Sitzung vom 19. Februar 1913 ferner etwa 9%/ ſich ſelbſt verzinſende Unternehmun⸗ gen, Opernhaus 3,14% und ſonſtige Zwecke, die aus der allgemeinen Verwaltung bezahlt werden müſſen, rund 57 %. Das Prozentverhältnis kann ſich in der Zukunft nicht etwa ſo ſteigern, daß die gewinnbrin⸗ genden Unternehmungen und die ſich ſelbſt verzinſen⸗ den prozentual ſteigen. Nein, nach dem ganzen Ver⸗ brauch unſerer Anleihen, nach den Forderungen un⸗ ſerer einzelnen Reſſorts muß die Zahl der für ſon⸗ ſt ige 3wecke auszugebenden Beträge, alſo der⸗ jenigen, die aus der allgemeinen Verwaltung zu bezahlen ſein werden, ſte ige n. Dagegen wird ſich beim Elektrizitätswerk ſogar zeigen, daß im näch⸗ ſten Jahre ſo gut wie nichts verbraucht wird. Ich habe darüber bereits eine Statiſtik von dieſem Reſſort erhalten. Alſo das Jahr 1914 bringt uns auch nach dieſer Richtung ſehr weſentliche Ueberraſchungen. Eine ſehr harte Nuß iſt dann aber noch von uns zu knacken: das iſt der Bismarckſtraßenetat. Sie wiſſen, meine Herren, daß der Bismarckſtraßenetat bisher vorſchußweiſe verwaltet worden iſt. Die Gelder werden einſtweilen in ſich ſelbſt verzinſt, die Zinſen werden auf den Fonds geworfen. Allmählich muß da eine Abrechnung eintreten, und wir ſehen im Magiſtrat ganz klar, daß ein Betrag von etwa 5 Mil⸗ lionen Mark auf die allgemeine Verwaltung wird übernommen werden müſſen. Das ſind wieder an Tilgung und Verzinſung rund 300 000 ℳ, deren Uebernahme Sie ſich unter keinen Umſtänden, wenn Sie nicht eine total falſche finanzielle Wirtſchaft treiben wollen, entziehen können. Dieſen Betrag werden wir Ihnen zum Jahre 1914 vorausſichtlich ſchon zur Uebernahme vorlegen müſſen. Das ſind die Ausgaben und der Blick in die Zu⸗ kunft, den der Magiſtrat ſelbſtverſtändlich tun mußte, bevor er einen ſo ſchweren Schritt tat und Ihnen trotz Ihrer ablehnenden Stellung im vergangenen Jahre auch diesmal wieder die Forderung von 10% Ein⸗ kommenſteuer mehr brachte. Ich glaube, Sie werden mir zuſtimmen, daß es nach der Sachlage durchaus gerechtfertigt, ja, unabweisbar erſchien, daß der Ma⸗ giſtratsbeſchluß dahin fiel — und zwar einſtimmig —, wiederum die Forderung von 110 % zu ſtellen. Meine Herren, ich möchte Sie an frühere Verhand⸗ lungen erinnern. Sie haben bereits wiederholt hier erklärt: die 110% ſind durchaus kein noli me tan⸗ gere. Freilich haben Sie dieſen Ausſpruch an eine Bedingung geknüpft, an die Bedingung, daß andere Vororte mit uns zuſammen dieſen Schritt tun ſollten. Ich frage heute: iſt die von Ihnen damals aufgeſtellte Bedingung richtig oder iſt ſie notwendig? — und bei ernſthafter Prüfung unſerer Verhältniſſe komme ich zu einem glatten Nein. Es iſt oft darüber geſprochen worden, daß die Finanzpolitik der einzelnen Gemeinweſen Groß⸗ Berlins durchaus nicht immer den Anſpruch darauf erheben kann, über jeden Zweifel erhaben zu ſein. Es iſt nicht wegzuleugnen, daß in dieſer oder jener Ge⸗ meinde — ich habe gar keine ſpezielle Gemeinde im Auge — dringende Tagesforderungen beiſeite ge⸗ ſchoben und nicht erfüllt worden ſind⸗ Weshalb? — Weil das Geld nicht reichte. Man hat Forderungen, die der Zukunft wegen beſſer aus laufenden Mitteln hätten genommen werden müſſen, auf Anleihe ge⸗ nommen und hat es der lieben Zukunft überlaſſen, zu bezahlen. Meine Herren, das iſt ein Verfahren, das vom finanziellen Standpunkt aus durchaus nicht gut zu