laufenden Mitteln des Jahres 1912 bewilligt.) Punkt 5: Vorlage betr. Stadthaushaltsetat für das Rechnungs⸗ jahr 1913 — Druckſache 52. Stadtrat und Kämmerer Scholtz: Meine ſehr geehrten Herren! Wieder treten wir vor Sie mit einem Voranſchlag für ein neues Jahr und wieder ſtellen wir an Sie die Forderung und den Antrag wie im vergangenen Jahre, die Gemeindeeinkommen⸗ ſteuer von dem bisherigen Zuſchlag von 100% auf 110% zu erhöhen. Dieſer Antrag beruht nicht auf Zufälligkeiten; es ſind nicht etwa beſondere Um⸗ ſtände, die es veranlaſſen, daß in dem Etatsjahr 1913 beſonders hohe Anforderungen an uns geſtellt werden; es iſt auch nicht der bloße Wille des Magi⸗ ſtrats, konſequent zu ſein und das, was ihm im vorigen Jahre von Ihnen verſagt worden iſt, etwa vielleicht in dieſem Jahre bekommen zu wollen, ſon⸗ dern, meine Herren, es iſt bei uns die Wucht der Ueberzeugung von der Notwendig⸗ keit, daß unter allen Umſtänden in unſerer Finanzgebarung eine Aenderung eintreten muß. Haben wir dieſe Ueberzeugung bereits im vorigen Jahre während der Etatsberatungen gehabt und haben wir dieſer Ueberzeugung wiederholt Aus⸗ druck gegeben, ſo haben ſich unſere Erwägungen nach dieſer Richtung hin gerade in dieſem Jahre noch doppelt verſtärkt. Ich kann Ihnen mitteilen, daß die Beratungen des Etats im Magiſtrat im laufen⸗ den Jahre ganz beſonders ſchwierig und ganz be⸗ ſonders umfangreich geweſen ſind, und daß, als der Entwurf des Etats an den Magiſtrat gelangte, die Forderungen der einzelnen Verwaltungsſtellen ſo hoch waren, daß wir allein bei den laufenden Aus⸗ gaben eine Unterbilanz von über 3 Millionen hatten. Meine Herren, Sie werden daher fragen: ja, wie iſt es dann überhaupt möglich geweſen, uns dieſe Vorlage ſelbſt in dieſem Umfange zu machen, wie iſt es möglich geweſen, dann auch ſelbſt bei 110% die Forderungen des Magiſtrats, dieſe Mittel zu be⸗ ſchaffen? Das reiche Material, das dem Magiſtrat während einer wochenlangen Beratung zur Ver⸗ fügung geſtanden hat, die Erwägungen, die da ge⸗ pflogen worden ſind, kann ich Ihnen im Laufe einer kurzen Stunde ſelbſtverſtändlich hier nicht alle vor⸗ tragen. Aber ich werde mir erlauben, Ihnen die Richtlinien und die Grundlage der Erwägungen, von denen wir ausgegangen ſind, ganz kurz zu ſkizzieren, ſoweit es in meinen Kräften ſteht, damit Sie er⸗ kennen und vielleicht mit uns die Ueberzeugung ge⸗ winnen mögen, daß die Fundamente der Finanz⸗ politik vielleicht nach dieſer Richtung hin geändert werden müſſen. Bei unſeren Erwägungen ſind wir nicht bloß von dem jetzigen Stand ausgegangen, ſondern wir haben als Grundlage unſerer Gedanken ſowohl das abgeſchloſſene Jahr, als die Gegenwart, als auch ſelbſtverſtändlich die Iukunft berückſichtigt. Was den erſten Punkt betrifft, den ich kurz be⸗ rühren muß, das abgeſchloſſene Jahr, ſo wiſſen Sie, daß die Verhältnin⸗ des Jahres 1911 durchaus günſtig geweſen ſind. Sie haben ſeinerzeit die Vor⸗ lage des Magiſtrats erhalten und daraus erſehen, daß ein Ueberſchuß von über 1 300 000 ℳ zur Ver⸗ 77 fügung geſtanden hat, und daß es infolge davon möglich iſt, auch für das Jahr 1913, ſo wie wir es in