Sitzung vom 19. Februar 1913 Verſchmutzung ſtattfindet, eventuell auch ſogar unter Umſtänden einmal einzugreifen, kann wohl als im ſtädtiſchen Intereſſe liegend angeſehen werden; aber ganz allgemein zu beantragen, die Reinhaltung unbe⸗ bauter Grundſtücke in der ganzen Stadt durchzufüh⸗ ren und nachzuſehen, ob darauf irgend etwas liegt, was nicht hingehört, das ſcheint mir doch unmöglich zu ſein. Der Antrag müßte alſo in der Richtung korrigiert werden. Daß die Sache Geld koſtet, iſt für mich auch un⸗ zweifelhaft. Denn daß wir ſogenannte „Ehrenarme“ beauftragen, die Sache zu tun — ich meine Arme im Ehrenamt —, daß dieſe Leute auf Straßen und Grundſtücke gehen und ſie ſauber halten, davon ver⸗ ſprechen Sie ſich, bitte, nur ja nichts! Wir können die Armen nicht zwingen, derartige, größtenteils über ihre Kräfte hinausgehende Arbeiten auszuführen. Liegen dieſe Arbeiten in ihren Kräften, dann ſind ſie entweder arbeitslos oder arbeitsſcheu, dann werden wir ſelbſtverſtändlich ihnen gegenüber geeignete Maß⸗ nahmen ergreifen, daß ſie überhaupt keine Armen⸗ unterſtützung mehr bekommen. Sie müſſen daher da⸗ mit rechnen, daß uns hier Ausgaben erwachſen, und darum möchte ich bitten, daß Sie den Antrag wenig⸗ ſtens ſo einſchränken, daß ſich die Ausgaben in ange⸗ meſſenen Grenzen bewegen. Denn die Ausgaben wer⸗ den ſehr erheblich ſein, wie Herr Stadtrat Boll es charakteriſiert hat, wenn der Antrag ſo angenommen wird, wie er hier formuliert iſt. Stadtv. Zander: h habe eine Bitte an den Herrn Magiſtratsdezernenten, deren Erfüllung kein Geld koſten würde; er brauchte nur die ſtädtiſchen Straßenreiniger mit alten Scheuerlappen auszu⸗ rüſten. An den Zäunen der ſtädtiſchen Grundſtücke in Straßen, die in der wunderbarſten Weiſe rein ge⸗ halten werden, ſind häufig von unnützen Jungen ge⸗ meine Redensarten angeſchrieben, z. B. die Sömme⸗ ringſtraße herauf, und es wäre ſehr dankenswert, wenn die Straßenreiniger angewieſen würden, mit einem alten Lappen die unanſtändigen Inſchriften die zur Hebung der Bildung der Jugend nicht bei⸗ tragen, abzuwiſchen. Dies würde meiner Meinung nach der Stadtverwaltung kein Geld koſten. Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Zander, dieſe Anregung iſt doch nur ſehr ſchwer mit dem An⸗ trag zu verbinden, die ſtädtiſchen Grundſtücke reinzu⸗ halten; ein Zaun iſt doch kein Grundſtück. Stadtv. Wöllmer: Da ich, wenn ich recht unter⸗ richtet bin, dieſen Antrag mitunterſchrieben habe, (Heiterkeit) ſo möchte ich mir dazu auch einige kurze Bemerkungen geſtatten. Ich gebe zu, daß nach der Faſſung des Antrages ſeine eigentliche Tendenz mißverſtanden werden kann. Ich bin ſogar der Anſicht, daß, nun einmal den Antrag ſo interpretiert, wie es der Herr Magiſtratsvertreter und der Herr Bürgermeiſter getan haben, ich jetzt, obwohl ich den Antrag unter⸗ ſchrieben habe, für ſeine Ablehnung plädieren muß. Aber ſo war der Antrag nicht gemeint; die Tendenz war nämlich folgende. Es gibt beſonders in der Gegend von Neu⸗ Weſtend Grundſtücke, die durch Drahtgitter umzäunt wenn der Magiſtrat] 107 ſind. Dieſe Drahtgitter befinden ſich in einem