heißen iſt, zumal wir doch konzedieren müſſen, 85 daß alle dieſe Gemeinweſen ſich in einer überaus gün⸗ ſtigen finanziellen Poſition allen anderen Städten Deutſchlands gegenüber befunden haben; denn ſie haben mit einem anormal niedrigen Prozentſatz bis⸗ her auskommen können, ihre wirtſchaftlichen Verhält⸗ niſſe, ihr Gedeihen iſt großartig geweſen. Wenn das richtig iſt — und ich glaube, das wird mir niemand beſtreiten —, ſo werden Sie mit mir daraus ſchließen müſſen, daß die Konkurrenz der einzelnen Gemeinden untereinander, ſo heilſam ſie ſonſt auf jedem Gebiete ſein mag und ſo heilſam ſie vielleicht auch in der Hinſicht gewirkt hat, daß ſie die Ausgaben zum Teil etwas beſchnitt, jedenfalls auf dem Gebiete der Finanzpolitik von unheilvoller Wirkung geweſen iſt inſofern, als man ſich überall gedrückt und Aufgaben der Zukunft überlaſſen hat, die beſſer die Gegenwart hätte tragen ſollen! Nun frage ich weiter: wenn wir das als Fehler an⸗ erkennen, müſſen wir dann deshalb — weil wir ſagen: es wird extra muros geſündigt — den Schluß ziehen und ſagen: dann müſſen wir auch intra muros den⸗ ſelben Fehler machen? Auch das verneine ich. Ich glaube wohl ſagen zu können, daß das Sündigen extra muros unzweifelhaft feſtſteht. Es mögen Reden gehalten werden, wie ſie wollen; wir wohnen einander viel zu nahe, wir kennen unſere gegenſeitigen Ver⸗ hältniſſe viel zu genau, wir wiſſen ganz genau, wo jedes von den einzelnen Gemeinweſen der Schuh drückt und wo insbeſondere in der Zukunft die ein⸗ zelnen Gemeinweſen der Schuh drücken wird, wenn gewiſſe wirtſchaftliche Unternehmungen oder gewiſſe Einrichtungen, die noch nicht vorhanden ſind, aber ge⸗ ſchaffen werden müſſen, auch wirklich geſchaffen wer⸗ den. Und, meine Herren, wenn wir alle damit war⸗ ten wollen, keiner vorangeht, keiner den Anfang macht und den Bann bricht, ſo machen wir meiner Anſicht nach die größten Fehler in der Finanzpolitik, (Sehr richtig!) und wir machen dann vor allen Dingen den Fehler, daß wir uns in der Zukunft diejenigen Einnahmen doppelt beſchaffen müſſen, die wir uns jetzt viel⸗ leicht mit der Hälfte der Prozentſätze beſchaffen kön⸗ nen. Wenn die Gemeinden damit länger warten und nach dieſer Richtung hin nicht bald eine Aenderung in Berlin eintritt, ſondern vielfach ſo, wenn ich ſo ſagen darf, weiter gewurſtelt wird, dann wird es da⸗ zu kommen, daß für eine Reihe von Jahren nicht ein Prozentſatz von 110, ſondern gleich ein höherer Prozentſatz kommt, und daß dann natürlich die Bürger erſt recht ſeufzen werden. Ich glaube deshalb, daß wir ohne weiteres ſagen können: wir ſollen vorangehen und wir ſollen die Ueberzeugung haben, daß uns andere ſehr, ſehr bald nachkommen werden. Wir bitten Sie jedenfalls, meine Herren, ſich auch nicht durch die Vorortspolitik anderer Gemeinden beirren zu laſſen, ſondern urteilen Sie lediglich von der Finanzpolitik und der Finanz⸗ lage Charlottenburgs und von dem aus, was Sie für unſere Verhältniſſe für gut halten; laſſen Sie alſo irgend welche äußeren Verhältniſſe außer Betracht. Aber dann bitte ich Sie auch weiter: laſſen Sie innere Verhältniſſe, die hier irgendwie in der Stadt ſein ſollten, auch aus dem Spiele und behalten Sie bitte bezüglich der Feſtſetzung der Zuſchläge lediglich das Wohl unſerer Stadt im Auge. Meine Herren, ich verweiſe Sie darauf, — und ich komme damit zum Schluß —, daß wir in den