104 daß wir ihnen blindlings auf Gebiete folgen, die wir heute noch nicht überſehen können. (Bravo!) Bürgermeiſter Dr Maier: Dem Magiſtrat oder vielmehr denjenigen Herren, die dieſe Angelegenheit zu bearbeiten haben, iſt es ebenſo gegangen wie den Herren Vorrednern. Auch wir wußten nicht, nach welchen Richtungen der Antrag Stadthagen und ſeiner Freunde zielt. Wir mußten infolgedeſſen abwarten, welche Anregungen und Wünſche er heute hier vor⸗ ſ bringen würde. Ich muß geſtehen, daß auch ich den Eindruck gewonnen habe, als wenn er ein ſehr umfaſſendes Gebiet zum Gegenſtand ſeiner Betrachtungen gemacht hat, ein Gebiet, das in ſeiner Ausdehnung von uns heute noch gar nicht bemeſſen werden kann und das auch meines Erachtens, ſoweit ein wirkſamer Kampf auf dieſem Gebiete möglich iſt, von uns mit Erfolg zurzeit überhaupt nicht in Angriff genommen werden kann. Das, was wir im Intereſſe des Mittelſtandes mun können, tun wir auch ſchon heute, und als eine der wichtigſten Aufgaben im Intereſſe des Mittel⸗ ſtandes ſehen wir die Ausbildung der Fortbildungs⸗ ſchulen an. (Sehr richtig!) Wenn wir die Fortbildungsſchulen ſpäter ſo aus⸗ geſtalten, wie es im Intereſſe der Enwicklung eines tuchtigen Handwerkers notwendig iſt, dann werden Sie meines Erachtens dem Mittelſtand den größten unt beſten Dienſt leiſten. (Sehr richtigl) Bei einer Neuorganiſation des Fortbildungsſchul⸗ weſens wird zweifellos die Frage der Werkſtätten⸗ arbeit, die Frage der Meiſterkurſe, die Frage der Zurverfügungſtellung von Werkſtätten gründlich be⸗ handelt werden müſſen, und damit werden im Rahmen des Erreichbaren diejenigen Gebiete beackert werden, die Herr Dr Stadthagen gern beackert ſehen möchte. Was im übrigen die Beſchaffung von Maſchinen uſw. anbetrifft, ſo kann das nur auf genoſſenſchaft⸗ licher Grundlage geſchehen, und Sie wiſſen, daß im Weſten der Monarchie in den Induſtriegebieten die Handwerkskammern in dieſer Beziehung außer⸗ ordentlich Segensreiches erreicht haben. Wir müſſen in der Beziehung die betreffenden Kreiſe zur Selbſt⸗ hilfe anfeuern. So wird es auch gelingen, die Hand⸗ werke vorwärts zu bringen. Die Gemeinden können mit ihren Mitteln hier nicht eingreifen. Was nun die Anregung betrifft, die jungen Ar⸗ beiter zum Sparen anzuhalten, ſo gebe ich zu, daß in dieſem Gedanken ein berechtigter Kern ſteckt, der Ge⸗ danke an ſich aber nicht neu iſt. Es gibt verſchiedene Kommunen, die nach dieſer Richtung hin vorgegangen find, daß ſie für Arbeiter und Dienſtmädchen den Zinsſatz für Spareinlagen höher geſetzt haben als für den Durchſchnitt der Sparer. Es gibt auch einzelne induſtrielle und ſonſtige Betriebe, die auf dieſem Wege vorausgegangen ſind, indem ſie für ihre Ange⸗ ſtellten erhöhte Zinſen gewähren und ſie dadurch da⸗ für intereſſteren, zu ſparen, um in Zeiten der Not nicht Schulden zu machen, ſondern aus den Erſpar⸗ niſſen die Bedürfniſſe des Lebens zu decken. Sitzung vom 19. Februar 1913 Wie wir den Kampf gegen die Abzahlungs⸗ geſchäfte aufnehmen ſollen, meine Herren, iſt mir nach den Ausführungen des Herrn Dr Stadthagen vollſtändig rätſelhaft geblieben. Sollte der Antrag angenommen werden, ſo wird der Magiſtrat ſelbſt⸗ verſtändlich dem berechtigten Kern, der in ihm ſteckt, nachſpüren; vielleicht findet ſich darin etwas. Es iſt manches auf den erſten Blick vielleicht nicht plauſtbel und es ſteckt doch etwas dahinter. Ich will dieſe An⸗ regung heute nicht vollſtändig verwerfen; aber zurzeit kann ich nicht erkennen, daß darin etwas Brauchbares teckt. Ich ſtelle anheim, daß die Stadtverordneten⸗ verſammlung zu dem Antrage des Herrn Dr Stadt⸗ hagen Stellung nimmt. Mit der ganz allgemeinen Beſchlußfaſſung werden Sie allerdings nichtserreichen; Sie müſſen dann ſchon dem Magiſtrat ganz beſtimmte Direktiven geben und ihm nicht überlaſſen, daß er ſich den Kopf über Dinge zerbricht, von denen er nicht weiß, ob ſie überhaupt mit Ihren Intentio⸗ nen in Uebereinſtimmung ſtehen. Wenn Herr Dr Stadthagen etwas erreichen will, müßte er die Punkte, die er heute in der Diskuſſion vorgetragen hat, ſpezialiſieren und zum Gegenſtand eines An⸗ trages machen, aber nicht einen Antrag in ſo allge⸗ meiner Form ſtellen, wie er hier vorliegt; denn ſo iſt mit ihm abſolut nichts anzufangen. Stadtv. Dr. Stadthagen (Schlußwort): Ich will nur darauf aufmerkſam machen, daß ich keine Anfrage an den Magiſtrat gerichtet, ſondern einen Antrag dahin geſtellt habe: Der Magiſtrat wird erſucht, Erhebungen und Erwägungen anzuſtellen, ob der Verſchuldung der weniger und minderbemittelten Bevölke⸗ rung durch geeignete Maßnahmen der Stadt⸗ gemeinde entgegengearbeitet werden kann. Dieſes Problem ſich einmal nach einigen Richtungen, die ich heute angedeutet habe, vielleicht auch nach anderen zu überlegen, dürfte wohl nicht gerade un⸗ zweckmäßig ſein. Ich bitte Sie, dem Antrag zuzu⸗ ſtimmen. (Der Antrag des Stadtv. Dr Stadthagen und Genoſſen wird abgelehnt.) Vorſteher Dr Frentzel: Punkt 10 der Tages⸗ ordnung: Antrag der Stadtv. Dr. Stadthagen und Gen. betr. Reinhaltung unbebauter Gelände. — Druckſache 45. Der Antrag lautet: Der Magiſtrat wird erſucht, geeignete Maß⸗ nahmen zu treffen, um alle unbebauten einge⸗ zäunten und uneingezäunten Gelände in der Stadt Charlottenburg in ſauberen Zuſtand zu verſetzen und in einem ſolchen zu erhalten. Antragſteller Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Der Antrag müßte eigentlich heißen: Erüger⸗Stadthagen oder Stadthagen⸗Crüger. Wir haben uns gemeinſam dahin geeinigt, hier dieſen Antrag einzubringen.