gang ſchrecklichen Zuſtande, ſind vielfach zerriſſen, und auf den Grundſtücken befindet ſich allerlei Unrat. habe ich mir geſagt: es liegt im Intereſſe der Stadt und der Entwicklung von Neu⸗Weſtend, daß von amt⸗ licher Seite die Polizeiverwaltung auf dieſe Miß⸗ ſtände aufmerkſam gemacht wird. Wenn nun Herr Stadtrat Boll ſagt, der einzelne Bürger könnte ſich ja an die Polizeiverwaltung wenden, — ja, meine Herren, erſtens würde er es nicht tun, weil er nicht weiß, ob er Erfolg damit hat, da ja die Polizei⸗ verwaltung ſehr wenig in dieſer Beziehung tut. Anders würde es ſein, wenn ſich die Stadtverwaltung generell mit der Polizeiverwaltung in Verbindung ſetzt, damit dieſe Mißſtände einmal gründlich be⸗ ſeitigt werden. Ueberzeugen Sie ſich ſelbſt, meine Herren, es ſind troſtloſe Zuſtände, die auf den un⸗ bebauten Grundſtücken herrſchen! Das war meiner Erinnerung nach die Tendenz des Antrages, und deshalb habe ich ihn, wie ich glaube, mitunterſchrieben. Wenn nun aber der Magiſtrat dem Antrage die Interpretation gibt, daß uns daraus Koſten erwachſen werden, dann ziehe ich hiermit meine Unterſchrift zurück und plädiere für ſeine Ablehnung, richte aber gleichzeitig an den Magiſtrat die Bitte, in dem von mir angedeuteten Sinne wirken zu wollen. Vorſteher Dr Frentzel: Herr Kollege Wöllmer, Sie ſind recht unterrichtet; Sie haben den Antrag mitunterſchrieben. Antragſteller Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren! Der Wortlaut des Antrages konnte aller⸗ dings etwas mißverſtanden werden, das gebe ich zu, indem darin ſteht: alle bebauten und unbebauten Terrains in der Stadt Charlottenburg. Ich ändere das nach der Ausſprache ſo um, daß ich ſage: Die bebauten und unbebauten Terrains im Innern der Stadt Charlottenburg. Das iſt ſo zu verſtehen, daß in den Teilen der Stadt, die bebaut oder der Bebauung erſchloſſen ſind, wie z. B. Neu⸗Weſtend — ich rechne natürlich datu Neu⸗Weſtend, wo wir Straßen angelegt haben und wo, wie am Herder⸗Gymnaſium, Häuſer ſtehen, ich meine nicht Gegenden, wo überhaupt noch keine Straßen angelegt ſind, und das habe ich ja auch in meinen erſten Ausführungen geſagt —die Reinigunc der Grundſtücke vor ſich gehen ſoll. Ich nehme alſo keinen Anſtand, dieſe Aenderung zu machen, und ich glaube, dann kommt der Kollege Wöllmer wohl auch auf meine Seite. Im übrigen habe ich geſagt: die Polizei iſt in der Lage, auf Grund des Geſetzes von 1850 reſp. des Allgemeinen Landrechts einzugreifen, und tut das auch in einzelnen Fällen. Es würde ſich auch emp⸗ fehlen, daß die Stadtverwaltung an die Polizei heran⸗ tritt; ſie muß aber wegen der Fortſchaffung des Mülls mitwirken. Ich habe im übrigen darauf hingewieſen, daß ſo hohe Koſten, wie Herr Stadtrat Boll ausgeführt hat, nicht zu entſtehen brauchen. Daß es nicht möglich ſein ſollte, in der von mir vorgeſchlagenen Weiſe vor⸗ zugehen, möchte ich beſtreiten, und daß alle acht Tage eine Reinigung der Grundſtücke nötig iſt, davon kann keine Rede ſein. Wenn die alten Hüte und Matratzen alle drei Monate einmal weggenommen werden, dann wird ſchon ein ganz anderer Zuſtand herbeigeführt