früheren Jahren getan haben, den Betrag von 1 Million Mark vorwea zunächſt einmal aus dieſem Ueberſchuß vorzutragen und dem Etatsjahr 1913 zur Verfügung zu ſtellen. Geldlich iſt alſo der Effekt gut zu nennen. Trotzdem aber wird man ſich, wenn man die Vorlage eingehend prüft, doch ſagen müſſen, daß ein weſentlicher Unterſchied in dem Abſchluß des Jahres 1911 und den Abſchlüſſen früherer Jahre vorhanden iſt. Und der Unterſchied, der gerade be⸗ züglich des Abſchluſſes im Jahre 1911 vorhanden iſt, ſoll uns ein Fingerzeig ſein, daß wir auf der Hut ſein mögen und nicht etwa die Meinung haben und ausſprechen ſollen: Geld iſt nachher bei den Ueberſchüſſen ja immer vorhanden, beim Jahres⸗ abſchluß zeigt ſich das Reſultat günſtiger als bei dem Voranſchlag! Dieſe Meinung kann ſehr leicht zu Irrtümern und uns leicht auf Abwege führen! Meine Herren, der Unterſchied beruht auf fol⸗ gendem. Der ganze Abſchluß des Jahres 1911 baſiert eigentlich auf dem Abſchluß des Elektrizitäts⸗ werks. Das Elektrizitätswerk hatte über 800 000 % mehr Ueberſchuß abgeliefert. Daneben ver⸗ ſchwanden eigentlich andere Poſten, wie z. B. eine größere Summe von Zinſen, Poſten aus Erſpar⸗ niſſen bei den einzelnen Schulen, aus Erſparniſſen bei Gehältern. Im Großen und Ganzen kann man ſagen: der ſpringende Punkt des Abſchluſſes iſt das Elektrizitätswerk geweſen. Die Gasanſtalt kann in⸗ ſofern nicht in Frage kommen, als ſie im Jahre 1911 mit einer Unterbilanz gegenüber dem Etatsvoran⸗ ſchlag von 150 000 ℳ abgeſchloſſen hat. Meine Herren, nun werden Sie mich fragen: wieſo iſt das eine Aenderung gegenüber den früheren Jahren? Dieſe Aenderung liegt beſonders bei den Steuern. Wenn Sie ſich die Abſchlüſſe der Steuern für 1911 anſehen, ſo erkennen Sie, daß eigentlich die Steuern, möchte ich ſagen, auf den Kopf mit dem Anſchlag geſtimmt haben. Es iſt ein Fehl⸗ betrag bei allen Steuern zuſammen von 70 000 ℳ vorhanden. Das macht bei der großen Summe von Millionen, die da in Frage kommen, eigentlich nichts aus; aber die Ueberſchüſſe, die wir aus dem Kapital⸗ einfommen, aus den Grundſteuern, wie auch bei der Einkommenſteuer gehabt haben, ſind weggefallen, und das iſt einer der ſpringendſten Punkte und der vorſtechendſte Unterſchied zwiſchen dem Abſchluß von 1911 und dem der früheren Jahre. Meine Herren, ähnlich, ich möchte ſagen, bei⸗ nahe faſt gleich werden die Verhältniſſe für das Jahr 1912 liegen. Auch hier wieder wird, wie ich ſchon heute erklären kann, das Elektrizitätswerk günſtig abſchließen. Die Berechnungen, die von dem Werke aufgeſtellt ſind, ergeben, daß wir ſowohl be⸗ züglich der Stromabgabe einen günſtigen Abſchluß machen werden als auch insgeſamt. Die Strom⸗ abgabe wird bei dem Elektrizitätswerk höher ſein, als wie bisher im Etat angenommen worden iſt, und die Folge davon iſt, daß auch der Abſchluß naturgemäß bei den Einnahmen günſtiger werden wird. Außerdem wird aber das Elektrizitätswerk auch bei den Ausgaben verhältnismäßig günſtig ab⸗ ſchneiden. Es werden Erſparniſſe eintreten, ſo daß alles in allem wohl auf etwa 400 000 ℳ Mehrüber⸗ ſchüſſe bei dieſem Werk gerechnet werden kann. (Hört hört!)